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Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders

Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders

Titel: Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Moor
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einen Wegweiser im Autoscheinwerfer grell aufleuchten. «Nach –––dorf 10   km » stand da in kalten, schwarzen Buchstaben. Mittlerweile war es fast 21   Uhr geworden und schon ganz dunkel, da es ein Regen- und Gewittertag gewesen war. Auch jetzt regnete es ziemlich stark. Plötzlich kreischten Bremsen, und ein großer Wagen hielt direkt neben ihm.
    Erfreut und dankbar nahm Horst das Angebot des Fremden an, der ihm versprach, ihn wieder nach Hause zu bringen. «Über die Autobahn», sagte er, «da geht es am raschesten, und wir können unterwegs noch mal halten und etwas essen. Du hast doch sicher Hunger, nicht wahr?» Nun, er dachte gar nicht daran, Horst etwas zu essen zu geben. Es war ihm egal, ob der Kleine Hunger hatte. Er brauchte nur einen Vorwand, um an einer verhältnismäßig einsamen Stelle den Wagen anzuhalten. Horst schöpfte keinen Verdacht, weil die Mutter ihn auch nicht davor gewarnt hatte, in ein fremdes Auto zu steigen.
    Der Mann hielt den Wagen in der schneisenartigen Verlängerung eines Autobahnparkplatzes an. Kein anderer Wagen war zu sehen. Nun zeigte der Mann sein wahres Gesicht. «Wenn du nicht stillhältst, passiert etwas!» drohte er, und Horst konnte ihmansehen, daß er seine Drohung wahrmachen würde. Horst tat das Klügste, das er im Moment tun konnte. Er wehrte sich nicht und sagte auch nichts.
    Doch zum Glück kam der Unhold gar nicht dazu, ihn anzufassen, denn fast im selben Moment wurde die Tür des Wagens aufgerissen, und drei Polizeibeamte mit Pistolen nahmen den Mann sofort fest und befreiten Horst so aus seiner verzweifelten Lage. Anschließend brachten sie den Jungen nach Hause, wo die Eltern ihr Kind glücklich in die Arme nahmen. Sie hatten schon Vermißtenanzeige erstattet. Die Polizisten waren aufmerksam geworden, weil sie zufällig die Nummernschilder des Wagens erkannt hatten. Der Wagen war gestohlen worden.
    Schärfen Sie bitte Ihrem Kind ein, sich, wenn es sich verirrt oder verfahren hat, an einen Polizisten zu wenden!
    Verbieten Sie es, wenn es sein muß bei Strafe, Ihrem Kind, jemals zu einem völlig fremden Menschen ins Auto zu steigen!
    Machen Sie Ihrem Kind begreiflich, daß es, wenn es doch einmal auf irgendeinen Trick eines Sittenstrolches hereinfällt, es nur zwei Möglichkeiten hat, schwerstem Schaden zu entgehen. Man könnte folgende Regel aufstellen:
    1.   Wird ein kleines Mädchen oder ein kleiner Junge auf der offenen Straße oder auch allein in der Wohnung – nebenan alles Leute – von einem Täter belästigt, oder im Freien, und es sind genug andere Menschen in der Nähe, so soll es am besten laut um Hilfe rufen. Der Täter wird dann in jedem Falle die Flucht ergreifen.
    2.   Wird ein kleines Mädchen oder auch ein Junge durch einen schäbigen Trick in ein Auto, auf ein Ackerfeld, in ein einsames Waldstück oder ähnliche Gebiete entführt, und ist niemand direkt in der Nähe, so ist es für das Kind am besten, still zu halten, sich nicht zu wehren und um Gottes willen nicht um Hilfe zu rufen. Seien Sie nun bitte nicht empört, weil Ihrem Kind damit zugemutet wird, ein Verbrechen widerstandslos an sich geschehen zu lassen. Denn ist es erst einmal soweit gekommen, so gibt es meist zwar keine Möglichkeit mehr, das eigentliche Sittlichkeitsverbrechenzu verhindern, sondern es gibt nur die Möglichkeit, noch viel Schlimmeres zu verhindern.
    Sie müssen sich nämlich über eines im klaren sein. Fast alle Sittlichkeitsverbrecher haben zwar vor, dem Kind Gewalt anzutun, aber keinesfalls, es zu ermorden! Es ist ungemein wichtig, daß Sie über diese Tatsache informiert werden. Denn man kann sich vorstellen, warum doch immer wieder Morde an Kindern begangen wurden: weil der Täter kopflos wurde und vollkommen die Nerven verlor, als sein Opfer um Hilfe schrie und zappelte. Hätte sich das Kind still verhalten und keinen Fluchtversuch gemacht, so hätte der Täter in fast allen Fällen das Kind hinterher laufen lassen und wäre auch seinerseits geflüchtet. Letzteres ist ja auch normalerweise immer der Fall, soweit es nicht unverschämt ist, hierbei von «normalerweise» zu sprechen.
    Eine sehr gute Hilfe zur Verhinderung von Verbrechen an Kindern ist gegeben, sowie der Täter ein guter Bekannter der Eltern des Opfers ist. Wird das Kind bedroht, kann es unter Umständen (wenn es z.   B. vor der Ausfahrt mit dem Täter noch mal kurz im Hause war!) die Tat restlos verhindern mit dem Hinweis: «Meine Mutti weiß ja ganz genau, mit wem ich weggegangen bin.»

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