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Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Titel: Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Zoller Selbst
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Bands!
    Er ging ins
Tiles.
Ein Club, in dem man die entscheidenden und vorentscheidenden Leute treffen konnte. Beispielsweise den Discjockey des Hauses, Jeff Dexter. Der war nicht nur Herr über die solide Tonanlage, sondern bediente auch etwas, was für den angemessenen Hirnschwurbel in den Köpfen der Tänzer zusätzlichen Treibstoff nachpumpte: Die Liquid Lights, modifizierte, psychedelisch scharf gemachte Diaprojektoren. In die schob Dexter seine speziellen Dias, die mit einem Ölfilm gefüllt waren, in verschiedenen Farben. Die zu projizierende schwappende Soße warf halluzinogene Blasen auf die Leinwand, die Wand, die Decke, die Körper der Tanzenden. Sich verwandelnd, je nach Temperatur. Blubber-Dias, ein ganz eigener Teil der Light-Show war das, und selbstredend begehrtes optisches Begleitmedium für längere musikalische Trips, an denen sich viele der neuen Rockbands zunehmend versuchten. Jürgen war höchst erfreut über die Anwesenheit dieser Projektoren im
Tiles,
aber nicht wegen der vielen bunten Blasen, die sie werfen konnten, sondern weil er selbst Dias dabei hatte. Die hatte er bei seiner überstürzten Flucht mitgenommen. Seine Bewerbungsmappe, Achtung! Und wieder einmal war er frech, quatschte Jeff Dexter an, überredete ihn schließlich, diese Dias an die Wand des
Tiles
zu projizieren. „I am looking for a band here in London. I played with Noel Redding in Frankfurt last year …“, wagte er sich vor. „What?“ hakte Dexter, schob ein Dia in den Projektor und nuschelte: „Yeah, that’s right“. Keine Blasen, Jürgen Zöller und Noel Redding auf der Bühne im
Storyville,
Frankfurt. Hier an der Wand im
Tiles
in London. Immerhin eine Audition sprang dabei raus. Er spürte, dass er ganz nah dran war. Die Band hätte ihn auch als Drummer engagiert, aber Deutscher ohne Aufenthaltserlaubnis und folglich ohne Arbeitserlaubnis, das ging dann doch nicht. So sorry.
    Es kam die Polizei. Klingelte an der Tür der WG, forderte Jürgen auf, das Land zu verlassen. „You got two weeks.“ Haben meine Eltern.? Woher wussten.? Hab’ ich dem Rainer vielleicht einen Hinweis.? So wird es wohl gewesen sein müssen. Wieder abtauchen? Nein, er entschloss sich, nach Deutschland zurückzugehen. Das einzige, was sich jetzt noch zu Geld machen ließ, war das neue Schlagzeug. Jetzt musste es dran glauben. 50 Pfund, damals 600 Mark, bekam er für das geliebte Instrument. Zum ersten Mal konnte er für die Engländer, die ihn die ganze Zeit ausgehalten hatten, einkaufen. Er kaufte ihnen gutes Gras. Sie drehten sich aus seinem verkauften Traum schöne große traurige Tüten zum Träumen.
    In England war die Psychedelia der gerade angesagte Vulkanausbruch und der
Tiles Club
mit seinen Blubberdiaprojektoren war so ein Ort, an dem Bands wie „Zoot Money and Dantalion’s Chariot“ goldrichtig waren. Jürgen schaute staunend auf ein weißes Backdrop, in weiße Gewänder gehüllte Musiker, die auf weißen oder weiß verhangenen Instrumenten spielten. Es war sein letzter Abend in England. Dann ging das Licht aus, ein brutales Strobelight häckselte den Raum auseinander. „Zoot Money“ thronte auf seinem Hydraulikstuhl hinter der Orgel und machte gespenstische Bewegungen in seinem weißen Flattergewand. „Madman Running through the Fields“ hieß die Single der Band. Am nächsten Morgen war Jürgen wieder auf der Fähre. Madman across the water.
    Hans Herbert Blatzheim war der Stiefvater von Romy Schneider, eine Zeitlang auch ihr Manager. Vor allem aber managte er die Blatzheim-Betriebe, ein weit verzweigtes Unternehmen von Gastronomiebetrieben, Clubs, Diskotheken. Unterhaltungs-Etablissements in diversen deutschen Städten mit unterschiedlichem Freizeitwert. In Köln war eines davon. Hier blieb Jürgen hängen, nachdem er seine Eltern über seine Rückkehr aus England in Kenntnis gesetzt hatte. Klar war nur eines: „Ich komm nicht nach Hause, ich will da nicht mehr hin.“ Die Familienverhältnisse waren auch nicht danach: Er hatte nicht mal ein eigenes Zimmer, das Verhältnis zu Rudi hieß Dauerkrieg, der Vater ertrug nicht, dass der Sohn ständig unterwegs war, und so wurde Jürgens Abmeldung nach Köln hingenommen.
    Die Anlaufstation wurde zunächst der
Schwabinger Keller
auf dem Kaiser-Wilhelm-Ring. Der gehörte zu den Blatzheim-Betrieben. Jürgen hatte nichts zu verlieren, marschierte hinein und fragte, ob man wohl einen Discjockey brauchen könne. Man brauchte, also fing er an. Der
Schwabinger Keller
war nicht das

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