Julia Collection Band 27
und ab. Die Aussicht, Keith zu besuchen, machte ihr Angst. Sie war noch nicht bereit für diesen Schritt und hätte sich das vor dem Anruf lieber alles genau überlegen sollen.
Verärgert über sich selbst, kam sie zu einer Entscheidung und wählte noch einmal Keiths Nummer. Als er antwortete, kam sie direkt auf den Punkt.
„Hier ist Andrea. Hast du jetzt Zeit?“
Keith war erstaunt. „Ich bin völlig verschwitzt, weil ich gerade im Fitnessraum war, aber ansonsten hätte ich Zeit, ja. Wieso?“
„Ich habe meine Meinung geändert. Ich möchte nicht zu dir kommen und meinen Wagen in deiner Garage verstecken. Das erscheint mir doch ein wenig zu melodramatisch. Wenn du jetzt also Zeit hättest, könnten wir uns im Park treffen.“
„Wo dort? Ich brauche ungefähr zwanzig Minuten zum Duschen und für den Weg.“
„Ich gehe zu Fuß, also passt das von der Zeit her. Erinnerst du dich an die alte Kanone?“
„Ja, ich weiß, wo sie ist.“
„Gut, dort werde ich sein.“
„Okay. Bis gleich.“
Andrea legte auf, eilte ins Schlafzimmer und zog sich eine Hose und Laufschuhe an. Schon nach wenigen Minuten ging sie aus dem Haus in Richtung Park. Es war ein herrlicher Abend, und sie erlebte einen atemberaubenden Sonnenuntergang.
Als sie im Park ankam, stellte sie fest, dass noch immer eine Menge Leute dort waren, doch der Platz um die alte Kanone herum war verlassen. Nervös suchte sie sich eine Bank und überlegte, was sie eigentlich mit Keith besprechen wollte. Sein Verhalten auf dem College? Ihres? Himmel, nein.
Von ihrer Bank aus konnte sie den Park nicht richtig einsehen, sodass es schwierig war, nach Keith Ausschau zu halten. Sie wartete, wurde ungeduldig, sah auf die Uhr und wartete weiter. Er war zu spät.
Während sie immer wütender wurde, weil Keith sie warten ließ, merkte sie, dass die Menschen den Park verließen. Es wurde jetzt schon ziemlich dunkel. Und sie saß an einem verhältnismäßig abgeschiedenen Ort, was der Grund gewesen war, warum sie ihn ausgesucht hatte. Doch Keith war nicht da, und so langsam wurde ihr mulmig, obwohl sie sonst nicht ängstlich war. In Royal gab es keine hohe Kriminalitätsrate, aber seit dem Mord an Eric Chambers waren alle ein wenig vorsichtiger und besorgter. Schließlich war die Polizei dem Mörder noch nicht auf die Spur gekommen. Es konnte jeder sein, vielleicht sogar jemand, den sie kannte!
Was für eine furchtbare Vorstellung, noch dazu zu dieser Zeit, an diesem Ort.
„Andrea?“
Sie zuckte vor Schreck zusammen. Keith kam um die Bank herum und setzte sich neben sie. „Tut mir leid, dass ich zu spät bin. Gerade, als ich gehen wollte, kam noch ein wichtiger Anruf. Etwas Geschäftliches.“
Es ging um Dorian Brady, was Keith Andrea aber nicht erklären konnte. Sebastian hatte ihn angerufen, um ihn davon zu unterrichten, dass Dorian anscheinend vorhatte, die Stadt zu verlassen. „Wir müssen unsere Beobachtungen intensivieren“, hatte Sebastian gesagt. Sie hatten gleich für morgen früh ein Treffen anberaumt.
„Und natürlich geht das Geschäft immer vor.“
„Früher ja, jetzt nicht mehr“, erwiderte Keith, weil er annahm, dass Andrea auf seine Firma anspielte. Er legte einen Arm auf die Rückenlehne der Bank und berührte dabei leicht Andreas Schultern. Sie war wunderhübsch in diesem Dämmerlicht, ihr Teint strahlte geradezu vor Frische, und ihr dunkles Haar war ein perfekter Rahmen für ihr schönes Gesicht. Lustigerweise waren sie gleich gekleidet – sie trugen beide khakifarbene Hosen und weiße Hemden. Er hätte gern darüber gescherzt, aber Andrea lachte heutzutage so selten. Aus irgendeinem Grund, den Keith noch nicht herausgefunden hatte, lebte Andrea nach strengen Prinzipien. Es musste etwas sehr Persönliches dahinter stecken. Das Einzige, was ihm einfiel, war, dass ihre Ehe doch nicht so gut gewesen war, wie sie ihn gern glauben machen wollte.
Aber er hatte genauso viele Fragen an sich selbst wie an Andrea. Der Kuss gestern Abend hatte ihn in die Flucht getrieben. Das verwirrte ihn noch immer, und er fragte sich, ob er wieder davonlaufen würde. „Offen gestanden, meine Exfrau fand meinen beruflichen Ehrgeiz rücksichtslos.“
„Und dir tut das jetzt natürlich leid.“
„Leid? Nein. Ich habe das erreicht, was ich erreichen wollte, und Candace wusste, wer und was ich war, als wir heirateten. Ich habe mich nicht verändert, sondern sie. Anfangs hat sie mich für meine ehrgeizigen Pläne mit Lob überschüttet und mich
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