Julia Bestseller Band 146
sie auf eine Frau aus dem Dorf, die einen Putzeimer und einen Wischmopp trug. Auf ihre Frage wurde Cristina von der Frau schüchtern mitgeteilt, dass sie hier sei, um Orraca mit dem Haushalt zu helfen.
Luis, natürlich. Er hatte das veranlasst. Sie hatte sich die Schwäche erlaubt, an seiner Schulter zu heulen, und jetzt bildete er sich ein, er könne …
Der Gedankengang brach abrupt ab, als Cristina die Szene erfasste, die sich ihr in der Küche bot. Zuerst konnte sie nicht glauben, was sie sah. Da saßen Orraca und niemand anderes als Luis’ Mutter höchstpersönlich am Tisch beisammen und tranken Tee aus dem besten Porzellangeschirr. Mrs Scott-Lee sah bezaubernd aus in heller Bluse und Hose, das lange Haar fiel ihr weich über die Schultern.
„Ah, guten Morgen, Cristina“, grüßte sie herzlich.
„Guten Morgen.“ Nur die gute Erziehung machte es ihr möglich, den Gruß zu erwidern.
Mrs Scott-Lee lächelte. „Ich sehe, Sie sind überrascht. Das kann ich Ihnen nicht verdenken. Nun, wenn mein Sohn sich etwas vornimmt, setzt er es auch sofort in die Tat um. Kommen Sie, gesellen Sie sich zu uns. Orraca und ich schwelgen gerade in Erinnerungen an die guten alten Zeiten.“
„Wie … Seit wann sind Sie hier?“
„Ich kam erst vor einer guten halben Stunde an. Aber Antons Expertenteam ist schon seit den frühen Morgenstunden unterwegs.“
„Expertenteam?“
„Die Leute, die sich die Gegend beim Regenwald ansehen. Um sie unter Naturschutz stellen zu lassen. Anton hält es für das Beste, den offiziellen Weg zu gehen. Dann müssen Sie sich nicht mit gierigen Firmen wie dem Alagoas-Konsortium herumschlagen, die sich durch die Hintertür hereinschleichen wollen, sozusagen. Kommen Sie, setzen Sie sich“, forderte Mrs Scott-Lee Cristina erneut auf. „Orraca, meine Liebe, wären Sie so gut und würden noch eine Tasse bringen?“
Cristina konnte es nicht fassen, als Orraca sich bereitwillig erhob und eine weitere Teetasse aus dem Schrank holte. Niemand, und zwar absolut niemand, erteilte Orraca irgendwelche Anordnungen!
„Wo ist Luis?“, wollte sie scharf wissen.
„In Sao Paulo, er hat da irgendetwas Geschäftliches zu erledigen. Er lässt ausrichten, dass Sie erst einmal anständig frühstücken sollen, bevor Sie anfangen zu toben.“ Luis’ Mutter lehnte sich mit amüsiert funkelnden Augen zurück, und das war so entwaffnend, so unfair charmant, dass Cristina sich tatsächlich verdattert setzte und die Tasse Tee von Orraca annahm, die diese ihr mit einem ihrer unergründlichen Blicke hinstellte.
„Und du findest es völlig normal, fremde Leute durch mein Haus wandern zu lassen?“, hielt Cristina der alten Haushälterin vor.
„Das ist ein Architekt“, erklärte Mrs Scott-Lee sofort. „Ein Experte für die Restauration historischer Gebäude. Er hat sich auf Anhieb in Ihr Haus verliebt, Cristina, und Anton angefleht, ihm den Auftrag zu überlassen. Was frühstücken Sie üblicherweise, meu querida ?“
„Sie frühstückt nie.“ Es war das Erste, was Orraca sagte. „Sie isst auch nie zu Mittag. Warum, meinen Sie, ist sie so mager? Mir ist es unverständlich, dass ein so gut aussehender Mann wie Ihr Sohn sie überhaupt heiraten will.“
„Wie wäre es mit Toast?“, lenkte Luis’ Mutter höflich ab. „Normalerweise esse ich ja nie Butter, sie macht dick und ist ungesund fürs Herz, aber da Sie Ihre Butter hier selbst schlagen, kann ich nicht widerstehen.“
Orraca schlurfte davon, um gebutterten Toast zuzubereiten, während Cristina immer noch versuchte zu verstehen, was hier vor sich ging.
„Senhora Scott-Lee …“
„Bitte, nennen Sie mich Maria. Jeder nennt mich Maria, außer Anton natürlich. Wenn Sie möchten, können Sie mich auch Mutter nennen, wie er, obwohl ich das immer als schrecklich steif empfunden habe. So typisch englisch.“ Sie verzog leicht den Mund.
„Er ist Engländer“, sagte Cristina.
„Meinen Sie?“ Maria schaute nachdenklich drein. „Nun, für Sie muss er wohl so erscheinen.“
„Mrs … Maria …“
„Aber Sie haben seinen Onkel noch nicht kennengelernt. Maximilian. Also da haben wir wirklich den typischen Engländer, in seiner Glanzzeit mit Melone und Schirm und allem Drum und Dran. Heutzutage zieht er Tweed und einen Spazierstock vor.“
„Senhora …“
„Ah, da kommt das Frühstück. Orraca, Sie sind ein Schatz. Sagen Sie, haben Sie nicht Lust, mit mir nach London zu kommen?“
Cristina wurde klar, dass weitere Fragen ein müßiges
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