Jürgen Klopp: Echte Liebe
zu bleiben – unglaublich konsequent an einem roten Faden arbeitet. Ganz gleich, was geschrieben oder gesagt wurde und an taktischen Änderungen gefordert wurde.«
In dieser Charaktereigenschaft liegt für Hennecke ein wesentlicher Schlüssel zu Klopps erfolgreicher Arbeit: »Auch in sportlichen Schwächephasen weicht er nicht einen Millimeter von seinem Kurs ab. Weil er von dem, was er tut, total überzeugt ist. Die sportliche Entwicklung der folgenden Monate hat ihm dann auch hundertprozentig Recht gegeben. Das ist für mich ein ganz wesentlicher Bestandteil seiner Persönlichkeit, dass er nicht ständig sein Koordinatensystem wechselt. Egal, von wo der Wind bläst – Klopp knickt nicht ein. Diese Standfestigkeit zahlt sich aus.«
Die Entwicklung setzt sich fort
Die Saison 2009/10 wurde für Borussia Dortmund zu einem weiteren Jahr der Stabilisierung; mit dem abschließenden Tabellenplatz fünf zeichnete sich Konstanz ab – wonach es zu Saisonbeginn allerdings erst überhaupt nicht ausgesehen hatte. Der BVB startete holprig und musste einige Rückschläge verdauen: Ein saftiges 1:4 gleich am zweiten Spieltag beim Hamburger SV lieferte erste Anzeichen dafür, dass Klopps geliebtes »Spiel gegen den Ball« von seiner Mannschaft nur unzureichend umgesetzt wurde. Das 0:5 im Freundschaftsspiel gegen Real Madrid hinzugerechnet, kassierte die Klopp-Truppe binnen fünf Tagen neun Gegentore. Die Defensive zeigte sich plötzlich vogelwild. So kam die Borussia am fünften Spieltag auch vor eigenem Publikum gegen Bayern München mit 1:5 böse unter die Räder.
Zu allem Überfluss ging das nächste Heimspiel ebenfalls verloren, mit 0:1 ausgerechnet gegen Schalke 04. Die Zwischenbilanz nach sieben Ligaspielen: erst ein Sieg, Platz 15, nur ein Zähler von der Abstiegszone entfernt. Es war nur etwa ein Fünftel der neuen Saison gespielt, doch sie schien schon jetzt verkorkst – und dies ausgerechnet in dem Jahr, in dem der BVB 09 sein 100-jähriges Vereinsbestehen feierte. Eigens dafür war auch Real Madrid angereist, hatte jedoch dem überforderten Gastgeber mit der 0:5-Packung seine Feier gründlich verhagelt.
Doch ähnlich wie zu Beginn des Kalenderjahres startete der BVB auch jetzt wieder eine furiose Aufholjagd – diesmal auch ohne eine erneute Vertragsverlängerung von Jürgen Klopp. Bis zur Winterpause rollten seine »Jungs«, wie Klopp seine Spieler bevorzugt nennt, das Feld von hinten auf, verloren kein weiteres Spiel mehr und rückten bis auf Rang fünf vor. Diese Position sollte der BVB bis Saisonende verteidigen und damit direkt in die Europa League einziehen. Wäre da nur nicht die erneute Niederlage gegen Schalke 04 (1:2) in der Rückrunde gewesen …
Und auch das Wiedersehen mit seinen alten Weggefährten in Mainz, die 2009 aufgestiegen waren, hatte sich Klopp sicher anders vorgestellt: Das 0:1 am 30. Spieltag sorgte für gemischte Gefühle bei Klopps Rückkehr an den Bruchweg.
Der fünfte Platz 2010 und damit die Qualifikation für das internationale Geschäft wurde von den BVB-Fans bereits begeistert gefeiert. Doch da ahnten sie noch nicht, welch herausragenden Feieranlass ihnen ihr Team ein Jahr später bescheren sollte …
Die Meistersaison
Die Saison 2010/11 sollte pünktlich zu Klopps zehnjährigem Trainerjubiläum zum bisher größten Erfolg seiner Laufbahn werden. Dabei war es nicht allein der Gewinn der Meisterschaft an sich, der begeisterte, sondern vor allem die Art und Weise, mit der sie errungen wurde. Um es mit Klopps eigenen Worten zusammenzufassen: »Dieser Kindergarten nagelt hier durch die Liga, als gäb’s kein Morgen. Das ist außergewöhnlich.« 22 Mit dem 2:0-Sieg über den 1. FC Nürnberg, zwei Wochen vor Saisonende, hatte seine Mannschaft gerade den vorzeitigen Titelgewinn perfekt gemacht.
Nach dem letzten Spieltag feierte das Team erst in einem italienischen Restaurant, ehe sie es in einer Diskothek bis in die Morgenstunden so richtig krachen ließ. »Und dabei hat die Mannschaft gefeiert, wie sie gespielt hat: sehr leidenschaftlich«, verriet Klopp später. Und das zurecht, getreu des Trainers Motto: »Wer hart arbeitet, der darf auch feiern!«
Dabei hatte es zunächst alles andere als nach einer glanzvollen Spielzeit ausgesehen: Gleich der Saisonauftakt gegen Bayer Leverkusen ging vor eigener Kulisse mit 0:2 in die Hose. Was niemand ahnte: Es sollte bis zum Hinrundenausklang, dem 0:1 bei Eintracht Frankfurt, die vorerst letzte Niederlage bleiben. Dazwischen lag eine
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