Julia Collection Band 23
hatte die Schindeln letztes Jahr besorgt und dann liegen lassen, weil es kaum geregnet hatte. Jetzt schien der richtige Moment zu sein, sich darum zu kümmern – und vom Dach hatte man einen guten Blick auf den Strand, wo Sydney und die Männer nach Schätzen suchten.
Erstaunlich, dass die drei Alten nach ihr gefragt hatten. Man konnte sie nicht wirklich Einsiedler nennen, aber viel fehlte nicht. Offensichtlich war sie gestern gut mit ihnen zurechtgekommen. „Sie hat so was an sich …“, hatte Turk gebrummt, bevor er sich Erasmus und Euclid zugesellte.
Ja, das hat sie, gab Hugh bereitwillig zu. Niemand, der ihr begegnete, konnte ihr widerstehen, er am allerwenigsten.
Er liebte sie. Er sehnte sich nach ihr. Wo immer er war, was immer er tat, sie ging ihm nicht aus dem Kopf. So wie jetzt. Alle fünf Minuten unterbrach er seine Arbeit, um ihr zuzusehen, wie sie mit ihren drei Anbetern nach Strandgut suchte, ihre Funde bewunderte, ihre eigenen vorzeigte. Er hätte schon längst fertig sein können, aber es machte ihm Spaß, sie zu beobachten.
Sie sah so glücklich aus. Ein Mal drehte sie sich um und winkte ihm zu, und nach kurzem Zögern winkte Hugh zurück. Vielleicht täuschte er sich, vielleicht könnte sie wirklich hier leben und mit ihm glücklich werden. Wenn sie solche Freude daran hatte, mit drei alten Männern nach Strandgut zu suchen, dann … dann war es doch denkbar, oder etwa nicht?
„Bin ich hier bei Mr. McGillivray?“, fragte eine Stimme.
Er schreckte aus seinen Träumereien und sah sich nach dem Sprecher um. Unten stand ein Fremder in weißen Segeltuchhosen und einem blauen Polohemd. Er war hochgewachsen und schlank, das blonde Haar sorgfältig frisiert.
Wahrscheinlich jemand, der vom Sturm überrascht worden ist und jetzt so schnell wie möglich wegwill, ging es Hugh durch den Kopf. Der Mann sah nach Geld aus.
„Ja …“, erwiderte er, „… ich bin Hugh McGillivray. Kann ich etwas für Sie tun?“
„Allerdings. Sie können mir sagen, wo ich Margaret St. John finde. Mein Name ist Roland Carruthers.“
10. KAPITEL
Für den Bruchteil einer Sekunde stand die Welt für Hugh kopf.
Anscheinend sah man ihm seine Überraschung an, denn Roland Carruthers zuckte mit den Schultern und sagte: „Ich bin wohl falsch informiert. Bitte entschuldigen Sie.“ Er wandte sich zum Gehen.
„Einen Augenblick!“
Roland blieb stehen und drehte sich um. „Wissen Sie, wo sie ist?“
Hugh sah Sydney etwa einen Kilometer entfernt am Strand entlanggehen, aber das sagte er Carruthers nicht. Er stand auf und wischte sich die schmutzigen Hände an den Shorts ab. Sein Herz klopfte wild. „Vielleicht“, erwiderte er. „Was wollen Sie von ihr?“
Carruthers zögerte. „Es handelt sich um eine persönliche Angelegenheit. Wenn Sie mir nur sagen, wo sie wohnt, dann …“
„Sie wohnt hier.“
„ Hier?“, fragte Roland herablassend. Da er jedoch zu McGillivray hinaufschauen musste, verlor seine Hochnäsigkeit etwas von ihrer Wirkung.
„Ganz recht.“ Für Hugh war es einfacher, ihn von oben herab anzusehen, und er genierte sich nicht. „Gibt es daran etwas auszusetzen?“
Carruthers presste die Lippen zusammen und trat dann einen Schritt zurück. „Nein, natürlich nicht. Ich bin sicher, Margaret ist Ihnen für Ihre Gastfreundschaft sehr dankbar. Wenn es Ihnen recht ist, hole ich jetzt ihre Sachen.“
Hugh legte den Hammer auf das Dach, dann sprang er und landete direkt vor dem überraschten Besucher.
„Das werden Sie nicht“, sagte er liebenswürdig.
Roland räusperte sich. Nervös fuhr er mit dem Finger unter den Hemdkragen, als wäre er ihm auf einmal zu eng. Da er offen stand, war das nicht gut möglich. „Wie Sie möchten. Dann warte ich, bis sie zurückkommt.“
„Das überlasse ich Ihnen.“ Er hakte die Daumen in die Gürtelschlaufen der Shorts und musterte Carruthers aus zusammengekniffenen Augen. Sydney hatte nicht übertrieben: Der Mann war arrogant und ausgesprochen unangenehm. „Ich bezweifle allerdings, dass sie sich über Ihre Ankunft freut.“
„Ich bin sicher, Sie täuschen sich. Sie wird im Gegenteil sehr froh sein, mich zu sehen. Ich bin ihr Verlobter.“
„Nein“, sagte Hugh. „Das sind Sie nicht.“
„Und was …“, erwiderte Roland hochmütig, „… veranlasst Sie, Mr. McGillivray, an meinen Worten zu zweifeln?“
„Ich bin mit ihr verheiratet.“
Sydney traute ihren Ohren nicht. „ Was sind wir?“
Hughs Mitteilung von Rolands Ankunft war unerfreulich,
Weitere Kostenlose Bücher