Julia Collection Band 50 - Ebook
lief. Ihr sechster Sinn riet ihr zu fliehen, solange noch Zeit war, aber ihre Beine gehorchten ihr nicht.
Dann war es zu spät.
Matt ließ die Angel fallen, umfasste ihre Schulter und zog sie abrupt an sich. Er hielt den Blick auf ihren Mund gerichtet, und ihre Kehle war auf einmal wie ausgetrocknet. Sie schluckte nervös und fuhr mit der Zunge über ihre Lippen. Er wird mich küssen, dachte sie aufgeregt. Was soll ich nur tun? Doch die Entscheidung wurde ihr bereits von Matt abgenommen.
„Verflixt noch mal, warum heiraten Sie nicht wieder?“, stieß er hervor und ließ sie so abrupt los, dass sie zurücktaumelte.
Benommen berührte Maude Ann ihren Mund und sah zu, wie er davonlief.
„Was sollte das denn?“, flüsterte sie und versuchte ihr wild schlagendes Herz zu beruhigen. Dieser Mann war wirklich immer für eine Überraschung gut.
Die Erinnerung an die Begegnung mit Matt ließ Maude Ann auch während des Mittagessens nicht los. Er hatte sie küssen wollen, dessen war sie sich ganz sicher. Sie war kein naives Mädchen mehr, sie spürte es, wenn ein Mann sie begehrte. Warum hatte er sich dann doch zurückgehalten und war davongelaufen? Dieser Mann war ein einziges Geheimnis für sie.
Es störte sie, dass sie nicht wusste, ob Leidenschaft oder Wut der Anlass für sein Verhalten gewesen war. Sie war Psychiaterin, sie sollte solche Dinge wissen. Doch bei einem Mann, der so schwierig und launisch wie Matt war, konnte man das schwer beurteilen.
Er schien wütend gewesen zu sein, das Feuer in seinen Augen war hingegen sehr sinnlich gewesen. Was waren also seine Beweggründe? Und was hatte er mit seinen Worten gemeint? Warum war ihr Familienstand für Matt Dolan auf einmal von Interesse?
Er war natürlich keine große Hilfe. Während des Mittagessens schaute Matt nicht ein einziges Mal in ihre Richtung und nahm auch keinen Anteil an der Unterhaltung. Nie hätte jemand vermutet, dass er sie noch vor einer Stunde fast geküsst hätte.
Ein Essen mit sieben lebhaften Kindern war nicht gerade zum Nachdenken und schon gar nicht zu einer Analyse eines schwierigen Mannes geeignet. Also schob sie entschlossen alle Gedanken an ihn zur Seite und wandte sich ihren Aufgaben zu.
Sie hatte ihren Schützlingen versprochen, mit ihnen am Nachmittag ins Kino zu gehen, wenn sie sich gut benahmen und ihre Pflichten ohne Murren ausführten. Am Ende der Mahlzeit waren die Kinder wegen dieser Aussicht bereits so aufgeregt, dass sie kaum noch still sitzen konnten.
„Können wir jetzt gehen, Miss Maudie?“, fragte Jennifer und schaute Maude Ann hoffnungsvoll an.
„Zuerst einmal wird wie immer der Tisch abgeräumt.“
Ein Jubeln erklang, und alle Kinder sprangen gleichzeitig auf.
„Hey! Hey! Nicht so hektisch“, ermahnte Matt Marshall, der ihn angerempelt hatte, als er eilig an ihm vorbeirennen wollte.
„Entschuldigung, Sir!“, rief der Zehnjährige, blieb aber nicht stehen.
Maude Ann musste lächeln, als sie die Kinder mit ihrem Geschirr zur Spüle laufen sah, aber das Herz tat ihr weh, als sie daran dachte, was sie jetzt zu tun hatte. Leider blieb ihr keine andere Wahl.
„Fertig? Gut. Jetzt geht bitte eure Hände waschen und trefft mich auf der vorderen Veranda. Alle, außer Tyrone“, fügte sie rasch hinzu, als die ersten Kinder bereits zum Flur hinausliefen.
Tyrone blieb stehen, und der freudige Ausdruck verschwand von seinem Gesicht. „Warum?“, fragte er und sah sie misstrauisch an. Die Kinder verlangsamten ihre Schritte einen Moment und schauten mitleidig zu Tyrone hinüber. Dann liefen sie rasch hinaus.
„Es tut mir leid, Tyrone, aber du kannst nicht mit uns gehen. Du hast dich heute Morgen hinausgestohlen und bist zum See angeln gegangen. Du hast weder geputzt wie alle anderen, noch hast du dich an unsere Regeln gehalten, niemals allein zum See zu gehen. Jetzt musst du leider hier bleiben und deine Arbeit erledigen, während ich mit den anderen ins Kino gehe.“
„Das ist nicht fair. Ich habe dieser kleinen Ratte Dennis zwei Dollar versprochen, wenn er die Toiletten für mich putzt. Doch stattdessen verpetzt er mich einfach. Er ist derjenige, den Sie bestrafen sollten.“
„Um mit Dennis zu beginnen, er hat dich nicht verpetzt. Ich habe ihn dabei erwischt, wie er deine Arbeit erledigte, und ihm befohlen, sofort damit aufzuhören. Du kannst dich nicht einfach von deinen Verpflichtungen freikaufen. Und übrigens, Tyrone, wie wolltest du denn an das Geld kommen, das du ihm versprochen hast?“
Tyrone
Weitere Kostenlose Bücher