Julia Bestseller Band 146
schmecken konnte. Ob die Haut an den andern Stellen ihres Körpers auch noch so glatt war wie in ihrem Gesicht? Schimmerte ihre Haut immer noch wie goldene Seide? Er sah vor sich, wie seine Hände darüber strichen … Dann runzelte er die Stirn, als seine Hände in seiner Vorstellung plötzlich durch ein anderes Paar ersetzt wurden – durch alte mit knöchernen Fingern, die zu dem Mann gehörten, den sie an seiner statt geheiratet hatte.
Wut flammte in ihm auf, zusammen mit galligem Abscheu und Verachtung. „Reden wir über deine Ehe“, sagte er unvermittelt.
Cristina versteifte sich, als hätte er sie geschlagen. „Mein Mann ist tot“, erwiderte sie kalt. „Und ich werde nicht mit dir über ihn reden.“
„Nicht einmal, um mich damit zu demütigen, dass du kaum einen Monat gewartet hast, um ihn zu heiraten, nachdem du mir den Laufpass gegeben hattest?“
Statt zu antworten, sah sie ihn nur vernichtend an.
„Ordoniz hat dich mittellos zurückgelassen. Ich kann verstehen, dass du lieber so tust, als hätte er nie existiert. Dein Vater war auch nicht besser. Er hat alles versetzt, was einigermaßen von Wert war – für den Marques-Stolz, an dem du so verzweifelt festhältst. Lass mich dir einen Rat geben: Sprich diesen Namen nie wieder so aus, als müsse er mir Respekt einflößen, denn das tut er nicht.“
„Fühlst du dich besser, wenn du solche Dinge sagst?“, fragte sie gepresst.
„Tut’s weh?“
„Sim.“ Warum abstreiten, was offensichtlich war?
Er nickte, verkniff sich das „Gut“, das ihm auf der Zunge lag. Es hing auch unausgesprochen deutlich im Raum. Er wollte Vergeltung für jede Grausamkeit, die sie ihm angetan hatte. Cristina zwingen, die Wahrheit über den Marques-Stolz zu schlucken, war nur der Anfang.
„Was sagt dir der Name Enrique Ramirez?“
Fast wäre Cristina schockiert aufgesprungen. Niemals hätte sie erwartet, diesen Namen in dieser Unterhaltung zu hören. Mit schier übermenschlicher Anstrengung hielt sie sich zurück. „Wer?“, fragte sie gefasst.
Luis war ihre erste Reaktion nicht entgangen. Mit zusammengekniffenen Augen taxierte er sie. „Enrique Ramirez“, wiederholte er. „Muss im gleichen Alter wie dein Vater gewesen sein und recht gut ausgesehen haben – ein Favorit bei den Damen. Ist durch Heirat reich geworden – Diamanten, Öl … Spielte Polo in der brasilianischen Nationalmannschaft. War wohl ziemlich bekannt.“
„Polo? Mein verstorbener Mann trainierte früher einmal Polo-Pferde.“ Cristina sah Luis nicht an. „Es war sein Leben, bis …“
Ihre Stimme erstarb, als eine lang zurückliegende Erinnerung sich ihr aufdrängte …
Ein kleines Mädchen, das unter der Absperrung hindurchkroch und aufs Spielfeld lief, ohne die Gefahr zu sehen. Wie hätte es die auch erkennen sollen? Die Kleine war viel zu jung, und sie liebte Pferde. Der Weg unterm Zaun hindurch war der kürzeste, um zu ihnen zu gelangen. Sie hörte noch das Donnern der herangaloppierenden Hufe, zu denen sie sich mit weit aufgerissenen Augen umdrehte, bevor sie vor Angst erstarrte. Das Pferd scheute und stieg auf die Hinterbeine, sein Reiter versuchte sich auf dem Pferderücken zu halten …
„Ja? Bis?“, hakte Luis nach, als sie nichts mehr sagte.
„Er … er hatte einen Unfall“, fuhr sie stockend fort. „Er kam unter die Hufe eines Pferdes und wurde schwer verletzt. Danach hat er sich von Pferden ferngehalten, aber …“
Cristina wurde bleich, als die Erinnerung sie erneut übermannte. Vaasco, wie er auf den Boden schlug, die tödlichen Hufe des Pferdes, die ihn fast zertrampelten. Das Tier war in Panik, versuchte sich aus den Zügeln zu entwirren, stieg immer wieder auf, mit ausgestreckten Vorderläufen, ein monströser Riese im Vergleich zu dem kleinen Mädchen …
Cristina atmete tief durch, um sich zu beruhigen. „Ich habe den Namen schon gehört, ja. Enrique Ramirez war der Mann, der unter Einsatz seines Lebens das Pferd von Vaasco wegzog. Ich … Vaasco verdankte ihm sein Leben.“
„Du hattest ‚aber‘ gesagt, bevor du bleich wie ein Laken wurdest.“
„Tatsächlich?“ Dieses bleiche Gesicht war völlig ausdruckslos.
„Wo bist du, Cristina?“, fragte Luis gepresst. „Warst du bei dem Unfall deines Mannes dabei?“
Ein seltsames Lächeln huschte über ihre blassen Lippen. „Das ist Jahre her. Ich war damals noch ein Kind.“
„Und dein Mann hat dir davon erzählt?“
Das Lächeln nahm einen bitteren Zug an. „Oh ja, allerdings.“
„Und
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