Julia Ärzte zum Verlieben Band 50
erwiderte sie: „Dafür gibt es keinen Leitfaden.“ Sie senkte den Blick. „Man tut einfach sein Bestes, so gut man kann.“ Dann schaute sie wieder auf. „Vielleicht ist es noch nicht einmal für besonders lange. Kannst du’s nicht wenigstens probieren?“
Einerseits wäre Rick am liebsten geflüchtet, so schnell und so weit wie möglich. Andererseits konnte er sich nicht einfach abwenden. Jetzt nicht mehr. Denn heute hatte sich etwas verändert, dank Sarah und diesem bemerkenswerten Jungen, der sein Sohn war.
Vielleicht war er ja doch im Begriff, erwachsen zu werden. Langsam, aber entschlossen nickte Rick, und ihm gelang sogar ein Lächeln. „Ich versuche es“, sagte er. „Ich kann dir nicht versprechen, dass ich gut bin, aber ich werde mein Bestes tun.“
„Mehr ist auch nicht notwendig.“ Sie lächelte, und ihre Augen leuchteten. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, schlang ihm die Arme um den Hals und umarmte ihn. „Danke.“
Es war nur eine kurze Umarmung.
Trotzdem spürte er sie noch lange, nachdem Sarah in der Dunkelheit davongefahren war.
5. KAPITEL
Am frühen Montagmorgen wurde Josh im Krankenhaus aufgenommen.
Dort bekam er zunächst einen zentralen Venenkatheter gelegt, und gegen Mittag hatte die hoch dosierte Chemotherapie zur Zerstörung seines eigenen Knochenmarks bereits begonnen.
Der Raum auf der Isolierstation, der in den kommenden Wochen ihre Welt sein würde, kam Sarah vor wie ein Gefängnis. Darin standen ein Bett für Josh und zwei bequeme Liegesessel. Außerdem gehörte noch ein angrenzendes Badezimmer mit Dusche, Toilette und Waschbecken dazu.
Das Fenster zum Korridor hin gab den Blick frei auf das gegenüberliegende Zimmer, das absolut identisch aussah. Durch ein anderes Fenster konnte man nach draußen schauen, aber es zeigte auch nur einen anderen Flügel des Krankenhauses. Dutzende weiterer Fenster, die einen wie leere Augen anzustarren schienen.
Entschlossen setzte Sarah ein fröhliches Lächeln auf und wandte sich von dem tristen Ausblick ab. Josh lag in den Kissen auf dem Bett, wirkte jedoch noch ziemlich verschlafen. Die oberen Knöpfe seines Schlafanzugs standen offen, sodass der Verband über dem Venenkatheter sichtbar war. Außerdem war Josh über mehrere Elektroden mit einem Herzmonitor verbunden, und mit einer Manschette wurde in regelmäßigen Abständen sein Blutdruck gemessen. An dem Mittelfinger einer Hand klemmte ein Clip zur Kontrolle der Sauerstoffsättigung.
Das ständige Piepen kannte Sarah inzwischen gut. Mehr als einmal hatte es sie getröstet, wenn sie in langen, einsamen Nächten an Joshs Bett gesessen hatte und nicht wusste, ob er den nächsten Morgen noch erleben würde. Stunden der Verlassenheit, Verzweiflung und unerträglicher Trauer.
Ein leises Klopfen an der Tür kündigte einen Besucher an. Als Sarah aufschaute, sah sie den grünen Kittel und die weiße Gesichtsmaske, die jeder, der diesen Raum betrat, ab jetzt tragen musste. Auch sie selbst. Alle Menschen sahen dadurch gleich aus, was besonders unpersönlich und distanziert wirkte. Weil der größte Teil des Gesichts verdeckt war und man kein Mienenspiel erkennen konnte, wurden die Augen anderer Menschen zum wichtigsten Kommunikationsmittel. Doch diesmal erkannte Sarah den Neuankömmling schon, bevor er sich umdrehte, da er einen großen Gegenstand ins Zimmer bugsierte.
„Rick!“
Er hob die Brauen. „Störe ich?“
„Nein, gar nicht. Ich dachte nur …“ Sie hatte nicht mit seinem Besuch gerechnet, das war alles.
Ihre Stimmen weckten Josh. „Was ist das?“, fragte er neugierig.
„Hey, Kumpel.“ Mit einem schnellen Blick erfasste Rick die verschiedenen Geräte am Bett. Die Monitore, den Katheter, die Tropfinfusionen mit der grellen Beschriftung, die darauf hinwies, welche toxischen Medikamente sie enthielten. „Wie geht’s dir?“
„Mir ist noch nicht schlecht.“
„Super.“
„Und was ist das?“, wiederholte Josh.
„Das da?“ Rick hob den großen Gegenstand hoch, den er an sein Bein gelehnt hatte. „Eine Kork-Pinnwand.“
„Solche Sachen dürfen hier nicht reingebracht werden“, protestierte Sarah. „Das Infektionsrisiko ist zu groß, vor allem bei Dingen aus pflanzlichem Material.“
„Es ist komplett desinfiziert und sterilisiert“, entgegnete Rick. „Genau wie das andere Zeug.“
Die Kiste hatte sie noch gar nicht bemerkt. Jetzt war Sarah genauso neugierig wie Josh.
„Hier scheint mir der beste Platz dafür zu sein.“ Rick lehnte die Pinnwand
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