Julia Bestseller Band 145
Soll ich Miss Hunter suchen lassen? Oder Mr Lipton?“
„Nein, nein, das ist nicht nötig“, versetzte Salim und legte auf.
Was, wenn die Szene im Garten real gewesen war? Wenn Grace sich gegen einen Mann zur Wehr gesetzt hatte, der sie im schlimmsten Fall auch vergewaltigen würde?
Was, wenn genau dieser Mann ihr im Garten aufgelauert hatte?
Salim fluchte laut. Es gab nur eine Möglichkeit, es herauszufinden.
Im nächsten Moment stürmte er aus der Tür und rannte den schmalen Weg hinauf, der zum Hotel führte. Der Pfad schlängelte sich in steilen Kurven, die nur spärlich beleuchtet waren, sodass nichts von der Schönheit der Nacht ablenkte. Als er die erste Kurve hinter sich hatte, prallte er mit einem dunklen Schatten zusammen.
Grace.
Zwar konnte er ihr Gesicht nicht erkennen, doch er wusste ganz genau, wie sich ihr Körper anfühlte, wie perfekt sie in seine Arme passte.
Sie weinte. Und zitterte. Er schloss die Arme ganz fest um sie, woraufhin sie ihr Gesicht an seiner Schulter barg. Salim konnte hören, wie heftig ihr Herz pochte. Er wollte etwas sagen, um sie zu trösten, doch in ihm wuchs eine derart rasende Wut, dass sie jeden rationalen Gedanken hinwegfegte.
Lipton. Lipton! Dafür bringe ich dich um!
Aber das konnte er erst später tun. Jetzt musste er sich um Grace kümmern. Sie beruhigen. Er holte tief Luft. Konzentrierte sich ganz auf den Moment. Während er seinen Zorn zurückstellte, murmelte er tröstende Worte und streichelte ihr über den Rücken.
„Es ist alles in Ordnung, habiba “, raunte er. „Du bist jetzt in Sicherheit.“
Sie schüttelte den Kopf, wodurch einige der seidigen blonden Haarsträhnen seine Lippen streiften. Salim schloss die Augen und zog sie noch enger an sich. So hielt er sie, bis sich ihr Puls allmählich beruhigte. Dann umfasste er ihr Gesicht und schaute sie forschend an.
„Erzähl mir, was passiert ist.“
Grace schauderte.
„War es Lipton?“, fragte er gefährlich leise.
Erneut durchlief ein Zittern ihren Körper. Das genügte ihm als Antwort. Wieder loderte die Wut flammend heiß in ihm auf, bis sie drohte ihn regelrecht zu versengen.
„Hat er …“ Er konnte es nicht aussprechen. „Hat er … hat er dir wehgetan?“
Sie schüttelte den Kopf. „Er … er hatte nicht die Chance dazu …“ Ihre Stimme brach. „Ich habe mich gewehrt und … und …“
Salim legte die Hände um ihre Arme, woraufhin sie schmerzhaft zusammenzuckte. Sein Zorn wuchs ins Unermessliche.
„Er hat dir wehgetan!“, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
„Mein Handgelenk. Und mein Arm. Er hat mich gepackt und … und als ich versuchte, mich zu befreien, da hat er mir den Arm umgedreht und … und …“
Salim hob sie hoch und trug sie in die Villa. Da er das Licht im Wohnzimmer angelassen hatte, sah er sofort, dass Lipton ihr noch mehr angetan hatte.
Auf Graces linker Schläfe zeichnete sich ein hässlicher Bluterguss ab.
Für einen Moment verschwamm vor seinen Augen alles. Zum ersten Mal verstand er den Ausdruck „blind vor Wut“.
Noch einmal holte er tief Luft und bemühte sich um Fassung. Grace brauchte ihn jetzt. Also trug er sie in das große Marmorbad der Villa hinüber und setzte sie vorsichtig auf einem der Rattansessel ab, die auf das große Fenster zum Garten blickten.
„Grace.“ Er kniete sich vor sie und griff nach ihren Händen. „Du brauchst einen Arzt.“
„Mir … mir geht es gut.“
Was für ein Unsinn! Der Bluterguss an ihrer Schläfe, die Abdrücke auf ihrem Handgelenk und dem Arm …
„ Habiba . Ein Arzt …“
„Nein!“ Ihre Augen flehten um Verständnis. „Ich möchte nicht, dass mich jemand so sieht, Salim.“
„Also gut“, gab er nach. „Dann versprich mir, dass du hier sitzen bleibst, während ich Aspirin suche. Einverstanden?“
Sie nickte. Das allein war schon ein Indiz für ihr Trauma. Wenn Grace etwas nie gewesen war, dann gefügig.
Wo, zur Hölle, war ein weicher Waschlappen? Aspirin? Er riss die Schränke auf und fegte den kompletten Inhalt heraus. Badeöl. Seifen. Unmengen nutzlosen Zeugs. Man konnte doch wohl einen Erste-Hilfe-Kasten erwarten in einem Hotel, das dreitausend Dollar die Nacht kostete.
Da, endlich!
Salim öffnete den Kasten, nahm ein paar Tabletten heraus und füllte ein Glas mit Wasser. Dabei ermahnte er sich, ruhig zu bleiben. Er half Grace nicht, indem er sich von seinem Zorn überwältigen ließ.
Im nächsten Moment kniete er erneut vor ihr und streckte ihr die
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