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Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Titel: Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Zoller Selbst
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sie alle drei ziemlich gut. Das war doch ein eigener Sound, und die drei hatten untereinander das unausgesprochene Selbstlob: So was macht außer uns meilenweit keiner. Sie hatten das nie geplant, es war einfach nur so aus ihnen herausgekommen. Sie hatten alles aufgesaugt, was um sie herum ständig in neuen Ur- und Nach- und Neben-Knällen explodierte. Die einzige Verabredung, die sie hatten, war: Wenn der Richard vom Bund kommt, dann ziehen wir los, als Profis. Raus aus Frankfurt, die ganzen Clubs spielen, erst mal in Deutschland. Dann England, Amerika, die ganze Welt.
    Ja klar, das wäre vielleicht nicht gegangen in Deutschland, zermarterte er sich da oben auf seinem schwimmenden Exil das Hirn. Mit Monatsengagements kreuz und quer durch Deutschland, auf die harte Tour. In dreistöckigen Betten in verdreckten Absteigen, so vielleicht schon. Wie die Engländer eben. Die Beatles hatten das schließlich vorgemacht. Die ganz harte Tour. Aber versuchen hätte man es doch können, sollen, müssen. Und dann sagte Richard, ausgerechnet der Richard, der das Leben aus den großen Töpfen soff, der sagte Stop. Schluss. Ich mach’ was anderes. Sagte der. Der immer alle Kerzen an beiden Enden brennen hatte. In der großen Wohnung in Sachsenhausen bei Mutter und Tante gut versorgt, auf der Bühne das Tier des brüllenden Überschwangs, der Zeremonienmeister des Hedonismus, der seine schiere Lebensfreude rausbrüllte. Der. Was Bürgerliches. Es war nicht zu fassen. Dafür bin ich nun Jahre lang gegen Wände gelaufen, hab’ mir von meinen Eltern anhören müssen: „Junge, das wird nix“, brodelte es in Jürgen. Hab’ einen nach dem anderen laut über Angestelltentum, Rentenversicherung, Altersvorsorge und Sparbuch nachdenken hören. Und immer wieder gesagt: Macht nur, aber wir, wir Drei schaffen das schon. Und jetzt der. Schluss. Stop. Ich mach was anderes.
    Die Fähre kam in England an. Inzwischen war wieder etwas Bares in Geldbeutel: Jürgen hatte seinen Braun-Sixtant Rasierapparat verkauft. Brücken verbrennen, Rasierer verkaufen. Was blieb noch? „Irgendwie kommste da schon durch“, dachte er trotzig. Das nächste, was sich zu Geld machen ließe, wäre dann das neue Schlagzeug. Aber daran wollte er noch nicht denken, zumal damit bewiesen wäre, dass er irgendwie dann doch nicht durchgekommen … egal. Jetzt England, oh England! Urmutter des unerschöpflichen Quells der Inspiration, Land in dem Milch und Honig, schrille Töne, bunte Klamotten, meterhohe Frisuren, Drogen aller Geschmacksrichtungen in einem großen Strudel umeinander sausten. Oh Land der Realität gewordenen Beatclub-Kameratricks, schleuse mich durch deine Linse ein. Oh Land, in dem alles so ist, wie „Sgt. Peppers Lonely Hearts Club Band“ von den Beatles klingt. In Paris hatte Jürgen sie ein paar Wochen zuvor gekauft, da gab es die in Deutschland noch nicht. Morgens hatte er sich mit ein paar Kumpels getroffen, ab nach Paris. Einer hatte eine Cousine, die als Au-Pair-Mädchen bei einer Familie arbeitete, da pennte man. Und kaufte „Sgt. Pepper“. Mission erfüllt. So spontan wie jetzt nach England. Jürgen merkte schnell: es ist ein Unterschied, ob du nach Paris fährst und mit einer Beatles-Platte unterm Arm zurückkommst, oder ob du mit einem Schlagzeug im Auto nach England fährst und damit Geld verdienen willst. Aber es musste doch gehen. Die Jobs standen doch auf den Kleinanzeigenseiten im
New Musical Express:
„Drummer wanted“, „New Band looking for …“. Bands, Bands, täglich neue, heiße Bands! Springen Sie auf, das Besetzungskarussell dreht sich!
    Jürgen spielte
Auditions.
Er merkte schon, dass die potentiellen Mitmusiker sich schon mal Blicke zuwarfen, nach dem Motto: „Was will der verrückte Deutsche hier?“ Andererseits fühlte er sich willkommen, wie zu Hause. Zu Hause in der Welt der Clubs, in der Engländer und Amerikaner den Ton angaben: immer hilfsbereit, immer freundlich. Es war nicht anders als in Frankfurt im
K52,
aber es war London. Er wohnte bei den Ambulanz-Wagen-Besitzern. In der WG mit fluktuierendem Bewohnerstamm. Das wenige Geld teilten sie auf, den Gast fütterten sie wie selbstverständlich mit durch. Kaum angekommen, verfrachtete man ihn in einen Bus: die erste Station war ein Wettbüro, zweite Station der Mann mit dem grünen Gras. Was zu rauchen, ein Dach überm Kopf, das musste fürs erste genügen. Aber es fehlte immer noch der Platz auf dem Drumhocker einer dieser Bands! Bands! Neue Bands! Explodierende

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