Julia Ärzte zum Verlieben Band 53
dass sie kam und mit ihm zusammenarbeiten würde. Für die nächsten zwölf Monate wäre sie Ärztin im Team der Didja Medical Clinic und für die medizinische Versorgung der Ortsbewohner sowie der Arbeiter des großen Bergwerks, das ein Stück außerhalb des Ortes lag, verantwortlich. Melissa war sich darüber im Klaren, dass Dex ihrem Kommen nicht gerade freudig entgegensah. Sicher war es für ihn ein Schock gewesen, so plötzlich zu erfahren, dass er eine Schwester hatte.
Melissa war schon seit einer Ewigkeit unterwegs. Erst war sie von Tasmanien nach Melbourne geflogen, wo sie ein Flugzeug nach Perth genommen hatte. Nach einem dreistündigen Aufenthalt in Adelaide war sie kurz vor Mitternacht mit der Bahn weitergefahren. Viel hatte sie nicht geschlafen, was sowohl am Rumpeln des Zuges als auch an der Ungewissheit, was sie in Didja erwarten würde, gelegen haben konnte.
Sie hatte gehofft, dass Dex sie vom Bahnhof abholen würde, doch er war nicht gekommen. So hatte sie sich mit ihren beiden Koffern in der größten Mittagshitze auf den Weg gemacht. Anhand einer alten Straßenkarte hatte sie versucht, das Krankenhaus zu finden. Nun stand sie vor diesem baufälligen Gebäude, das jeden Moment einstürzen konnte, und ihre ganze freudige Erwartung war dahin.
„Verzeihung – Melissa Clarkson?“
Beim Klang der tiefen Stimme drehte Melissa sich um und hielt sich zum Schutz vor der gleißenden Sonne die Hand über die Augen. Der Mann, der vor ihr stand, war so groß, dass sie den Kopf etwas zurücklegen musste, um ihm ins Gesicht sehen zu können.
„Ja, das bin ich.“ Neue Hoffnung stieg in ihr auf. „Sind Sie Dex?“
„Nein, ich bin Joss.“ Er reichte ihr die Hand. „Josiah Lawson.“
„Oh.“ Sie hatte also ihren zukünftigen Chef und den Besitzer der Didja Medical Clinic vor sich, den Mann, der ihr einen Jahresvertrag angeboten hatte und ihr damit die Gelegenheit gab, ihren Bruder kennenzulernen. Melissa versuchte, das plötzliche Gefühl der Wärme und Sicherheit zu ignorieren, das sein Händedruck ihr vermittelte. Wahrscheinlich reagierte sie nur deshalb so, weil sie sich in dieser Einöde einsam und verlassen vorkam.
„Sicher hatten Sie erwartet, von Dex abgeholt zu werden?“
„Ich hatte es gehofft“, erwiderte sie, während er noch immer ihre Hand festhielt.
Er musterte sie kurz. Im Gegensatz zu ihm trug sie weder Sonnenbrille noch Hut. Das dunkle Rot ihres Sommerkleides betonte ihre helle Haut und passte gut zu ihrem blonden Haar, das sie zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte. Als er in ihre braunen Augen blickte, konnte er sofort die Ähnlichkeit mit ihrem Bruder erkennen.
Natürlich war sie enttäuscht, dass Dex sie nicht selbst vom Bahnhof abgeholt hatte. Im Moment brauchte sie auch noch nicht zu wissen, dass er kein Interesse an seiner so überraschend aufgetauchten Schwester hatte. Erst nachdem Joss ihm länger zugeredet hatte, war er bereit gewesen, sie wenigstens kennenzulernen.
„Dex ist noch in der Klinik, deshalb habe ich mich angeboten, Sie an seiner Stelle abzuholen.“ Joss lächelte höflich. „Es tut mir leid, dass Sie warten mussten. Ich habe Sie auch nicht gleich gefunden.“ Er deutete auf das alte Gebäude vor ihnen. „Wie sind Sie nur hierhergeraten?“
Sie verstand seine Frage nicht ganz. „Ich habe die Klinik gesucht.“
„Die Klinik? Sie dachten, das hier sei die Klinik?“ Ein nachsichtiges Lächeln spielte um seine Lippen, und sie wünschte, seine Augen sehen zu können.
„Ist sie das nicht? Ich hatte am Bahnhof den Stadtplan studiert, und da dachte ich …“ Melissa stockte. „Aber ich bin froh, dass es nicht dieses Gebäude ist.“
„Das hier ist das alte Krankenhaus. Kommen Sie, Dr. Clarkson, ich werde Sie zur neuen Klinik bringen.“ Er ließ ihre Hand los, um ihre beiden Koffer zu tragen.
Leicht verwirrt folgte sie ihm. Warum hatte er ihre Hand so lange festgehalten? Sie war eine Kollegin und ausschließlich dienstlich hier.
Scheinbar mühelos trug er ihre beiden Koffer vor ihr her. Bewundernd betrachtete Melissa seine breiten Schultern und das Muskelspiel seiner kräftigen Arme. Zu einem kurzärmligen Baumwollhemd trug er lange Kakishorts, seine Füße steckten in festen Arbeitsschuhen und weißen Socken. Die muskulösen Waden waren schön gebräunt, und er hatte einen knackigen Po, soweit man das bei dem Hemd, das er über der Hose trug, beurteilen konnte. Mit dem ledernen Buschhut auf dem Kopf sah dieser Mann gewiss nicht aus wie ein
Weitere Kostenlose Bücher