Julia Bestseller Band 146
wurde.“
„Es blieb keine Zeit. Du schliefst noch, und ich wollte Bewegung in die Dinge bringen. Meine Mutter …“
„Warum ist deine Mutter hier?“
„Ist sie nicht willkommen?“
„Natürlich ist sie das. Aber …“
„Sie möchte dir dabei helfen, das Brautkleid auszusuchen.“
„Luis, ich werde dich nicht heiraten!“
„Nicht schon wieder.“ Er seufzte. „Lass mich wissen, durch welche Tür ich diesmal gehen soll, damit du sie wieder blockieren kannst.“
Sie wurde rot vor Scham. Und das sollte sie auch. Dieses Spiel mit dem Provozieren machte Anton langsam keinen Spaß mehr. Er hatte gewusst, dass sie ihre Meinung ändern würde, sobald sie heute die Augen aufschlug.
„Ich werde dir etwas sagen, das ich mir geschworen hatte, niemals zu erwähnen. Aber da du ständig versuchst, mich dahin zu bringen, dich zu verlassen, habe ich es mir anders überlegt.“
Trotzig hob sie das Kinn. Anton überlegte, ob er einfach zu ihr gehen und sie küssen solle, bis ihr Hören und Sehen verging, entschied sich jedoch dagegen.
„Ramirez hat mich mit einem kleinen Satz dazu gebracht, nach Brasilien zu kommen – er bestand darauf, dass ich Wiedergutmachung leiste bei der Frau, die ich vor sechs Jahren in einer misslichen Lage zurückgelassen hatte.“
„Aber das hast du doch gar nicht getan!“
„Wirklich nicht?“ Grimmig musterte er ihr bleiches Gesicht. „Das dachte ich bisher auch. Ich hielt es eigentlich für angebracht, dass du mir eine Wiedergutmachung schuldest, nach dem Tritt, den du mir versetzt hast. Aber sieh dich nur an“, hielt er ihr schonungslos vor. „Sieh dir dieses zänkische, widerspenstige, unsichere Wesen an, das aus der wunderbaren, lebendigen, optimistischen Frau geworden ist, die ich einst kannte.“
Sie wurde noch bleicher, und Anton seufzte erneut. „Wärest du so geworden, wenn ich geblieben wäre? Wohl kaum. Dein Vater hätte dich nie an einen rachsüchtigen alten Mann verschachern können, weil du dann nämlich schon mir gehört hättest. Doch ich bin gegangen“, stieß er aus. „Deshalb stimmt Ramirez’ Vorwurf. Ich bin gegangen, weil ich nicht Manns genug war, um zu bleiben und herauszufinden, warum du mich getreten hast. Ich schulde dir etwas, querida . Für sechs lange Jahre, die du in einem leeren Vakuum verbracht hast, mit gebrochenem Herzen. Und das meinetwegen.“
Sie ging und ließ ihn stehen. Anton starrte auf die Tür, die sich hinter ihr schloss, und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Er wusste nicht, warum Cristina gegangen war oder was sie jetzt dachte. Er wusste auch nicht, ob er nicht gerade den größten Fehler seines Lebens begangen hatte mit seinem Eingeständnis, dass er sich schuldig fühlte.
11. KAPITEL
Cristina stand in ihrem Schlafzimmer am Fenster, als Orraca sie fand.
„Enrique Ramirez ist der papa des englischen gaucho . Das hat seine mamma mir gerade gesagt“, verkündete die alte Haushälterin. „Und Enrique ist der Mann, der dir das Leben gerettet hat, als ich Närrin damals deine Hand losließ. Er hat das Pferd weggezogen, hat sein Leben dabei riskiert. Wen interessiert schon dieser Widerling Ordoniz! Wenn Ramirez will, dass du seinen Sohn heiratest, dann bist du ihm das schuldig.“
„Jeder scheint hier irgendjemandem etwas zu schulden“, erwiderte Cristina.
„Sim“ , stimmte Orraca zu. „Schulden werden nur zur Last, wenn man sie nicht bezahlen will. Du willst deine Schulden bezahlen, aber hier bist du umgeben von bösen Geistern, die dir die Schulden unerträglich machen. Geh fort von hier, Cristina“, riet die Alte. „Heirate den Sohn von Enrique Ramirez, vergiss die bösen Geister und sieh, was das Leben für dich bereithält.“
„Etwa Glück?“ Cristina lächelte die alte Frau traurig an, die sie kannte, seit sie denken konnte.
„Wenn er Manns genug ist, dich von diesem Ort wegzureißen, so wie Ramirez damals das Pferd von dir weggerissen hat, dann ist er auch Manns genug, um dich glücklich zu machen.“
Vielleicht hatte Orraca ja recht. Vielleicht war es an der Zeit, die Gespenster der Vergangenheit abzuschütteln. Damit aufzuhören, ständig gegen Luis anzukämpfen.
„Seine mamma wartet unten auf dich, um mit dir nach Sao Paulo zu fahren“, fuhr Orraca fort. „Geh mit ihr, such das schönste Brautkleid aus, das du finden kannst, und heirate deinen englischen gaucho . Wenn sich herausstellt, dass er nicht gut genug für dich ist, kannst du immer noch hierher zurückkommen und unglücklich
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