Julia Collection Band 27
gewesen. Er respektierte Frauen, aber Andrea liebte er.
Genau das war das Problem, wie er auf einmal erkannte. Er war hoffnungslos und unwiderruflich in Andrea verliebt. Er hatte es schon vorher vermutet, aber es war ein großer Unterschied, ob man etwas vermutete oder es mit Gewissheit wusste. Jetzt war er auf sich gestellt, ein Mann, der eine ganz spezielle Frau verfolgt hatte, der das Ziel erreicht hatte und jetzt nicht wusste, was er als Nächstes tun sollte.
Er verstand sich selbst nicht mehr, und das beunruhigte ihn. Er brauchte Zeit, um die ganze Sache zu durchdenken und sich zu überlegen, wie er weiter vorgehen sollte.
Statt also ins Bett zu gehen, schrieb Keith eine Nachricht für seine Haushälterin, rief Sebastian an, um ihm zu sagen, dass er an der Besprechung morgen früh nicht teilnehmen würde und wo er notfalls zu erreichen wäre. Anschließend packte er ein paar Sachen ein und stieg wieder in sein Auto. Während er die Stadt in Richtung Süden verließ, weigerte er sich, seine Abreise als eine Art Flucht zu betrachten. Es war nichts dabei, wenn ein Mann sich ein paar Tage freinahm, um sich einer Gewissensprüfung zu unterziehen.
Das redete er sich zumindest ein.
Andrea erwachte mitten in der Nacht. Sie lauschte und überlegte, ob ein Geräusch von außen sie aufgeweckt hatte, aber sie hörte nichts Ungewöhnliches. Noch immer nicht zufrieden, stand sie auf und ging durch das dunkle Haus. Alles war normal; offensichtlich war es ihre innere Unruhe, die sie aufgeweckt hatte.
Na ja, dachte sie seufzend, wieso auch nicht? Es war erstaunlich, dass sie überhaupt geschlafen hatte.
Dann fiel ihr plötzlich ein, weshalb sie aufgewacht war. Sie hatte geträumt. Sie erinnerte sich nur noch an vage Bilder, vor allem aus der Vergangenheit, nichts Beängstigendes, jedenfalls nichts so Unheimliches, dass es sie aus dem Schlaf reißen sollte, und doch war genau das geschehen. Normalerweise schenkte sie ihren Träumen nicht viel Beachtung, aber angesichts ihres wilden Verhaltens in Keiths Wagen – und angesichts des gefühlsmäßigen Chaos, in das sie danach gestürzt war – war es nicht verwunderlich, dass sie beunruhigende Träume gehabt hatte.
Da sie bezweifelte, dass sie sofort wieder einschlafen würde, ging sie auf den Dachboden und kam mit einem Arm voller Fotoalben zurück ins Wohnzimmer. Nachdem sie sich noch einen Kräutertee gemacht hatte, machte sie es sich auf dem Sofa gemütlich und sah sich die Alben an.
Einige blätterte sie durch und legte sie wieder beiseite, doch dann kam eins, das voller Schnappschüsse von ihr war. Wer hatte die wohl alle aufgenommen – ihre Mutter, ihr Vater oder die Haushälterin, Mrs. Dorsett?
Sofort bemerkte sie, dass Keith auch auf fast jedem Foto war. Ein kleiner braun gebrannter Junge, meist ohne Hemd, häufig ohne Schuhe, der Grimassen schnitt oder unbemerkt beim Spielen fotografiert worden war.
Als sie weiterblätterte, wurde der Junge größer. Auch sie musste gewachsen sein, doch das war nicht so offensichtlich wie Keiths Wachstum. Seine Schultern wurden breiter, eine Zeit lang wirkten sie noch knochig, dann wurden sie muskulös. Er war ein hübscher kleiner Junge gewesen, und er hatte sich zu einem ausgesprochen gut aussehenden Mann entwickelt, der zudem überdurchschnittlich intelligent war und einen athletischen, muskulösen Körper hatte. Andrea musste zugeben, dass er ein wahrer Traummann war.
Keith hätte Kinder haben sollen – attraktive, schlaue, aktive kleine Ausgaben seiner selbst. Natürlich hätten sich auch die Gene seiner Frau bei den Kindern bemerkbar gemacht. Wie hieß sie noch? Andrea konnte sich an ihren Namen nicht mehr erinnern, aber sie wusste, dass sie sehr gut ausgesehen hatte. Merkwürdig, was man in seinem Gedächtnis behält, dachte sie.
Zum Beispiel, dass Keith und sie sich ungeschützt geliebt hatten. Nein, sie konnte keine einzige Sekunde des Abends vergessen. Wie sollte sie, wenn sie so hin- und hergerissen war zwischen Bedauern darüber, dass sie so lange auf das aufregende Erlebnis von großartigem Sex verzichtet hatte, und der Freude über die Wiederentdeckung ihrer sinnlichen Seite.
Andrea seufzte, denn seit Jerrys Tod hatte sie keinen Mann ermuntert. Es hatte einige Männer gegeben, die gern mit ihr ausgegangen wären, wenn sie auch nur das geringste Interesse an ihnen gezeigt hätte. Doch das hatte sie die ganze Zeit über nicht. Sie war zufrieden gewesen, allein zu sein, doch jetzt fragte sie sich, wieso.
Sie
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