Julia Collection Band 23
schüttelte er den Kopf. Nein, er musste sie sehen, jetzt gleich. Den ganzen Tag hatte er sich nach ihr gesehnt. Er musste sie in die Arme nehmen und ihr sagen, wie sehr sie ihm gefehlt hatte.
Er holte ein Buch über Bildhauerei, das er in Nassau für sie gekauft hatte, aus dem Aktenkoffer und machte sich auf den Weg.
Aber als sie nach langem Klopfen endlich die Tür aufmachte, sah er sofort, dass etwas nicht stimmte. Ihre Augen waren gerötet, als habe sie geweint. Das Lächeln verschwand von seinen Lippen.
„Was ist geschehen?“
Sie starrte ihn an, dann riss sie das Buch aus seiner Hand und warf es ihm an den Kopf. Unwillkürlich duckte er sich; es traf ihn an der Schulter und landete auf der Veranda. „Fiona! Was ist los?“
„Ich bin ein Idiot, das ist los.“ Sie versuchte, die Tür zuzuschlagen, aber er schob den Fuß in die Öffnung und drängte sich ins Haus. „Es tut mir leid, dass ich heute Morgen nicht da war, aber ich …“
„Und mir tut es leid, dass du gestern Nacht da warst. Für wie dumm hältst du mich eigentlich?“
„Ich verstehe nicht, was du meinst.“
„Verschwinde! Nimm das dämliche Netz – das du in Eden Cove gefunden hast – und geh mir aus den Augen.“
Lachlan erstarrte. Das hätte er sich denken können.
Hugh … Sie musste mit Hugh gesprochen haben.
Warum konnte sein Bruder nicht den Mund halten? Jetzt hatte er die Bescherung.
Hugh war schuld.
War er es?
Nicht wirklich. Er hätte Fiona gestern die Wahrheit sagen sollen.
„Ich verstehe, dass du böse bist …“
„Böse? Ich bin außer mir! Wie konntest du es wagen, zu behaupten, dass du das Netz gefunden hast?“
„Ich habe es gefunden.“
„Du hast es vor zwanzig Jahren aus dem Meer gefischt. Und nicht in Eden Cove, sondern hier, am Strand von Pelican Cay.“
„Welchen Unterschied macht das schon? Zum Kuckuck, Fiona – es kommt aus dem Meer, genau wie das andere Zeug, das du am Strand aufsammelst. Ich habe es weder gekauft noch gestohlen. Und ob ich es gestern oder vor zwanzig Jahren gefunden habe …“
„Für mich ist das nicht das Gleiche. Und das weißt du, sonst hättest du mich nicht angelogen.“
Womit sie recht hatte.
Erregt lief sie im Wohnzimmer auf und ab, dann blieb sie vor ihm stehen. „Und dann ist da noch etwas – warum in Eden Cove, Lachlan? Warum nicht hier auf der Insel?“
Er schwieg. Die Antwort zu dieser Frage wussten sie beide.
Es ging nicht um das Netz, sondern um sie und um ihn.
Was gestern geschehen war, wäre hier nicht möglich gewesen. Hier gab es keine Abgeschiedenheit, kein romantisches Idyll. Er hätte sie nicht am Strand lieben können, und sie hätte sich nicht in ihn verliebt.
„Ich wollte mit dir allein sein …“, begann er.
„Um die Gelegenheit auszunutzen.“
„Das habe ich …“
„Scher dich zum Teufel. Du hast bekommen, was du wolltest. Von jetzt an kannst du blaue Badeanzüge sammeln. Verschwinde. Ich will dich nicht mehr sehen.“
„Fiona! Hör mir doch zu!“
„Warum sollte ich?“ Mit aller Macht kämpfte sie gegen die aufsteigenden Tränen.
Er machte einen Schritt auf sie zu und streckte dabei seine Hand aus, um sie in die Arme zu nehmen. Sie trat ihn ans Schienbein.
„Verschwinde, sage ich! Und das hier …“, sie griff nach einem sperrigen, in ein Tuch gehüllten Objekt, „… kannst du gleich mitnehmen, bevor ich es in tausend Stücke schlage.“
Wortlos nahm er die Skulptur, drehte sich um und ging. Er war jetzt ebenso zornig wie sie, und es war ihm egal, ob die Nachbarn den Streit mit angehört hatten und ihm jetzt nachschauten.
Wie konnte sie ihn so missverstehen?
Was er getan hatte, war die einzige Möglichkeit gewesen, aus der Sackgasse, in der sie sich befanden, herauszufinden. Sie hatte jeden Versuch, sich näherzukommen, im Keim erstickt. Was blieb ihm da anderes übrig, als zu einer List zu greifen?
Und es war keineswegs so, dass sie nicht auch gewollt hatte, ganz im Gegenteil. Ihr Verlangen nach ihm war ebenso stark wie seins nach ihr. Sie konnte ihm nichts vormachen.
Ganz davon abgesehen handelte es sich auch nicht nur um Sex. Hatte er nicht an sie gedacht, an ihren Strandkönig? Aus welchem Grund hätte er ihr sonst das Netz zugespielt?
Sie würde es verstehen – musste es verstehen –, wenn sie sich erst einmal beruhigt hatte.
Er ließ das Buch auf der Veranda, wo sie es morgen finden konnte. Dann würde sie einsehen, dass ihm ihr Interesse am Herzen lag, dass es ihm um sie ging.
Dann würde sie zu ihm
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