Julia Ärzte zum Verlieben Band 50
Zeitverschwendung“, meinte Jet schließlich. „Es ist auch egal.“
Da ein stechender Geruch nach Schwefel in der Luft hing, setzten sie mit Kochsalzlösung befeuchtete Mundschutzmasken auf. Jet spendierte noch eine Kreppbandage, die sie als zusätzliche Schicht drüberstreiften. Die Sonnenbrillen boten zwar keinen ausreichenden Schutz für die Augen, doch dagegen konnten sie jetzt nicht viel tun.
„Ich stecke mir einen Beutel mit Kochsalzlösung in die Tasche. Dann können wir uns damit bei Bedarf die Augen ausspülen“, sagte er. „Vielleicht hilft’s.“
„Hier rauszukommen würde ungemein helfen“, gab Becca zurück.
Sobald sie losmarschierten, war es einfacher, das Geschehene hinter sich zu lassen. Vom Bergkamm aus entdeckten sie das Flackern eines Lagerfeuers. Dort mussten Menschen sein. Nun war ihr Ziel endlich in Reichweite.
„Wir gehen langsam weiter“, entschied Jet. „Dadurch sollten wir in der Lage sein, uns von eventuellen Lavaströmen fernzuhalten.“
Oberhalb von ihnen waren feurige Punkte zu erkennen, die von dem glühenden Vulkankrater herabkrochen. Die Luft war schwer, und Jet wusste nicht, ob seine Kopfschmerzen seiner Platzwunde, der Erschöpfung oder giftigen Dämpfen zuzuschreiben war.
„Wie fühlst du dich?“, fragte er Becca nach ein paar Minuten.
„Ging mir schon mal besser.“ Durch die Maske und die Bandage hindurch klang ihre Stimme gedämpft. Mit einem leicht ironischen Unterton setzte sie hinzu: „Mach dir keine Sorgen um mich. Ich komm schon klar.“
Schweigend ging er zum letzten Mal bergabwärts voran.
Nach knapp zwei Stunden erreichten sie das, was von der Naturschutzstation übrig geblieben war.
Die kleine Gruppe von Leuten an dem Lagerfeuer schaute ihnen verdutzt entgegen. Becca erwiderte den Blick und versuchte zu lächeln, bis ihr einfiel, dass ihr Gesicht ja von der Maske verhüllt war. Sie konnte es kaum fassen. Diese Menschen. Der Geruch nach Essen. Und bald würde auch ein Schiff kommen, um sie alle zu retten.
Jetzt wusste sie, dass sie überleben würde. Wenn sie nicht geglaubt hätte, sterben zu müssen, hätte sie dann diesem leidenschaftlichen Verlangen dort oben auf dem Berg nachgegeben?
Seitdem war sie fast wie in Trance. Noch immer spürte sie, wie Jet sie berührt und geküsst hatte. Sie konnte ihn in sich fühlen, seinen Atem und seinen Herzschlag hören. In diesen Momenten hatte sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben ganz gefühlt.
Es hatte ihr geholfen, den letzten Rest des harten Marsches zu überstehen und ihre totale Erschöpfung zu vergessen. Anfangs war es Becca noch recht gewesen, diese glückliche Trance nicht durch Reden zu zerstören. Doch je länger das Schweigen andauerte, desto mehr bekam sie den Eindruck, dass es für Jet anscheinend so war, als wäre nichts passiert.
Während sie dort stand und die Leute am Feuer anstarrte, erwachte sie schlagartig aus ihrem Trancezustand. Die Vorstellung, dass sie und Jet über das Vorgefallene reden mussten, war erschreckend und unausweichlich zugleich. Aber wie sollten sie darüber sprechen, ohne auch all die anderen Dinge aus der Vergangenheit mit einzubeziehen?
Vielleicht hatte sich das Ganze ja auch erledigt, weil sie jetzt nicht mehr alleine waren.
„Sorry, Leute, wir haben uns ein bisschen verspätet.“ Jet nahm den Rucksack vom Rücken und stellte ihn neben dem Notfallpaket ab. „Wir hatten ein paar Probleme bei der Landung.“
„Oh, mein Gott.“ Eine Frau erhob sich und kam auf sie zu. „Wir wussten, dass ihr ungefähr zur Zeit des Ausbruchs heute früh hättet ankommen sollen. Und wir waren sicher, dass es einen Unfall gegeben haben musste, den ihr vermutlich nicht überleben hattet.“ Prüfend musterte sie Jets Wunde an der Stirn und Beccas verbundenen Arm. „Seid ihr okay?“
„Etwas Trinkwasser wäre schön“, antwortete Jet. „Und dann sagt mir, was hier gebraucht wird.“
Die anderen aus der Gruppe kamen ebenfalls herbei, und einer brachte ihnen Wasserflaschen.
„Ihr seid bestimmt hungrig“, sagte jemand. „Wir haben gerade Würstchen über dem Feuer gebraten. Es ist nichts Dolles, aber es gibt auch noch jede Menge Brot und Tomatensoße.“
Jet ließ die Flasche sinken und wischte sich ein paar Wassertropfen vom Kinn. „Klingt fantastisch, aber hebt mir was auf. Erst mal muss ich mich um die Patienten kümmern.“
„Jack ist am schlimmsten dran“, berichtete eine junge Frau erstickt. „Er hat eine Kopfverletzung. Und Rogers Bein sieht schrecklich
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