Julia Ärzte zum Verlieben Band 50
Kopf.
„Es ist bald Zeit zum Abendessen“, meinte sie. „Du brauchst was Nahrhaftes, keinen Kuchen.“
„Was gibt’s denn bei euch?“, fragte Rick.
Er und Josh hatten sich auf die anderen Hocker an der Theke gesetzt, sodass sie nun alle drei in einer Reihe saßen. Josh, in der Mitte, lehnte sich vor, um seinen Milkshake durch einen Strohhalm zu saugen.
„Alles, worauf Josh Lust hat“, sagte Sarah schnell. „Solange es richtiges Essen ist und kein Junkfood.“
„Einen Hamburger“, erklärte Josh. „Im Krankenhaus kriegt man nie Hamburger.“
„Hm.“ Sie vermied eine Diskussion über den Nährwert dieses speziellen Essenswunsches und lächelte ihn stattdessen an. „Na, wie war die Fahrt?“
„Super. Wir sind unheimlich schnell gefahren.“
Sofort warf sie Rick einen vorwurfsvollen Blick zu, doch dieser schüttelte leicht den Kopf, damit Josh es nicht sehen konnte.
„Die Jacke ist toll“, stellte Sarah fest.
„Sie gehört Jet. Er ist grade weg, weil er mit einem Hubschrauber Soldaten retten muss.“
„Wow, das klingt ja aufregend.“
„Du müsstest mal Ricks Wohnung sehen, Sarah. Von da aus kann man die Schiffe und die Kräne und all das anschauen. Echt cool.“
„Tatsächlich?“ Diesmal wich sie Ricks Blick geflissentlich aus. Er sollte ja nicht denken, dass sie auf eine Einladung hoffte. Hier ging es ausschließlich um ihn und Josh. Sarah selbst sah sich nur als Vermittlerin, und das war völlig in Ordnung so.
Ob Rick wohl mit dem Jungen über sein Verhältnis zu ihm gesprochen hatte? Er sah die Frage in ihren Augen, als könnte er ihre Gedanken lesen. Er schien sich unbehaglich zu fühlen und schüttelte wieder kaum merklich den Kopf. Sarah war enttäuscht.
Dann trat auf einmal Stille ein. Josh anfängliche Begeisterung für seinen Milkshake hatte deutlich nachgelassen.
„Am Montag muss ich wieder ins Krankenhaus“, verkündete er unvermittelt.
„Ich weiß“, sagte Rick.
Natürlich. Sicher hatte er ein paar Tage nach Joshs Aufnahme im Krankenhaus einen Termin zur Knochenmarksentnahme.
Interessiert schaute er Josh an. „Weißt du, was diesmal passieren wird?“
„Ja. Ich werde bestrahlt. Wahrscheinlich werde ich grün und fange an zu glühen.“
Rick lachte. „Vielleicht kriegst du ja auch irgendwelche Superkräfte und kannst Dinge aus meilenweiter Entfernung hören.“
„Oder ich werde unsichtbar“, ergänzte Josh. „Oder ich kann fliegen. Das wäre doch cool.“
„Allerdings. Für mich ist eine schnelle Fahrt auf dem Motorrad beinahe wie fliegen.“
„So wie unsre Fahrt vorhin.“
„Mmm.“ Rick warf Sarah einen beruhigenden Seitenblick zu, der ihr zeigen sollte, dass er Josh nur nicht in Verlegenheit bringen wollte. „Weißt du auch, warum du bestrahlt wirst?“
„Damit mein Knochenmark abstirbt“, erwiderte Josh. „Ich hab nämlich ALL. Weißt du, was das ist?“
„Sag’s mir“, meinte Rick.
Es interessierte ihn wirklich, wie viel Josh über seine Erkrankung wusste. Sarah holte mit dem Finger ein bisschen von dem zimtbestäubten Cappuccino-Schaum aus ihrer Tasse. Sie leckte ihn ab und tat das Gleiche noch mal.
„Das ist akute lymphoblastische Leukämie.“ Offenbar war Josh stolz, dass er sich diesen komplizierten Namen merken konnte.
„Und was ist das?“
Josh verdrehte die Augen. „Das müsstest du eigentlich wissen. Du bist doch Doktor.“
Wieder lachte Rick. „Ich weiß es auch. Ich wollte nur wissen, ob du es weißt.“
„Klar weiß ich das. Schließlich hab ich’s ja.“ Der Junge seufzte genervt, antwortete dann aber doch. „Das heißt, dass meine weißen Blutzellen nicht okay sind und ich zu viele davon habe. Darum ist kein Platz für die guten roten Blutzellen, und das macht mich sehr krank.“
Rick nickte. „Ich wünschte, im Medizinstudium hätten sie uns das auch so einfach beigebracht.“
„Aber diesmal werde ich vielleicht wieder gesund“, fuhr Josh fort. „Wenn ich nämlich gutes Knochenmark kriege, macht das vielleicht weiße Blutzellen, die gesund sind.“
Rick leerte seine Espressotasse. „Du kriegst Knochenmark von mir“, sagte er. „Mir hat es bisher immer gute Dienste geleistet.“ Ein Muskel in seinem Kiefer spannte sich an. „Du weißt, warum du mein Knochenmark bekommst, Josh?“
„Ja, weil du mein Dad bist.“
Der Satz klang absolut sachlich, schien jedoch in der Luft zu hängen wie eine Bombe, die jeden Augenblick explodieren könnte. Sarah hielt den Atem an.
„Ja“, sagte Rick leise.
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