Julia Ärzte zum Verlieben Band 50
keinerlei Schutz.
Oder doch?
„Da drüben!“ Becca zog Jet an der Hand. „Unter den Felsen.“
An der Stelle gab es einen Überhang. Keine richtige Höhle, aber breit genug, um zwei Menschen Zuflucht vor den gefährlichen vulkanischen Geschossen zu bieten.
Hoffentlich.
Innerhalb von Sekunden hatten sie die Felsgruppe erreicht. Gerade rechtzeitig, um einem Hagel kleinerer Steine zu entgehen, die nur wenige Meter von ihnen entfernt einschlugen. Einige davon schienen beim Aufprall auf den Felsen über ihnen zu explodieren. Das Geräusch mit dem nachfolgenden Funkensprühen wirkte beinahe wie ein bizarres Feuerwerk. So könnte man sich das Ende der Welt vorstellen.
Durch ein weiteres Erdbeben wurde der Boden unter ihnen heftig erschüttert, und Becca schrie angstvoll auf. Sie würden sterben. Alle beide.
Es tut mir so leid.
Jet zog die zu Tode erschrockene Becca in seine Arme. Tiefe Scham erfüllte ihn.
Nicht weil sein Leben im Schatten eines explodierenden Vulkans endete. Das war kein schlechter Abgang für jemanden, der jahrelang immer am Limit gelebt hatte. Vielleicht hätte er es sich sogar ausgesucht. Ein jäher Tod mitten in einem gefährlichen Abenteuer. Allerdings hätte er wohl einen anderen Zeitpunkt gewählt.
Zum Beispiel mit neunzig oder so.
Nein, die Scham rührte daher, dass er sich wie ein Versager fühlte, weil er Becca nicht beschützen konnte.
Er enttäuschte Matt.
Und Becca.
Aber vor allem sich selbst.
Jet hielt sie eng an sich gedrückt und hockte sich mit dem Rücken nach vorn, um sie abzuschirmen. Den Kopf an seiner Schulter, verschloss sie die Augen vor dem, was draußen geschah. Beide hatten in den letzten Minuten ihre Masken verloren, und sein Kinn ruhte auf Beccas Haar. Wenn er sich nur ein kleines bisschen drehte, könnte er es mit den Lippen berühren.
Er sagte sich zwar, dass er sie nur tröstete, aber er wusste, dass er den Trost ebenso nötig hatte. Verdammt noch mal, ich will nicht sterben, dachte er. Das Leben war kostbar, und es gab noch so viel zu tun und so viel Neues zu entdecken.
So wie das hier. Becca in den Armen zu halten war anders als alles, was Jet bisher mit Frauen erlebt hatte. Es war so verblüffend zärtlich. Kein Wunder, dass er nie danach gesucht hatte. Die Empfindung drang in jede seiner Zellen und löste in ihm ein seltsam weiches Gefühl aus.
Womöglich Verletzlichkeit?
Nein, Jet Munroe war niemals verletzlich. Das hatte er sehr früh gelernt. Vermutlich schon damals, als kleines Kind mit aufgeschlagenen Knien, nachdem irgendwelche fremden Leute ihm gesagt hatten, seine Mutter wäre fort. Aber er käme zu netten Menschen, die sich um ihn kümmern würden.
Während er Becca in den Armen hielt, spürte er beinahe so etwas wie Angst. Sich vor einer solchen Naturkatastrophe zu fürchten, war in Ordnung. Wenn er sich jedoch wirklich schützen wollte, musste er sich vor den Explosionen in seinem Kopf in Acht nehmen. Oder in seinem Herzen?
Sie war eine Frau, und aufgrund der vielen Jahre, in denen sie sich nicht gesehen hatten, sozusagen eine Fremde. Aber ein Teil von ihr war noch immer das Mädchen, an das er sich erinnerte. Deshalb konnte Jet sie nicht einfach loslassen.
Dann schlang Becca ihm den Arm um die Taille und presste sich an ihn. Sie schaute zu ihm auf, und plötzlich waren ihre Lippen nur wenige Zentimeter von seinem Mund entfernt. Sie blickte ihm direkt in die Augen, und Jet konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen.
Das war Becca.
Sie war so schön.
Und er wollte sie. Er brauchte sie.
Der Kuss war unvermeidlich. Vom Schicksal vorherbestimmt.
Als ihre Lippen sich trafen, versank für Becca die Realität. Der Albtraum wurde zu einem Traum. Die Erfüllung so vieler Träume. All die Sehnsucht, das Verlangen, die Liebe, die so lange begraben gewesen waren, brachen mit ungeheurer Macht hervor.
Es war ein Traum, aber auch Wirklichkeit. Das Kratzen von Jets unrasiertem Gesicht, seine sanften Lippen. Die Art, wie er ihren Kopf umschloss, als wäre sie etwas überaus Kostbares.
Sie waren beide schmutzig, zerschlagen, verschwitzt und so erschöpft, dass sie sich beinahe wie betrunken fühlten. Aber das alles machte nichts. Hier ging es um das Leben selbst.
Nicht nur ums Überleben. Es war mehr als das. Ein Anfang, der eine Mauer beseitigte, die niemals hätte da sein sollen.
Für Rebecca Harding hatte es immer nur einen einzigen Mann gegeben, und endlich hielt sie ihn in ihren Armen. Sie konnte ihn berühren und sich ihm ohne jedes
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