Julia Bestseller Band 145
die verängstigte Unschuld, Grace? Ich dachte schon, ich würde dich aus den Fängen eines echten Mistkerls retten, aber vielleicht habe ich auch nur eine ausgeklügelte Verführungsszene gestört?“
„Wie haben Sie mich gerade genannt?“, echauffierte sich Lipton.
„Salim, bitte …“
Graces Boss drehte sich zu ihr um. „Du kennst diesen Mann?“
„So viele Fragen“, spottete Salim, während er seinen Gegner kalt musterte. „Beantworten wir sie doch der Reihe nach. Was ich hier tue? Das ist einfach. Ich bin geschäftlich hier. Ob Ihre charmante Begleitung mich kennt?“ Ein eisiges Lächeln. „Sie kennt mich sehr gut. Auf intime Art und Weise, könnte man sagen.“
Grace wurde flammend rot.
„Und wie ich Sie genannt habe … ich habe Sie als Mistkerl bezeichnet, Lipton. Mein Name ist übrigens Salim al Taj.“
Kein Titel. Kein „Scheich“ oder „Kronprinz“. Das hatte Salim gar nicht nötig. Grace bemerkte, wie ihr Chef leichenblass wurde.
Es hatte eine Zeit gegeben, in der sie sich darüber gefreut hätte, dass ihr Liebhaber eine solche Macht besaß. Jetzt ließ es sie lediglich erschauern.
„Sie meinen – Sie meinen, Sie sind der Kopf von Alhandra Investments ? Sie sind der Scheich? Der Kronprinz von Senahdar?“
„Wie ich sehe, haben Sie von mir gehört“, entgegnete Salim sarkastisch.
Lipton schluckte schwer. „Euer Majestät. Euer Hoheit. Sir. Ich … ich bitte um Verzeihung. Ich hatte ja keine Ahnung, dass die Lady und Sie … dass die Lady … wenn ich gewusst hätte …“
„Wir sind nicht …“, wandte Grace verzweifelt ein und schaute von einem Mann zum anderen. „Ich meine, ich bin nicht … der Scheich und ich, wir sind nicht …“ Wie hieß es doch gleich, dachte sie fieberhaft. Vom Regen in die Traufe.
Salim legte einen Arm um ihre Taille.
„Ein Streit unter Liebenden“, erklärte er wegwerfend. Sein stechender Blick begegnete dem von Grace. „Oder täusche ich mich, habiba ? Vielleicht wäre es dir lieber, wenn ich ginge?“
Es hatte eine Zeit gegeben, als sie bei dem Kosewort weiche Knie bekam. Jetzt, wo sie wusste, dass er es ironisch meinte, war es nicht mehr als eine Obszönität.
„Zeit, Farbe zu bekennen, Sweetheart“, fuhr Salim sanft fort. „Entscheide dich, und zwar schnell.“
Eine Entscheidung, dachte sie und unterdrückte nur mit Mühe ein hysterisches Lachen. Sollte sie Salim wegschicken und sich Lipton ausliefern? Sie machte sich keine Illusionen darüber, was der Mann von ihr wollte.
Allerdings machte sie sich auch keine Illusionen hinsichtlich Salims. Sie wusste, wonach es ihn verlangte.
Rache.
Ein Mann wie er konnte nicht zulassen, dass sein Ego derart verletzt wurde. Er war wütend darüber, dass sie ihn ohne ein Wort der Erklärung verlassen hatte – oder noch schlimmer, dass sie ihn verlassen hatte, ehe er es tun konnte.
Sein Griff um ihre Taille verstärkte sich. „Also? Kommst du mit, oder soll ich dich hierlassen?“
Er klang wie ein Mann, der ganz genau wusste, dass eine Frau ihn niemals abweisen würde, doch der Druck seiner Hand machte deutlich, dass ihm allmählich die Geduld riss. Natürlich konnte es nur eine Antwort geben. Wenn Lipton sah, wie sie mit Salim davonging, würde sie später nicht fürchten müssen, dass er sich ihr erneut aufdrängte, wenn sie allein waren.
Grace holte tief Luft. „Gib mir einen Drink aus“, schlug sie betont lässig vor, „und wir unterhalten uns über alte Zeiten.“
Salims Augen funkelten. Alte Zeiten, in der Tat!
Er führte sie vom Hotel weg einen kleinen, ausgetretenen Pfad zum Strand hinunter. Dass sie sich so schnell entschloss, hätte er nicht erwartet. Vielleicht war die Szene, auf die er da gestoßen war, doch das, wofür er sie anfangs gehalten hatte: ein Schwein, das eine Frau bedrohte, die nichts mit ihm zu tun haben wollte. Zumindest war das sein erster Eindruck gewesen, weshalb er Lipton am liebsten zusammengeschlagen hätte. Nicht mal ein verlogenes Biest wie Grace verdiente es, so behandelt zu werden.
Doch ein Großteil seiner Reaktion hatte nichts mit Ritterlichkeit zu tun.
Sie gehört mir, dachte er, als er die schmierigen Finger des Bankers auf ihrem Arm sah. Er reagierte so, wie jeder andere Mann es auch getan hätte, der miterleben musste, wie eine Frau, mit der er mal zusammen gewesen war, von einem anderen berührt wurde. Gegen den Testosteron-Ausstoß konnte er nichts machen. Es ging also gar nicht so sehr um Grace an sich.
Ach was, ihm war völlig egal,
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