JULIA COLLECTION Band 07
„Ist das zu fassen?“
Das folgende Schweigen bewies, dass Sawyer tatsächlich erstaunt war und mit dieser Antwort nicht gerechnet hatte. „Du kennst sie doch erst ein paar Wochen.“
„Ich habe sie fast vom ersten Moment an geliebt.“ Gabe nahm den Arm von den Augen und sah seinen Bruder an. „Es war wirklich merkwürdig. Kaum hatte sie sich vorgestellt, ging sie mir nicht mehr aus dem Kopf. Und das gefällt mir. Die Vorstellung, dass sie zurück aufs College geht, macht mich wahnsinnig. Jetzt weiß sie ja, wie sexy und verlockend sie ist, und dass jede Menge Männer es auf sie abgesehen haben werden. Ihr war das vorher nicht bewusst. Sie hielt sich für zu unscheinbar. Sie war wirklich zu still und angespannt. Aber jetzt …“
„Jetzt hast du sie verdorben?“
Gabe musste unwillkürlich grinsen. „So ungefähr. Sie kann so leidenschaftlich sein. Das ist eine der Eigenschaften, die ich am meisten an ihr liebe.“
Elizabeth war die beste Sexpartnerin, die er je gehabt hatte. Sie war offen und wild, im Geben wie im Nehmen. Gabe erschauerte bei der Erinnerung daran. Ebenso wichtig war ihm jedoch, wenn sie sich nach dem Liebesspiel ruhig miteinander unterhielten. Er erzählte ihr Geschichten von seiner Mutter, und Elizabeth erzählte ihm von ihrer Kindheit vor dem Unfall. Ihre Mütter waren offenbar völlig gegensätzlich gewesen, jedoch liebevoll und hingebungsvoll ihren Kindern gegenüber.
Elizabeth hatte mehrmals geweint, während sie über ihre Mutter sprach, doch es waren bittersüße Tränen der Erinnerung gewesen, keine der Reue oder Schuld. Gabe hoffte aufrichtig, dass sie die belastende Vorstellung überwand, sie könnte irgendwie für den Tod ihrer Mutter verantwortlich sein. Er konnte es nicht ertragen, dass sie diese Schuld mit sich herumtrug.
„Wie lange geht Elizabeth noch aufs College?“, erkundigte sich Sawyer.
„Das kommt darauf an.“ Gabe setzte sich auf, kreuzte die Unterarme über den Knien und schaute hinaus auf die Oberfläche des Sees. Es hatte ihn stets traurig gestimmt, wenn der Sommer zu Ende ging, aber nie so sehr wie jetzt. Denn diesmal bedeutete es, dass Elizabeth ihn verlassen würde.
„Worauf kommt es an?“, drängte Sawyer ihn.
„Was sie zu tun beschließt. Sie könnte leicht mit diesem Semester ihr Studium abschließen. Aber wie ich sie kenne, wird sie bestimmt noch weiterstudieren wollen. Sie ist so intelligent und entschlossen, so viel wie möglich zu lernen.“
„Es gibt Colleges in der Nähe, die sie besuchen könnte.“
„Davon hat sie bisher nichts gesagt.“ Gabe brauchte einen Moment, um die Worte zu formen, doch schließlich sagte er: „Ich will ihr nicht im Weg sein und sie dazu bringen, meinetwegen ihre Pläne zu ändern, wo ich nicht mal welche habe. Ich habe mein ganzes bisheriges Leben damit verbracht, herumzutrödeln, und sie ist so ernsthaft.“ Er sah zu seinem Bruder und fragte: „Welches Recht habe ich, ihr Leben durcheinanderzubringen, wenn ich mir über meines noch gar nicht klar bin?“
Sawyer schwieg eine Weile. Gerade als Gabe mit einer Dosis Mitgefühl rechnete, gab Sawyer einen missbilligenden Laut von sich und schüttelte den Kopf. „Das ist der blödeste melodramatische Unfug, den ich je gehört habe. Du willst ihr nicht im Weg sein? Herrje, Gabe, wie kann man einer Frau im Weg sein, indem man sie liebt?“
„Aber sie hat Pläne.“
„Du nicht? Ach ja, stimmt ja. Du sagst, du hättest dein ganzes Leben herumgetrödelt. Dann warst du es also nicht, der Ceily nach dem Feuer beim Wiederaufbau ihres Restaurants geholfen hat? Und du warst es auch nicht, der sich für Rosemary so ins Zeug gelegt hat, als ihr Dad krank war und sie Hilfe beim Bootsanleger brauchte? Ich bezweifle, dass es irgendjemanden in der Stadt gibt, für den du noch nichts gebaut, repariert oder renoviert hast.“
Gabe zuckte die Schultern. „Das sind belanglose Sachen. Du weißt, ich arbeite gern mit meinen Händen, und es macht mir nichts aus, anderen zu helfen. Aber es ist nicht wie ein echter Job. Ich sehe es noch genau vor mir, was für ein Gesicht Elizabeth gemacht hat, als sie herausfand, dass ich keine Arbeit habe. Und zurecht.“
„Ich verstehe. Nur weil du kein Büro in der Stadt hast, mit einem Schild an der Tür, hast du keine richtige Arbeit?“
Gabe runzelte die Stirn, nicht sicher, worauf Sawyer hinauswollte. „Du weißt, dass ich keine habe.“
„Der Punkt ist doch, dass du mit deinen Gelegenheitsarbeiten fast so viel verdienst wie ich
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