Julia Collection Band 25
ist, wenn du dich eines Tages in eine andere Frau verliebst, Marcus?“
„Mich verlieben?“ Er sah sie an, als hätte sie vorgeschlagen, er sollte seine Mutter ermorden. „Hast du mir überhaupt nicht zugehört? Für mich ist Liebe nur eine infantile und egoistische, mit sexueller Begierde verbundene Torheit. Mein Vater hat sich verliebt und wegen dieser ‚Liebe‘ seine Familie verlassen. Und wenn er nicht bei dem Unfall ums Leben gekommen wäre, hätte er auch noch die Bank in den Ruin getrieben. Damals habe ich gesehen, wozu ‚Liebe‘ fähig ist, und ich habe mir geschworen, mir so eine Sache niemals zu erlauben.“
Aber du warst sechs Jahre, wollte Lucy protestieren, unterließ es jedoch wohlweislich. Bis zu diesem Moment hatte sie nicht gewusst, dass Marcus so extreme Ansichten über die Liebe hatte.
Ihr Kaffee war längst kalt geworden, trotzdem hielt sie den Becher weiterhin in den Händen, als suchte sie Wärme und Trost.
Marcus bemerkte, wie verzweifelt sie aussah. „Was ist denn los?“
„Ich … ich bin nicht sicher, ob wir heiraten sollten.“
„Jetzt ist es zu spät, um es sich anders zu überlegen“, erwiderte er scharf. „Zum einen plant deine Mutter die Hochzeit, und zum anderen könntest du bereits ein Kind von mir erwarten. Wir heiraten, Lucy. Nichts wird daran noch etwas ändern.“
Und nichts wird seine Meinung über die Liebe ändern, dachte Lucy unglücklich. Wie hatte sie nur auch nur einen Moment glauben können, dass er sie lieben lernen würde? Das war unmöglich. Er wollte sie nicht lieben. Er wollte niemanden lieben.
„Ich möchte mit dir über Prêt a Party sprechen“, fuhr er energisch fort.
Augenblicklich erstarrte Lucy. Per Brief hatte Andrew Walker noch einmal absolutes Stillschweigen über ihr Treffen von ihr verlangt. Er sei noch geschäftlich im Ausland und werde sich nach seiner Rückkehr bei ihr melden. Natürlich sollten Eheleute keine Geheimnisse voreinander haben, aber sie hatte ihr Wort gegeben und nicht die Absicht, es zu brechen. Außerdem hatte Nicks Vertrauensbruch schmerzliche Narben hinterlassen. Natürlich würde Marcus sie niemals finanziell betrügen, trotzdem war es ihr wichtig, an Prêt a Party festzuhalten. Falls Marcus irgendwann zu der Überzeugung gelangen sollte, dass ihre Ehe nicht mit der von ihm gewünschten Präzision eines Uhrwerks funktionierte, brauchte sie ihre Firma. Nicht nur, um für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, sondern auch als Selbstbestätigung.
„In der gegenwärtigen Situation wäre es am einfachsten, wenn ich so viel Kapital in die Agentur stecke, dass die Schulden getilgt werden“, sagte Marcus.
„Nein! Nein, das möchte ich nicht.“
Verständlicherweise überraschte ihn ihre Abwehr.
„Warum nicht? Vor zwei Monaten hast du mich noch angefleht, dir den Rest deines Treuhandvermögens für dein Unternehmen zu überlassen.“
„Das war etwas anderes, weil es mein Geld gewesen wäre und nicht deins. Außerdem …“ Lucy verstummte. Sie durfte ihm nichts von Andrew Walker erzählen, noch nicht. Vermutlich würde Marcus ohnehin nicht verstehen, warum sie einen Fremden als Geldgeber und sogar Teilhaber akzeptierte, aber ihn nicht. Doch ihr erster Ehemann hatte in ihrem Unternehmen mitgearbeitet und es so gut wie ruiniert. Das war ihr eine Lehre gewesen.
Für Marcus hingegen war klar, warum Lucy plötzlich Bedenken wegen ihrer Heirat hatte. Weil sie Nick Blayne noch immer liebte, trotz allem, was er ihr angetan hatte. Und warum lehnte sie sein Angebot ab, die Firmenschulden zu bezahlen? „Lucy …“
„Ich trage die Verantwortung für Prêt a Party, Marcus“, unterbrach sie ihn sofort scharf. „Und ich möchte, dass es so bleibt.“
Weil die Agentur vielleicht ihre Rettung war, falls er jemals beschließen sollte, sich von ihr scheiden zu lassen.
Plötzlich fühlte sie sich sehr einsam. Manchmal kam es ihr so vor, als würde ihr ganzes Gefühlsleben aus quälenden Geheimnissen bestehen, die sie mit niemandem teilen konnte. Am liebsten hätte sie sich ihren Kummer von der Seele geweint, doch natürlich durfte sie das nicht. Ihre beiden besten Freundinnen hatten so viel Glück gehabt. Carly und Julia hatten Männer, mit denen sie alles teilen konnten, kleine Alltagssorgen ebenso wie ihre geheimsten Gedanken. Doch sie selbst hatte ihre tiefsten Sehnsüchte und Gefühle noch nie jemandem anvertrauen können, und von nun an wäre es völlig unmöglich. Marcus zu heiraten bedeutete, ihre stärksten Empfindungen
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