Julia Collection Band 09
– Abschreckung konnte nicht schaden – und riss die Tür weit auf. „Was zum Teufel wollen Sie?“, verlangte er zu wissen.
Der Nadelstreifen wich verblüfft einen Schritt zurück. „Ich … entschuldigen Sie die Störung, aber ich suche meine Verlobte.“ Er hielt Burt ein Foto hin. „Ich frage mich, ob Sie sie vielleicht gesehen haben.“
Burt log nicht gerne. Es war nun einmal unehrlich, wie man es auch betrachtete. „Die einzige Frau, die ich kürzlich gesehen habe, zieht in meinem Schlafzimmer gerade ihre Strumpfhose aus“, antwortete er wahrheitsgemäß. Er verschränkte die Arme vor der nackten Brust und sah den Mann vorwurfsvoll an. „Und ich war gerade dabei, ihr dabei zu helfen, als Sie uns unterbrachen.“
Das Grinsen des Mannes brachte Burt in Rage. Nichts würde ihm größere Freude bereiten, als ihm mit einem kräftigen Kinnhaken das lüsterne Lächeln aus dem käsigen Gesicht zu wischen.
Nicht nur der Nadelstreifenanzug war Burt an diesem Typen unsympathisch. Sein verschlagener Blick machte ihn nervös und verriet ihm deutlicher als Worte, dass irgendetwas an diesem Mann faul war.
„Dann lasse ich Sie wieder zu Ihrem nächtlichen Vergnügen zurückkehren“, sagte der Mann und holte eine Visitenkarte und einen Füller aus der Innentasche seines Jacketts. Er kritzelte etwas auf die Rückseite und reichte sie Burt. „Hier sind mein Name und meine Zimmernummer. Wenn Sie eine unscheinbare Frau in khakifarbenem Rock und weißer Bluse sehen, rufen Sie mich.“
Burt hielt sich nur mit Mühe zurück, ihm eins auf die Nase zu geben. Die Frau mochte ja keine Schönheit sein, aber sie verdiente es bestimmt nicht, von ihrem Verlobten als unscheinbar bezeichnet zu werden. Er drehte die Karte um, und tatsächlich, da hieß es: Patrick Elsworth, Konzessionierter Steuerberater. Burt zuckte die Achseln und wollte die Tür schließen.
„Sie trägt eine Brille mit schwarzem Gestell“, fügte Elsworth noch hinzu, aber Burt hatte ihm schon die Tür vor der Nase zugeknallt.
Er schob die Riegel vor, trat an den Schreibtisch und warf die Karte in den Papierkorb. Dann ging er ins Schlafzimmer zurück. Die Frau war nirgends zu sehen.
„Lady?“ Nichts. „He, Lady!“
Wohin, zum Kuckuck, mochte sie gegangen sein? War sie schon wieder auf dem Balkon? Oder noch schlimmer, womöglich auf dem Sims? Sein Herz klopfte unruhig bei der Vorstellung. Obwohl er die Frau nicht kannte, wollte er natürlich nicht, dass ihr etwas zustieß. Gerade als er auf dem Balkon nachsehen wollte, wurde die Tür zum Badezimmer einen Spaltbreit geöffnet.
„Ist er weg?“, flüsterte die Frau.
Burt nickte. „Heute wird er uns nicht mehr stören.“
Sie stieß die Tür weiter auf und blieb unsicher stehen. Mit ihrer Brille und dem skeptischen Blick in ihren grünen Augen erinnerte sie ihn an seine Grundschullehrerin Mrs. Andrews, als er versucht hatte, ihr weiszumachen, dass es nicht seine Absicht gewesen war, Susie Parker einen Grashüpfer in den Rückenausschnitt ihres Kleides zu stecken, sondern dass der kleine Racker da von selbst hineingesprungen war.
„Woher wollen Sie wissen, dass er nicht zurückkommt?“, fragte die Frau ihn.
„Weil ich ihm deutlich zu verstehen gab, dass ich eine weitere Störung ganz und gar nicht begrüßen würde“, sagte Burt. Er lächelte sie freundlich an, um ihr die Nervosität zu nehmen. „Es ist nicht meine Schuld, wenn er annimmt, dass ich es mir mit einem Rodeohäschen gemütlich machen will.“
„Wie bitte?“ Sie hinkte zur Tür. „Nein, sagen Sie es mir lieber nicht. Ich glaube, ich habe ungefähr eine Vorstellung, was Sie meinen.“
Burt folgte ihr ins Wohnzimmer der Suite. Die Fremde hatte ihr glattes hellblondes Haar aus dem strengen Knoten gelöst, und Burt war erstaunt, um wie viel jünger sie jetzt aussah. Als er sie zuerst durch die Glastür zum Balkon gesehen hatte, hatte er sie auf etwa Mitte oder Ende dreißig geschätzt. Aber jetzt kam sie ihm nicht älter als vier- oder fünfundzwanzig vor.
Es fiel ihm auch auf, dass sie die zerrissene Strumpfhose ausgezogen hatte. Er schluckte mühsam und wandte hastig den Blick von ihren wohlgeformten Waden und schlanken Knöcheln ab. Stattdessen starrte er auf ihre Füße und sah zu seiner Überraschung, dass sie ihre Zehennägel knallrot lackiert hatte. Wirklich sehr verblüffend, wenn man ihren ansonsten so – er weigerte sich, das Wort unscheinbar zu benutzen – so konservativen Aufzug bedachte. Ja, genau das war das Wort.
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