Julia Collection Band 51
nächste Frage gar nicht erst stellen.“
Sie öffnete den Mund – ihm war nie aufgefallen, wie weich und voll ihre Lippen waren –, ihre grünen Augen weiteten sich erstaunt, und sie streckte den Rücken, sodass sich ihre Brüste unter der gestärkten, makellos weißen Bluse abzeichneten. Und dann fragte sie atemlos: „Welche … Frage?“
Er holte tief Luft und fragte sich, ob er wohl im Begriff war, einen Fehler zu machen. Aber die Trommel in seinem Kopf schlug immer noch den gleichen Rhythmus.
Heirat. Heirat. Heirat.
Er dachte daran, wie viel Rex für ihn getan hatte. Er dachte an seine armselige Kindheit, an den Geschmack von altem Brot und den Geruch von saurer Milch. An den Alkoholatem seines Vaters. Und an die Beerdigung seiner Mutter und den billigen Sarg, der ihn so wütend gemacht hatte, weil er im Alter von elf Jahren nicht über die Möglichkeit verfügt hatte, eine bessere Ruhestätte für die sterblichen Überreste seiner Mutter zu beschaffen.
Und alles, was Rex II wollte, war ein verheirateter Vizepräsident und Personalchef.
„Patricia, was hältst du von der Vorstellung, meine Verlobte zu sein?“
Erstaunen und Begeisterung zeichneten sich auf ihrem Gesicht ab, so spontan, so ehrlich und unschuldig, dass es sich nicht verheimlichen ließ.
Und Sams erster Gedanke war, dass er da gerade einen entsetzlichen Fehler begangen hatte.
2. KAPITEL
„Sagtest du Verlobte?“
Warum wiederholst du das Wort? tadelte sie sich still. Er muss ja denken, du wärst schwer von Begriff. Natürlich hat er Verlobte gesagt.
„War das eine rhetorische Frage?“, fügte sie hastig hinzu. „Denn wenn es eine rhetorische Frage war, so kann ich mit Überzeugung antworten, dass jede Frau sich als deine Verlobte sehr glücklich schätzen muss. Um genau zu sein, als ich in dein Büro kam, hatte ich vor, ein ähnliches Thema mit dir anzuschneiden.“
Sam sah sie mit ausdruckslosem Blick an. „Nein, es war keine rhetorische Frage.“
„Du meinst, du hast mich gefragt, ob ich deine Verlobte sein will, weil du möchtest, dass ich deine Verlobte bin?“ Während sie sprach, überlegte sie, ob dieser Satz überhaupt Sinn machte.
War es denn möglich, dass er etwas für sie empfand? Etwas, das er bisher nur nicht in Worte hatte fassen können? Sie riss sich zusammen und unterdrückte das Lächeln. Nein, es war nicht nur ein Lächeln, es war ein glückliches Strahlen, das sie auf gar keinen Fall zeigen durfte. Denn dieser Mann da hatte gerade seine Verlobung mit einer anderen Frau gelöst und litt mit Sicherheit noch unter dieser schrecklichen Erfahrung. Vielleicht stand er sogar unter Schock?
Oh nein, jubilierte eine kleine Stimme in ihrem Hinterkopf, er sieht nicht aus, als stünde er unter Schock. Im Gegenteil, endlich sind ihm die Augen aufgegangen. Endlich hat er die Frau in mir entdeckt!
„Ich … deine Verlobte also“, wiederholte sie laut noch einmal. „Meinst du nicht, wir sollten unsere veränderte Beziehung ein wenig langsamer und bedachter angehen?“
Er wandte abrupt den Blick ab. „Vergiss es.“ Er griff nach dem Aktenordner, der zuoberst auf dem Stapel lag. Patricia war schneller – ihre Hand legte sich auf seine. Mit einem Kopfschütteln zog er seine Hand zurück.
„Es war nur so eine Idee, Patricia. Eine äußerst unsinnige Idee. Es ist ganz und gar meine Schuld. Ich hätte es gar nicht ansprechen sollen. Also, was liegt für heute an?“, fragte er und deutete mit einem jungenhaften Grinsen auf ihren Notizblock.
Wenn er so grinste, bildeten sich kleine Fältchen um seine grauen Augen. Patricia starrte auf die hellbraune Locke, die ihm in die Stirn gefallen war. Aber auch wenn er wie ein Filmstar aussah, so leicht würde sie sich nicht ablenken lassen.
„Was für eine Idee war das denn?“, hakte sie nach. Immerhin konnte sie so unsinnig nicht sein, wenn das Wort „Verlobte“ darin vorkam.
Sam sah lange zum Fenster hinaus. Schließlich wandte er sich wieder zu ihr. „Ich stecke in Schwierigkeiten.“
Patricia hatte gespannt den Atem angehalten, doch jetzt war sie enttäuscht. Schwierigkeiten. Es hatte nichts mit Leidenschaft oder Liebe zu tun. Enttäuschung wandelte sich in Ärger. Bei jedem anderen Mann wäre sie wütend geworden und empört aufgesprungen, doch die Gefühle, die sie für Sam hegte, ließen sie ruhig bleiben.
„Hat es etwas mit Melissa zu tun?“, fragte sie.
„In gewisser Hinsicht schon.“ Er schnitt eine Grimasse. „Wir haben uns getrennt.“
„Ja,
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