Julia Collection Band 23
Überall ließ er sich Kleider und Hosen, Blusen und Röcke zeigen, entschied, was sie anprobieren sollte, begutachtete sie kritisch und sagte, was ihm gefiel und was nicht. Er war in seinem Element. Mürrisch fragte sie sich, wie vielen Freundinnen er bisher den gleichen Dienst erwiesen hatte, obwohl ihr das eigentlich gleichgültig sein konnte. Dass es sie dennoch störte, ärgerte sie noch mehr, und sie warf ihm finstere Blicke zu.
„Machen Sie nicht so ein Gesicht“, sagte er. „Drehen Sie sich um, damit ich den Rücken sehen kann.“
„Ich frage mich, was Sie sehen wollen“, murrte sie. „Es hat keinen Rücken.“ Das Kleid, das sie gerade anprobierte, war hinten bis zur Taille ausgeschnitten. Es war hübsch und bunt und ausgesprochen feminin, und Taschen hatte es auch nicht. Wo sollte sie mit den Händen hin?
„Sehr hübsch“, schnurrte er und wandte sich an die Verkäuferin. „Wir nehmen es.“
„Habe ich gesagt, dass ich es möchte?“, protestierte Molly.
„Aber es steht Ihnen wirklich gut“, versicherte die Verkäuferin. „Sie wollen Ihrem Freund doch sicher gefallen.“
„Er ist nicht mein Freund.“
„Ich bin ihr Lehrer“, erklärte Joaquin der Angestellten dermaßen gönnerhaft, dass Molly ihn liebend gern erdrosselt hätte.
„Hier“, sagte er. „Probieren Sie das an.“ Er reichte ihr ein Etuikleid aus grüner Seide.
„Das gefällt mir nicht. Es sieht aus wie ein Bleistiftetui.“
Wortlos legte er es ihr über den Arm.
„Tyrann!“, murrte sie und verschwand in der Ankleidekabine. Als sie sich endlich hineingezwängt hatte, saß das Kleid wie eine zweite Haut. Natürlich hatte es keine Taschen.
„Ich finde, es sieht nach gar nichts aus“, murrte sie, als sie aus der Kabine kam.
„Im Gegenteil, es ist fantastisch. Je einfacher, umso besser. Sie brauchen keine Rüschen und dergleichen Firlefanz, das ist für Frauen, die von ihrer Figur ablenken müssen. Sie, querida, haben das nicht nötig.“
Die Art, wie er sie dabei ansah, ließ Molly das Blut in die Wangen steigen, sie fühlte sich plötzlich unglaublich feminin und sexy und gleichzeitig ein bisschen wagemutig.
So hat Carson mich noch nie angesehen, ging es ihr durch den Kopf, und dieser Gedanke wirkte wie ein Dämpfer.
Aber nicht für lange.
Als Joaquin ihr auf der Straße wieder den Arm reichte, zögerte sie, doch dann hängte sie sich bei ihm ein. Es gehörte mit dazu und hatte nichts zu bedeuten.
„Sehr gut“, lobte er. „Jetzt gehen wir essen, und Sie können mit mir flirten.“
„Ich werde mein Bestes tun“, erwiderte sie mit einem koketten Zwinkern.
Ihre mutwillige Geste wurde ihm fast zum Verhängnis. Mit den grünen Augen, dem schimmernd tizianroten Haar und dem unwiderstehlichen Lächeln war Molly McGillivray die personifizierte Versuchung.
Während des Mittagessens hörte sie nicht auf, mit ihm zu flirten, wobei er sie nach Kräften unterstützte. Sie war erfrischend natürlich, und er fand es unmöglich, sich ihrem Zauber zu entziehen.
Als der Kellner kam, um die Teller wegzuräumen, bestellte er Kaffee, und Molly griff nach der Speisekarte, um ein Dessert auszusuchen.
„Mir ist nach etwas richtig Dekadentem zumute. Hm, das klingt gut.“ Sie wandte sich an den Kellner. „Ich hätte gern die Sündhafte Versuchung .“
Joaquin bekam einen Hustenanfall, und sie lachte. „Es ist Schokoladentorte, nichts weiter, aber ich finde, es passt. Sie nicht auch?“
Er nickte nur, immer noch sprachlos.
Als der Nachtisch gebracht wurde, gab sie ihm ein Stückchen zum Probieren. Es schmeckte ausgezeichnet, aber bei Weitem nicht so gut wie der Tupfen Schlagsahne, den er kurz darauf von ihrem Mund abwischte.
Sie zuckte ein wenig zurück und fuhr mit der Zungenspitze über die Stelle, die er berührt hatte. Unwillkürlich zog Joaquin den Atem ein.
„Ist was?“
„Nein.“
„Habe ich immer noch Sahne im Gesicht?“, fragte sie und griff nach der Serviette. „Oder ist Ihnen langweilig?“ Sie machte Anstalten aufzustehen. „Von mir aus können wir gehen.“
Er hielt sie fest. „Essen Sie Ihren Nachtisch. Sie können mir ja noch einen Bissen abgeben.“
„Na schön, teilen wir.“ Sie spießte ein Stückchen Torte auf die Kuchengabel und hielt es ihm hin, bevor sie den nächsten Bissen in den Mund steckte. Auf diese Weise aßen sie das Dessert, während sie sich nicht aus den Augen ließen. Es war der sinnlichste Nachtisch, den Joaquin in seinem Leben gegessen hatte, sündhaft bis zum
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