Julia Collection Band 23
heute noch um sie.“
Carson Sawyer, der Musterknabe, ging es Joaquin durch den Kopf. Fleißig, entschlossen, sparsam und loyal.
„Heute gehört ihm eine ganze Flotte“, fuhr Lachlan fort. „Er besitzt Grundstücke auf mehreren Inseln und ist an zwei oder drei Unternehmen in den Staaten beteiligt. Bei seinem letzten Besuch hat er mir erzählt, dass er daran denkt, sein Geschäft nach Europa und in den Südpazifik auszudehnen. Sein Ehrgeiz kennt keine Grenzen, aber er hat dabei nie vergessen, woher er kommt. Er ist ein Pfundskerl, mit dem man Pferde stehlen kann.“
Möglich – aber seine Verlobte vernachlässigte er.
„Ich höre, du warst vorgestern mit Molly im Grouper“, sagte Lachlan jetzt. Er lehnte sich vor und sah seinem Freund in die Augen.
Auch Joaquin setzte sich gerade. „Das stimmt.“
Sie sahen sich an, und keiner sagte etwas. Lachlans Augen waren nicht grün, sondern blau, aber sein Blick war ebenso eindringlich wie der seiner Schwester.
„Ich mag Molly“, sagte Joaquin schließlich. „Sie ist ein nettes Mädchen.“
„Das ist sie, wenn auch nicht besonders lebensklug.“
„Warum erzählst du mir das?“
„Damit du ihr nicht zu nahe trittst.“
Joaquin machte ein entschlossenes Gesicht. „Vielleicht solltest du Carson Sawyer das Gegenteil empfehlen.“
Lachlan runzelte die Stirn. „Was willst du damit sagen?“
„Wenn er ihr Verlobter ist, warum ist er dann nicht hier? Warum hält er sie hin, anstatt sie zu heiraten?“
„Das geht mich nichts an und dich auch nicht.“ Seine Augen wurden schmal. „Oder hast du Molly vielleicht gefragt?“
„Nein.“ Aber sie hat es mir gesagt, fügte Joaquin im Stillen hinzu.
„Ich nehme an, dass die beiden heiraten, wenn sie so weit sind“, fuhr Lachlan fort. Ein Lächeln spielte um seine Lippen. „Vielleicht lässt sich Carson von Mollys neuem Look inspirieren.“
Unwillkürlich ballte Joaquin die Fäuste. „Vielleicht. Ich hoffe nur, es ist nicht das Einzige, was ihn inspiriert.“
Lachlan zog die Brauen hoch. „Seit wann spielst du dich als Beschützer der verlobten Weiblichkeit auf?“
Joaquin stand auf. „Unsinn, wir haben zufällig darüber gesprochen, das ist alles.“
„Und dabei wird es hoffentlich auch bleiben“, erwiderte Lachlan nachlässig, doch die Warnung in seiner Stimme war nicht zu überhören. Auch er erhob sich. „Ich brauche eine Dusche. Kommst du mit nach Hause? Wir laden dich zum Essen ein.“
„Nein. Trotzdem – danke für die Einladung.“
Als sie zusammen das Büro verließen, legte McGillivray dem Freund eine Hand auf die Schulter. „Carson ist in Ordnung, mach dir wegen Molly keine Sorgen. Die beiden werden sich schon einigen, wahrscheinlich früher als erwartet.“ Er warf Joaquin einen Seitenblick zu. „Wie sieht es bei dir aus? Warum suchst du dir nicht selbst eine Frau?“
„Dafür habe ich meine Mutter.“
Lachlan lachte. „Dann ruf sie halt an und sag ihr, sie soll damit anfangen.“
„Das hat sie schon längst. Warum glaubst du, dass ich hier bin?“
„Du Ärmster.“ Er grinste, dann wurde er ernst. „Ist sonst alles in Ordnung? Ich will mich nicht in deine Angelegenheiten mischen, aber wenn ich dir irgendwie helfen kann …“
„Danke, aber mir geht es gut. Geh heim und dusche. Bis bald.“
Lachlan zögerte, dann zuckte er mit den Schultern und versetzte Joaquin einen kameradschaftlichen Boxhieb. „Mach keine Dummheiten – wenigstens nicht solche, die ich nicht auch gemacht habe.“ Mit einem Augenzwinkern wandte er sich ab, durchquerte das Foyer und verließ das Hotel.
Joaquin sah ihm nach. Lachlans Rat kam ein wenig spät: Eine Dummheit hatte er bereits begangen: Er hatte Molly geküsst. Und wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er es nicht dabei belassen.
Nachdenklich strich er mit der Hand über sein unrasiertes Kinn: Müdigkeit überkam ihn. Langsam ging er die Treppe hinauf und in sein Zimmer.
Der nächste Tag verging, und Molly sah oder hörte nichts von Joaquin. Das war auch ganz in Ordnung.
Auch am Tag darauf begegnete sie ihm nicht, und sie kam nicht umhin, sich zu fragen, ob er ihr vielleicht absichtlich aus dem Weg ging. Oder sie ihm.
Vielleicht mieden sie sich unbewusst. Vielleicht wartete jeder darauf, dass der andere den ersten Schritt tat. Vielleicht …
Vielleicht bin ich dabei, den Verstand zu verlieren, dachte sie gereizt.
Unruhig lief sie in ihrem Wohnzimmer auf und ab. Sollte sie ihn anrufen? Natürlich erwartete sie nicht, dass er Tag
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