JULIA COLLECTION Band 14
„Möchtest du mich begleiten? Die Einladung gilt auch für einen Begleiter. Ich hätte dich schon längst gefragt, aber ich dachte, du würdest vielleicht nicht gern auf eine Hochzeit gehen.“ Da sie nicht wagte, ihm in die Augen zu sehen, aus Furcht vor dem, was sie darin lesen würde, wickelte sie einen Zipfel des Lakens um ihren Finger und wartete auf seine Antwort.
„Ich glaube nicht“, sagte er, ohne eine weitere Erklärung folgen zu lassen.
Jegliche Hoffnung, dass er seine Meinung vielleicht geändert hatte und bei ihr in Endicott bleiben würde, wurden durch seine schlichte Absage zunichte gemacht. Er hat es mir doch letzte Nacht schon deutlich genug gesagt, erinnerte sie sich. Er hatte ihr rundheraus klargemacht, dass er nicht an die große Liebe glaubte und höchstens kurze Zeit mit ihr zusammen sein würde.
Er war James Nash, Weltenbummler, Frauenliebhaber, Herzensbrecher. Es würde schon mehr brauchen als einen Kometen mit einem komischen Sinn für Humor, um das zu ändern.
„Na schön“, sagte sie und war erstaunt, wie fest ihre Stimme klang, wo doch etwas in ihr zerbrach. Sie rutschte zum Rand der Matratze und wickelte sich in die Decke. Ihre Kleidungsstücke lagen noch auf dem Boden verstreut, und ihr dämmerte, dass sie ziemlich seltsam aussehen würde, wenn sie morgens um zehn das Hotel in ihrem zerknitterten Cocktailkleid vom Abend zuvor verlassen würde.
Was soll’s, dachte sie und sammelte ihre Sachen ein. Das würde dem Klatsch neue Nahrung geben, und es würde in der ganzen Stadt die Gewissheit herrschen, dass sie nun keine Jungfrau mehr war. Schon bald würden die Männer der Stadt vor ihrer Tür Schlange stehen. War es nicht das, was sie die ganze Zeit gewollt hatte?
Sie hatte das letzte Kleidungsstück aufgesammelt und war auf dem Weg zum Badezimmer, als James sie rief. Sie drehte sich um. Er lag noch immer in der gleichen Haltung im Bett, wie sie ihn, verlassen hatte: Er sah zur Wand und hatte ihr den Rücken zugedreht.
„Ich …“, sagte er, ohne sich umzudrehen. „Ich werde meinen Aufenthalt in Endicott verkürzen und schon heute Nachmittag abreisen.“
Bitterkeit stieg in ihr auf, und sie war nicht sicher, ob sie ein Wort herausbringen würde. Dennoch räusperte sie sich und versuchte es. „Heute Nachmittag? Aber heute ist die Nacht, in der Bob der Erde am nächsten kommt. Ich dachte, du würdest bis dahin hierbleiben.“
Er sah noch immer zur Wand. „Das stimmt, aber eigentlich habe ich alles gesehen, was ich sehen wollte.“
Ebenso gut hätte er ihr ins Gesicht schlagen können, so sehr schmerzte sie dieser Verrat. Angesichts dieser Grausamkeit fehlten ihr die Worte. Daher flüchtete sie einfach ins Badezimmer, spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht und zog sich so schnell wie möglich an.
Sie hatte vorgehabt, ohne einen weiteren Blick zurück, ohne ein weiteres Wort zu verschwinden, um sich nicht anmerken zu lassen, wie tief verletzt sie war. Doch als ihre Hand auf dem Türknauf lag, wurde ihr klar, dass sie die Dinge nicht so belassen durfte. James Nash war ihr erster Liebhaber und ihre erste Liebe. Ihr ganzes Leben lang würde er der erste sein – und vielleicht auch der einzige bleiben. Kirby wollte ihr erstes Mal nicht durch einen schmerzlichen Abschied trüben.
Daher drehte sie sich um und sah, dass er aus dem Bett aufgestanden war und einen burgunderroten Seidenbademantel trug. Er stand am Fenster neben einem Teleskop, das viel größer war als eines für herkömmliche Hobbyzwecke. Zwei Dinge wurden ihr plötzlich nacheinander klar. Erstens verstand sie jetzt, wie er sie hatte nackt sehen können, und zweitens, dass sie ihn immer lieben würde, ganz gleich, was er gerade gesagt hatte.
„Ich werde dich vermissen, James“, erklärte sie leise.
Bei diesen Worten drehte er sich um, als könnte er sich nicht länger distanziert geben. Allerdings hatte Kirby keine Ahnung, was er dachte. Er schwieg noch immer, und ihr Mut sank.
„Ich werde mich immer liebevoll an dich erinnern“, fügte sie hinzu.
Er richtete den Blick zu Boden, und einen Moment lang dachte Kirby aus irgendeinem Grund, es geschehe schuldbewusst. So weit bist du gekommen, sagte sie sich. Er würde in wenigen Stunden abreisen, und sie würde ihn nie wiedersehen.
„Ich bin froh, dass du mein erster Liebhaber warst“, gestand sie, drehte den Türknauf und öffnete die Tür zum Hotelflur. Ein letztes Mal drehte sie sich um. „Ich bin deshalb froh, weil nicht viele behaupten können, dass
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