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Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders

Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders

Titel: Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Moor
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der Beruf übrig. Erfahrung habe ich mit Hinweisen da kaum. Einmal lag mir das nicht, anderen oder Jüngeren Hinweise zu geben. Außerdem habe ich, auch als Geselle gegenüber dem Lehrling,mir nicht die geringste Autorität verschaffen können. Fragen Sie mich nicht, ob ich diese Autorität nicht haben wollte oder es nicht konnte, ich weiß die Antwort nicht.
    Manchmal störte es mich, daß sie fehlte, die Autorität, manchmal aber war ich es sehr zufrieden, daß sie nicht da war. So habe ich mich, auch als Geselle stets, ohne mir damals dessen völlig bewußt zu sein, gefühlsmäßig und rangmäßig immer als zu den Lehrlingen, den Jüngeren ganz allgemein, zugehörig betrachtet. Das gibt natürlich eine Sperre psychologischer Art, die es einem unmöglich macht, als der zu erscheinen, der man, Alter und Rang nach, sein sollte.
     
    23.   Hast Du gute körperliche (muskulöse) Koordination? Wenn Dir Schwierigkeiten in dieser Hinsicht aufgefallen sind, welche? Bist Du mit Werkzeugen geschickt? Wieviel Erfahrung mit Werkzeugen hast Du gehabt?
     
    Meine körperliche Koordination («Stärke» oder «Schwäche») betrachte ich heute als etwas unter dem Durchschnitt liegend. Ich fühle mich an Körperkraft etwas schwächer als die meisten anderen. Mit der Gesundheit steht es nicht zum Besten, das sehe ich aber als situationsbedingt an, diese vegetative Dystonie oder wie das heißt, psycholog. Asthma, tausend verschiedene Namen, ist aber alles ein und dasselbe.
    Bin ich mit Werkzeugen geschickt, das habe ich ja schon beantwortet, ich bin allgemein sehr ungeschickt. Mit Werkzeugen [an] ein Auto oder auch nur an mein Fahrrad heranzugehen, das habe ich nach ein paar Versuchen aufgegeben, ich bin dafür einfach nicht geeignet. Außerhalb meines Berufes habe ich also kaum Erfahrungen mit Werkzeugen gehabt.
     
    24.   Hältst Du Dich für ganz sachlich? Siehst Du Sachen, wie sie sind, oder mehr, wie Du sie sehen möchtest? Hältst Du Dich für zweckbewußt oder vage? Würdest Du Dich als visionär bezeichnen?
     
    Für sachlich halte ich mich, ja. Auch daß ich eine Sache «so sehe, wie sie ist», davon bin ich überzeugt. Ich glaube, daß ich zweckbewußt bin, und würde mich nicht als visionär bezeichnen.
     
    25.   Bist Du erfinderisch? Künstlerisch? Wendest Du solche Eigenschaften konstruktiv an? Wie?
     
    Künstlerisch bin ich wahrscheinlich nicht, wohl aber sehr erfinderisch, im Positiven wie leider auch im Negativen.
    Nennen wir das Negative zuerst. Ich möchte, ich meine, es fällt mir nicht leicht, darüber zu sprechen, aber wenn es galt, den verbrecherischen Trieb zu befriedigen, dann war ich sehr erfinderisch. Die Höhle habe ich mir als besten Platz ausgedacht, das Auto als bestes Fahrzeug, die Rummelplätze als beste Gelegenheit usw., usw. Ich möchte aber betonen, daß ich darauf alles andere als stolz bin. Es ist mir oft vorgeworfen worden, ich sei deswegen beim Verwischen von Spuren und Verhindern von Spuren so erfinderisch vorgegangen, um für die betreffende Tat nicht bestraft werden zu können. Das ist aber völlig falsch.
    Wenn der Effekt auch der gleiche ist, so war der Grund doch ein ganz anderer: weil ich nicht anders konnte als weiter Verbrechen zu machen (zumindest war ich davon überzeugt, was ja leider letztlich dann aufs Gleiche hinausläuft), darum mußte ich doch so vorsichtig sein, denn wie hätte ich sonst weitermachen können, was doch damals mein ganzes Streben war?
    Es ist dann, als ich Letzteres aussagte, mir gesagt worden, das erkläre nichts, denn wenn der Trieb so stark gewesen wäre, daß ich nicht mehr anders gekonnt hätte, dann hätte ich mich ja nicht mehr beherrschen können, was in der Praxis bedeutet hätte, ein Kind auf der Straße sehen, und sofort versuchen, es auszuziehen und zu töten. Auf der Straße, wohlgemerkt, vor allen Augen. Fast mit denselben Worten ist mir das von Polizei und Staatsanwaltschaft entgegnet worden, als Beweis, als Gegenbeweis.
    Nun bin ich zwar kein Jurist, aber einige Fragen tauchen für mich sofort auf, auf welche diese Herren gewiß keine Antworthätten, denn ich weiß ja selber am besten meine Gründe von damals, und also auch am besten, was ich damals gedacht habe. Gerade weil es so schrecklich war, das denken zu müssen, was man eigentlich gar nicht denken wollte, darum sind mir diese Fragen sofort klar gewesen. Wie gesagt, als völliger Laie mag ich mich irren, aber hier das, was ich nie verstanden habe:
    1.) Die Sache mit dem Beherrschen,

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