Julia Collection Band 23
innerhalb von ein paar Tagen mit, dass für das Herbstsemester keine Plätze mehr frei waren, wogegen der Brief aus Italien auf sich warten ließ. Es war die Schule, deren Antwort Fiona mit größter Ungeduld entgegenfieberte, an der sie schon seit Jahren interessiert war. Hier lernte jeder Schüler bei einem Meister – wie früher schon die großen Bildhauer. Auf Empfehlungsschreiben legte man keinen besonderen Wert – nur Talent entschied, ob man akzeptiert wurde oder nicht.
Und trotz aller Zweifel, trotz aller Bedenken hoffte sie – weil sie schon so lange davon träumte, Bildhauerin zu werden, und weil sie Pelican Cay unter allen Umständen verlassen musste. Die Insel war nicht groß genug für sie und für Lachlan.
Heute war der Brief endlich angekommen, ein dünner Umschlag, den sie mit zitternden Händen aufriss.
Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass Ihr Werk, obwohl es Talent beweist, zu kommerziell ist und unseren Anforderungen nicht entspricht.
Womit sie nur die Wahrheit sagten. Alles, was Fiona bisher gemacht hatte, waren Metallfiguren, Muschelskulpturen, Schnitzereien aus Treibholz und ein paar Pelikane aus Ton. Sie entsprachen dem Geschmack von Touristen, die nach einem hübschen Andenken suchten. Selbst der Strandkönig hatte keinen wahren künstlerischen Wert – den besaß nur Lachlans Skulptur, ihre beste Arbeit und die einzige, die in der Mappe nicht enthalten war. Sie hatte ihm versprochen, sie niemandem zu zeigen, und sie hatte ihr Versprechen gehalten.
Der Traum vom Studium würde sich also nicht erfüllen, doch das änderte nichts an der Tatsache, dass sie nicht bleiben konnte. Ein Blick auf ihn, als er in der Tür gestanden hatte, war genug gewesen, um sie davon zu überzeugen.
Ihm ständig zu begegnen, sich tagein, tagaus nach ihm zu sehnen, war mehr, als sie ertragen konnte. Sie liebte ihn, und er hatte sie belogen und manipuliert. Wie sollte sie ihm da je wieder vertrauen?
„Was soll ich bloß tun, Sparks?“, fragte sie, als der Kater sich an ihren Beinen rieb.
Seine Antwort ließ nicht auf sich warten: Er sah nach dem Kühlschrank und dann auf seinen Futternapf.
Obwohl ihr nicht danach zumute war, musste Fiona lachen, aber es hörte sich eher wie Schluchzen an. „Du hast ja recht“, sagte sie. „Ich meinte nur – nach deinem Abendessen?“
„Ich kann es immer noch nicht glauben, dass man ihr abgesagt hat.“
Wie ein gefangenes Raubtier tigerte Molly durch die Werkstatt. Sie sah aus, als wolle sie im nächsten Moment etwas in Stücke schlagen.
Lachlan, der gekommen war, um für morgen einen Flug nach Nassau zu reservieren, kannte seine Schwester gut genug, um ihr nicht zu nahe zu kommen – oder ihr zu gestehen, dass ihm die Absage alles andere als unlieb war. Es gab ihm einen Aufschub, eine Chance, Fiona nicht zu verlieren.
„Nur weil sie nichts von dem üblichen Kram vorzuzeigen hat“, schimpfte Molly und hieb mit dem Schraubenschlüssel in ihrer rechten Hand in die Handfläche der linken.
„Was meinst du damit?“, wollte er wissen. Er hatte keine Ahnung, warum man Fiona nicht akzeptierte, und ehrlich gesagt interessierte es ihn auch nicht.
„Sie sagen, ihre Sachen sind zu kommerziell. Dass sie Talent beweisen, aber kein Engagement, keine Disziplin. Das zeigt lediglich, dass diese Leute nicht wissen, wovon sie reden. Ich wüsste gern, wer engagierter – oder disziplinierter – ist als Fiona Dunbar.“
Lachlan runzelte die Stirn. „Bist du sicher, dass sie das gesagt haben?“
„Natürlich bin ich sicher, ich habe doch den Brief gelesen. Idioten! Ist es ihnen nicht in den Sinn gekommen, dass sie vielleicht andere Verpflichtungen hatte? Was wissen die schon von ihrem Vater und von den Jahren, in denen sie ihn gepflegt hat? Am liebsten würde ich …“ Wütend warf sie den Schraubenschlüssel auf die Werkbank, dann fuhr sie herum und starrte Lachlan unfreundlich ins Gesicht. „Warum bist du eigentlich hier? Was willst du?“
„I…ich …“ Er trat einen Schritt zurück – wenigstens hielt sie jetzt keine Waffe mehr in der Hand. „Ich komme später wieder. Es eilt nicht.“
Eine Woche später kam der Anruf.
Fiona wollte sich gerade auf den Weg zur Arbeit machen. Sie war müde und deprimiert und verstand zuerst nicht, was der Mann mit dem komischen Akzent am anderen Ende der Leitung sagte. Es hörte sich an, als wolle jemand sie auf den Arm nehmen. Leider war sie dafür nicht in der richtigen Stimmung.
„Sehr komisch, Hugh McGillivray.
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