Julia Collection Band 25
nicht zuzulassen und für immer zu verdrängen. So schlimm das auch war, noch schlimmer wäre es, wenn er eine andere heiratete. Außerdem könnte es tatsächlich zu spät sein, einen Rückzieher von der geplanten Heirat zu machen. Vielleicht war sie schon schwanger.
Lucy sah auf ihre Armbanduhr. Inzwischen war Marcus vermutlich in Edinburgh angekommen. Obwohl er nur zwei oder drei Tage weg war, vermisste sie ihn bereits.
Heute fand die Werbeparty für den neuen Fußballschuh statt. Zu Lucys großer Freude hatten fast alle Eingeladenen zugesagt. Sogar Dorland würde kommen, obwohl Firmenevents, ganz gleich wie luxuriös, eigentlich nicht sein Stil waren.
Als ihr Handy klingelte, erkannte sie aufgeregt, dass es Marcus war. Zwar lebten sie offiziell noch nicht zusammen, aber sie verbrachte mehr Nächte in seinem als in ihrem eigenen Bett. Deshalb vermisste sie ihn auch so fürchterlich und freute sich riesig, als sie jetzt seine Nummer im Display sah.
„Hat deine Mutter die Einladungen zur Hochzeit schon abgeschickt?“, fragte er.
„Sie sind gestern rausgegangen“, erwiderte Lucy. Ganze Nachmittage hatte ihre Mutter im Heiligen Gral der Schreibwaren verbracht, dem Untergeschoss von Smythson’s in der Sloane Street, und eifrig Mustereinladungskarten studiert. „Aus Zeitmangel hat sie allerdings auch etliche Leute einfach angerufen. Dir ist doch klar, wie viele Gäste kommen, oder?“, fragte Lucy in warnendem Ton.
„Bei der letzten Zählung waren es zweihundert – ohne die entfernten Verwandten meiner Cousins zweiten Grades aus Neuschottland –, zumindest nach der Liste, die meine Mutter und Beatrice aufgestellt haben.“
„Was? Nein, Marcus.“ Lucy geriet in Panik. „Das hört sich ja eher an wie …“
„Zweihundert für jeden. Das heißt, meine Mutter liegt bei zweihundert. Deine Mutter konnte ihre Liste nicht unter zweihundertfünfzig drücken.“
„Aber wir wollten doch eine Hochzeit im kleinen Rahmen“, seufzte Lucy.
„Sprich mit deiner Mutter. Anscheinend ist das der kleine Rahmen“, erwiderte Marcus trocken.
Lucy stöhnte. „Zum Glück heiraten wir im Herbst. Neulich meinte Mom, im Sommer hätte sie die Parkanlage deines Square mit Zeltplanen überdacht.“
„Ja, das hat einer der Anwohner schon mal gemacht.“
„Und ich hatte schon Kunden mit solchen Wünschen und weiß, was für eine Knochenarbeit das ist. Jedenfalls waren wir beide uns doch einig, dass wir nur einen schlichten Hochzeitsempfang wollen und nicht fünfhundert Leute und einen Ballsaal im ‚Ritz‘.“
„Tja, aber wir sind nicht unsere Mütter. Hör auf, dich deswegen aufzuregen, und lass ihnen ihren Spaß“, riet Marcus. „Ich will nicht, dass du am Ende zu erschöpft bist, um unsere Flitterwochen zu genießen.“
„Falls ich es bin, liegt das nicht an den Hochzeitsvorbereitungen“, erwiderte sie mutig.
„Schon k. o. vom Sex?“
„Völlig. Wann bist du zurück?“
„Oh, also doch nicht so k. o., dass du nicht mehr willst?“
„Ich habe wegen der Taufe gefragt“, erklärte Lucy würdevoll.
„Ja? Keine Angst, ich habe nicht vergessen, dass wir am Donnerstag losfahren.“
Am Wochenende ließen Jules und Silas ihren sechs Monate alten Sohn taufen, und Lucy war eine seiner Patinnen, zusammen mit Carly, der dritten in ihrem Trio. Obwohl Silas in New York arbeitete, verbrachten er und Julia so viel Zeit wie möglich in England, hauptsächlich wegen Julias Großvater. Die Taufe sollte in der kleinen Kirche auf Amberley, seinem Herrensitz, stattfinden.
„Ich muss auflegen. Mach’s gut“, beendete Marcus das Gespräch.
Kein Ich liebe dich, kein Ich vermisse dich, Liebling. Aber wie könnte er so etwas auch sagen? Schließlich liebte er sie ja nicht.
„Ich gehe jetzt, Mrs. Crabtree“, rief Lucy der Haushälterin zu und unterdrückte die aufsteigenden Tränen.
Marcus’ Haushälterin freute sich sehr über die Heirat ihres Arbeitgebers, und sie und Lucy hatten bereits mehrere nette Nachmittage miteinander verbracht und über die Renovierung der altmodischen Küche gesprochen.
„Da ist ein Paket für Sie gekommen, Lucy“, rief Mrs. Crabtree zurück.
Erstaunt lief Lucy in die Küche, wo ein großer Karton auf dem Tisch lag. Darauf war ein Zettel befestigt, ein Zettel mit Marcus’ Handschrift.
Ich hoffe, dafür lohnt es sich, morgens gemeinsam aufzuwachen.
Mit geröteten Wangen öffnete Lucy den Karton. Auch so sorgte Marcus wunderbar dafür, dass es sich lohnte, morgens mit ihm aufzuwachen.
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