Julia Collection Band 51
einen Menschen, der seine Situation wirklich verstand. Nur ein Mann konnte ihm zur richtigen Perspektive verhelfen. Und dessen Rat brauchte er jetzt, bevor er mit einem falschen Schritt alles ruinierte.
Er verließ den Aufzug im fünften Stock. Mildred Van Hess schaute auf.
„Hallo, Mildred“, grüßte er die perfekt gekleidete Sekretärin und lächelte. Mildred war die einzige Angestellte im Barrington Unternehmen, die über Michaels Maskerade als Mike, der Postmann, informiert war.
Sie erwiderte sein Lächeln. „Guten Morgen, Michael.“
„Ist der große Boss da?“
Mildred nickte.
„Ist er beschäftigt?“
„Für Sie hat er immer Zeit.“
„Wie gut“, sagte Mike. „Ich habe nämlich ein riesengroßes Problem.“
Er warf einen raschen Blick in die Richtung von Sophias Büro und atmete erleichtert auf, als er sah, dass ihre Tür geschlossen war. Dann straffte er die Schultern und betrat die noble Chef-Suite.
„Hallo, Dad“, begrüßte er den vornehm wirkenden Herrn hinter dem geräumigen Marmorschreibtisch.
„Guten Morgen, Sohn.“
Nachdenklich ging Mike eine Weile in dem Raum auf und ab, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, und starrte durch das große Panoramafenster auf den Verkehr hinunter.
Rex schob seine Unterlagen beiseite. „Wie läuft es bei dir?“
„Ich weiß nicht“, gestand Michael aufrichtig. „Ich mache mir Sorgen wegen Sophia Shepherd.“
„Wie meinst du das?“
„Ich bin nicht sicher, ob ich ihr vertrauen kann.“
Rex hob überrascht die Augenbrauen. „Ich halte Sophia für ein sehr charmantes Mädchen, und von Mildred weiß ich, dass sie eine ausgezeichnete Sekretärin ist.“
„Das ist richtig.“ Michael hatte in einem Ledersessel Platz genommen und fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
„Ich höre.“
„Ich fürchte, sie könnte eine zweite Erica sein.“
„Bist du sicher?“ Rex runzelte die Stirn. „Es widerstrebt mir, das von ihr zu glauben.“
„Es kommt noch schlimmer“, versicherte Michael seinem Vater.
„Ach ja?“
„Ich glaube, ich habe mich in sie verliebt.“
4. KAPITEL
Sophia war verwirrt. So sehr, dass sie an diesem Morgen bereits Salz statt Zucker in ihren Kaffee gegeben und aus Versehen eine wichtige E-Mail gelöscht hatte, die erneut eingegeben werden musste. Außerdem hatte sie den Feigenbaum im Büro zu großzügig gewässert. Die Stelle des Teppichs, auf dem er stand, hatte sich ganz vollgesogen.
Verflixter Mike. Das war alles seine Schuld. Sophia hockte auf Händen und Knien am Boden und versuchte den Teppich mit einem Packen Papiertücher zu trocknen. Sie gab sich alle Mühe, die Tränen zu unterdrücken.
Wie konnte es nur passieren, dass sie sich so zu Mike hingezogen fühlte, wenn sie doch eigentlich Michael Barrington heiraten wollte?
Und das wollte sie doch, oder?
Aber es war eben nicht Michael Barrington gewesen, der ihr diesen schockierenden Kuss gegeben hatte und sie damit völlig aus dem Häuschen geraten ließ.
Dennoch, Michael war der Mann, den sie respektierte. Er konnte für eine Frau und eine Familie sorgen. Er war aufmerksam, rücksichtsvoll und arbeitsam. Er hatte Ziele und besaß Ehrgeiz.
‚Und wer hat dir ein Geschenk zum Geburtstag gemacht?‘, fragte eine innere Stimme.
Nun, Sophia konnte Michael dafür nicht verantwortlich machen. Oder? Er war ein beschäftigter Mann. Mike hingegen hatte viel Zeit. Zudem lebte Michael in einem anderen Land. An ihn durfte man nicht dieselben Erwartungen stellen.
Das Telefon läutete.
Hastig sprang Sophia auf, warf die nassen Papiertücher in den Putzeimer und trocknete sich die Hände an einem sauberen. Beim dritten Läuten nahm sie den Telefonhörer auf.
„Hier ist das Büro von Michael Barrington. Sophia Shepherd am Apparat.“
In dem Moment, als seine sonore Stimme erklang, atmete Sophia einmal tief durch.
„Guten Morgen, Sophia.“
„Oh, Mr Barrington. Wie geht es Ihnen heute Morgen?“ Die Schmetterlinge in ihrem Bauch begannen zu flattern. Ihr Puls raste. Nur noch ein Mensch auf diesem Planeten vermochte sie auf die gleiche Weise durcheinanderzubringen, und der arbeitete im Postraum.
„Sophia“, rügte er sie, „wie oft habe ich nicht schon gesagt, es ist in Ordnung, wenn Sie mich mit Michael ansprechen.“
„Ich weiß, Sir“, antwortete Sophia. „Aber da wir uns noch nicht persönlich begegnet sind, möchte ich nicht anmaßend erscheinen.“
„Es wäre niemals anmaßend, wenn Sie mich mit dem Vornamen ansprächen. Und wie auch
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