JULIA COLLECTION Band 14
Zulassung für das MIT kriegen würde. Aber auch wenn er so wütend auf mich ist, liebe ich ihn. Wenn ich doch bloß nicht so dumm wäre und wenn er mich doch nur ein bisschen gern hätte.
Willis’ Herz schlug schnell, und er blätterte vor bis zur letzten Seite.
Abschlussfeier. Ein merkwürdiges Gefühl. Einerseits bin ich froh, die Schule hinter mir zu haben. Aber ich werde W. nie wiedersehen. Er wird ans MIT gehen, und in seinem Leben ist kein Platz für mich. Ich würde so gern mit ihm gehen, aber alle würden mich auslachen. Ausgerechnet die dusselige Rosemary March bewirbt sich für das MIT. Der Witz des Jahrhunderts. Und wenn sie dann noch wüssten, dass es wegen W. ist …
Aber gerade weil W. so klug ist, liebe ich ihn. Ich finde In telligenz ungeheuer sexy. Selbst wenn ich nicht verstehe, was er sagt, fühle ich mich schrecklich angetörnt. Dabei ist mir ganz egal, dass er ein Gesicht hat wie ein Streuselku chen, denn das Aussehen ist ja nicht alles. Und auch wenn W. meint, ich hätte den IQ einer Zahnbürste, werde ich ihn immer lieben.
Willis’ Mund war trocken und sein T-Shirt feucht, als er hochblickte. Er fühlte sich um fünfzehn Jahre zurückversetzt. Rosemary hatte ihn geliebt, schon während ihrer Highschool-Zeit! So tief, wie eine Fünfzehnjährige nur lieben konnte. Und es hatte nichts mit dem Kommen oder Gehen des Kometen zu tun, sondern hatte bis zum Ende der Schulzeit gedauert. Willis konnte Bobrzynyckolonycki nicht dafür verantwortlich machen.
Willis sah nachdenklich zu Boden. Sie hatte ihn geliebt, ihn, einen dreizehnjährigen Jungen mit Zahnspange, geklebter Brille und einem Gesicht, das nur eine Mutter lieben konnte. Eine Mutter und ganz offensichtlich eine fünfzehnjährige Schönheit, die jeden Jungen hätte haben können. Ein Mädchen, das sich selbst in seinem Tagebuch als „dumm“, „unintelligent“ und „hirnlos“ bezeichnet hatte, weil Willis es so einschätzte.
„Das Aussehen eines Menschen ist nicht alles. In ihm kann sehr viel mehr stecken … Oh, Mann! Hatte er das nicht selbst mühsam lernen müssen vor langer, langer Zeit? Aber Rosemary hatte sich von seinem Äußeren nicht abschrecken lassen und hatte erkannt, was sich dahinter verbarg. Und in genau das hatte sie sich verliebt. In seine Intelligenz, in sein Superhirn, das allen überlegen war, wie er glaubte.
Und er war so dumm gewesen und hatte nicht erkannt, dass ein warmherziges, wunderbares, intelligentes und schönes Mädchen in ihn verliebt war.
Ob sie ihn wohl immer noch lieben könnte? War sie deshalb so merkwürdig gewesen, seit er wieder in Endicott war? Ob sie ihn nach all den Jahren noch liebte? Trotz seines groben und hässlichen Verhaltens ihr gegenüber? Und auch nachdem er sich wie ein dummer Junge aufgeführt hatte?
Er schüttelte langsam den Kopf und seufzte schwer. Wie, um alles in der Welt, hatte er sich selbst nur für so intelligent halten können? Und was konnte er tun, um Rosemary zurückzugewinnen? Oder war es bereits zu spät?
11. KAPITEL
Auch sechs Tage später konnte sich Rosemary immer noch nicht vorstellen, dass Willis und sie sich tatsächlich geliebt hatten. Bisweilen glaubte sie, alles nur geträumt zu haben, denn was in jener Nacht geschehen war, war zu schön, zu vollkommen und zu beglückend gewesen, als dass es wirklich geschehen sein konnte.
Dann aber erinnerte sie sich sehr deutlich an die Wärme seiner Haut, an seinen glatten, muskulösen Rücken. Sie konnte seinen Duft riechen, fühlte seinen Körper, der sich an ihren schmiegte, erlebte von Neuem das Glück der Erfüllung. Dann wusste sie ganz genau, dass sie sich wirklich geliebt hatten.
Und dass es nie wieder passieren würde.
Sie holte tief Luft und starrte auf den Computerbildschirm, ohne etwas zu sehen. Die Besucher des Kometenfestivals waren abgereist, und in Endicott war wieder Ruhe eingekehrt. Jetzt im Herbst war im Reisebüro nicht sehr viel zu tun, und so konnte Rosemary nur zu oft ihren Gedanken nachhängen, die ständig um Willis kreisten.
Vorübergehend hatte sie sogar mal die Hoffnung gehabt, dass sich alles wieder einrenken würde. Erst am Morgen, nachdem sie miteinander geschlafen hatten, war ihr klar geworden, dass sie nicht an Verhütung gedacht hatten. Und wenn sie ehrlich war, hoffte sie beinahe, schwanger geworden zu sein.
Warum, das konnte sie kaum sagen, denn sie wusste, dass es keine einfache Aufgabe war, ein Kind allein aufzuziehen. Außerdem würde ein Kind sie immer an diese
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