Julia Collection Band 23
mir gebracht?“
Das ist ihr Problem, dachte er, nicht meins. „Als Erstes kaufen Sie sich morgen etwas zum Anziehen.“
„Mit Vergnügen – solange mir jemand das nötige Kleingeld vorstreckt. Meine Kreditkarte kann ich nicht benutzen, das ist zu riskant.“
„Ich leihe Ihnen, was Sie brauchen“, versprach er. „Regel Nummer zwei …“
„Ich hatte nicht den Eindruck, dass Sie besonderen Wert auf Regeln legen.“
„Tue ich auch nicht.“
„Dann erklären Sie mir doch bitte, warum Sie so jetzt darauf bestehen.“
Weil ich dich zu gern vernaschen würde. Aber das konnte er schlecht sagen. „Weil ich glaube, es wäre einfacher für Sie.“
„Überhaupt nicht.“ Sie stellte die Tasse auf den Tisch und hob das Kinn. „Die Zeiten sind vorbei. Von jetzt an tue ich, was ich für richtig halte.“
Hugh verbiss sich ein Lächeln: Sie hatte Mumm, das musste man ihr lassen.
„Bravo“, sagte er und nickte zustimmend. Roland Carruthers verdiente einen Denkzettel.
„Finden Sie?“ Unwillkürlich beugte sie sich vor. „Als ich in der Dusche war, ist mir klar geworden, warum es zu dem Schlamassel mit Roland kommen konnte: weil ich immer nur getan habe, was man von mir erwartete. Dann habe ich mir überlegt, was ich eigentlich will.“ Sie straffte die Schultern. „Und ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass es von jetzt an anders wird. Ganz anders.“
Wieder nickte er – was konnte er anderes tun? „Sie haben recht. Zeigen Sie es ihnen.“
„Das werde ich auch. Siebenundzwanzig Jahre habe ich mich nach meinem Vater gerichtet, was natürlich mein Fehler war, nicht seiner. Am Ende hat es keinem von uns gedient. Ich war die brave Tochter und gleichzeitig der Sohn, den er sich immer gewünscht hat. Aber ich selbst war ich nie, nur ein Rädchen im Getriebe von St. John Electronics . Damit ist jetzt Schluss, ab heute bestimme ich über mein Leben.“
Hugh grinste. „Gratuliere.“
„Jetzt muss ich nur noch herausfinden, wer ich eigentlich bin.“
„Gute Idee.“ Er wusste, was sie meinte. Bei der Armee hatte er die gleiche Erfahrung gemacht, als er entdeckte, dass ein Leben nach Vorschrift auf die Dauer nicht das Richtige für ihn war. „Was wollen Sie jetzt tun?“
„Nach meinem Geschmack leben.“
So, wie sie es sagte, hörte es sich an, als sei ihr Nachholbedarf beträchtlich. Er lehnte sich zurück. „Und wie sieht das im Einzelnen aus? Ich meine, abgesehen davon, dass Sie keine Vorschriften wollen?“
„Das heißt, dass Dads Unternehmen nicht mehr an erster Stelle kommt und ich von jetzt an für mich selbst entscheide.“ Sie machte eine Pause. „Und als Erstes suche ich mir morgen einen Job.“
Mit einem Ruck setzte er sich auf. „Das können Sie nicht! Sie sind nicht von hier!“
„Warum nicht? Ich kann Ihre Gastfreundschaft schließlich nicht ewig in Anspruch nehmen.“
„Ganz meine Meinung, aber …“
Sie zuckte mit den Schultern. „Ich bin begabt und habe Erfahrung.“
„Ach ja? Weil Sie mit dem richtigen Besteck essen können und wissen, wie man Wohltätigkeitsveranstaltungen organisiert? Das wird Ihnen hier nicht viel nützen.“
„Davon spreche ich nicht. Falls es Sie interessiert – ich gehöre zum oberen Management von St. John Electronics – oder vielmehr: gehörte.“
„Wegen uns brauchen Sie nicht zu kündigen.“
„Das tue ich auch nicht. Ich kündige, weil ich es will.“
„Aber das ist doch Wahnsinn. Sie können doch nicht einfach Ihren Job aufgeben und auf eine Insel ziehen, die Sie noch nie gesehen haben.“
„Natürlich kann ich das. Außerdem habe ich gestern eine Menge gesehen. Wir sind von einem Ende zum anderen gefahren.“
„Im Dunkeln. Was wissen Sie schon von Pelican Cay?“
„Bis jetzt nicht viel, aber darum geht es nicht. Im Moment ist es wichtiger, dass ich mich selbst kennenlerne.“
Er fasste sich an die Stirn.
„Seien Sie nicht so melodramatisch! Ihnen schadet meine Anwesenheit doch nicht – im Gegenteil.“
„Was wollen Sie damit sagen, wenn ich fragen darf?“
„Nichts Besonderes.“
Er kniff die Augen zusammen. „Wenn Sie …“
„Vergessen Sie es! Ich will nur auf eigenen Füßen stehen, das ist alles. Und das kann ich, wenn ich einen Job habe. Ich bin keine Anfängerin, ich weiß, wie man ein Geschäft führt. Als Daddy einen Herzinfarkt hatte, habe ich mich um die Firma gekümmert.“
„Was Sie nicht sagen.“
Zornig funkelte sie ihn an. „Von allein ist sie nicht acht Monate lang gelaufen, auch wenn mein
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