Julia Ärzte zum Verlieben Band 51
er hatte strengsten Befehl gegeben, ihn nicht zu stören.
Natürlich hätte er Larissas Verschwinden als einen Schachzug ansehen können, um ihn in Panik zu versetzen und zu erreichen, dass sie doch noch bekam, was sie wollte. Aber er tat es nicht. Noch immer sah er diesen leeren Ausdruck in ihrem Blick, nachdem er ihr seine Verachtung ins Gesicht geschleudert hatte – so, als wäre etwas in ihr gestorben.
Sie war für immer gegangen und würde nie mehr zurückkehren.
Sofort hatte er seinen Leuten Anweisung gegeben, sie unter allen Umständen zurückzuholen. Dann hatte er sich in ihr ungemachtes Bett gelegt und ihren Duft eingeatmet. Erinnerungen an ihre gemeinsame Nacht in seinem Bett und den verhängnisvollen nächsten Morgen hatten ihn überwältigt. Und plötzlich waren ihm sein Zorn, seine Eifersucht und seine Enttäuschung unbedeutend vorgekommen.
Es war ihm gleichgültig, aus welchem Grund sie hergekommen war und wer der Vater ihres Babys war. Sie war die Liebe seines Lebens, und er würde ihr Baby ebenso lieben wie sie, weil es ein Teil von ihr war. Was immer sie auch zu dieser Scharade bewogen hatte – er wollte es gar nicht mehr wissen. Für ihn zählte nur noch der Frieden, den die Erinnerungen an die wundervollen Wochen, die sie miteinander geteilt hatten, seinem Herz schenkte.
Larissa war keine Lügnerin. Sie hatte nur die Wahrheit verschwiegen.
Trotzdem wünschte er, sie würde in einer Hinsicht gelogen haben – dass sie einem anderen gehört hatte. Die Welt hätte er darum gegeben. Doch sie war die Frau seines Bruders gewesen. Wie konnte er sie noch begehren mit dem Wissen, dass Jawad sie geliebt hatte und sie die Mutter seines ungeborenen Sohnes war?
Und wie sah es mit Larissas eigenen Gefühlen aus? Bis gestern war er noch sicher gewesen, dass sie seine Liebe erwiderte. Aber wie konnte sie sich ihm so rasch zuwenden, wenn ihre Trauer um Jawad noch so frisch war? Was sagte das über ihren Charakter aus?
Er hatte geglaubt, dass sie ebenso wie er dem Zauber ihrer gegenseitigen Anziehungskraft erlegen war. Wenn es aber nur eine momentane Laune von ihr gewesen war? Schlimmer noch – wenn er sich falschen Illusionen hingab, um sie und das Baby an sich zu binden, das Einzige, das ihm von seinem Bruder geblieben war?
Wenn Larissa nicht die Frau war, für die er sie hielt, musste er auch daran zweifeln, dass das Kind von Jawad war. Natürlich konnte das leicht nachgeprüft werden. Doch allein der Gedanke, zu solchen Mitteln greifen zu müssen, machte ihn krank. Und hatte er nicht ohnehin beschlossen, dass es keine Rolle mehr spielte?
Ihr leiser Seufzer riss ihn aus seinen Qualen.
„Faress, ich muss dir etwas sagen …“
Er unterbrach sie mit erhobener Hand. Das Letzte, was sie von ihm gehört hatte, waren seine zornigen, verächtlichen Worte gewesen. Nun war es an ihm, die ersten Worte der Versöhnung zu sprechen. Was er ihr sagen wollte, mochte ein schwerwiegender Fehler sein, aber er konnte nicht anders, als seinem Herzen zu folgen.
„Lass mich beginnen. Gestern war ich außer mir vor Schock. Aber ich glaube dir nun, dass du Jawads Baby erwartest. Als Ärztin hast du natürlich gewusst, wie eine Chemotherapie sich auf die Zeugungsfähigkeit eines Mannes auswirken kann. Du hast eine künstliche Befruchtung vornehmen lassen?“
Larissa nickte nur. Faress schwieg einen Moment lang. Es tat ihm in der Seele weh, dass Jawad seinen Sohn nicht mehr im Arm halten konnte.
Er räusperte sich. „Du bist die Situation nicht besonders klug angegangen, aber deine Ängste sind nicht unbegründet. Das macht dein Handeln etwas verständlicher. Ich hoffe, du kannst mir meine Anschuldigungen verzeihen.“
„Faress, ich bin diejenige, die …“
Wieder hob er die Hand. Was er ihr zu sagen hatte, musste er in einem Zug hinter sich bringen. Er richtete seinen Blick auf den Horizont hinter ihr. „Ich habe über alles gründlich nachgedacht und die einzig akzeptable Lösung gefunden. Du musst mich heiraten.“
Faress merkte selbst, dass sein Heiratsantrag mehr wie ein herrischer Befehl klang. So hatte er sich diesen Moment gewiss nie vorgestellt. Doch die Dinge hatten sich geändert. Nun war es seine Pflicht, Larissa und ihr Baby zu schützen und ihnen alle Privilegien zukommen zu lassen, die Jawad durch die Ungerechtigkeit ihres Vaters genommen worden waren. Eines Tages, wenn sie beide ihre Trauer über Jawads Tod verarbeitet hatten, konnten sie vielleicht die alten Gefühle wieder aufleben
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