Julia Collection Band 51
äußerst attraktiver Mann – jetzt ein äußerst attraktiver alleinstehender Mann! –, wäre Patricia nicht überrascht, wenn in diesem Moment bereits eine ganze Schlange von schönen, eleganten Frauen vor der Tür zu seinem Büro stünden. Falls sie überhaupt eine Chance bei ihm hatte, musste sie handeln. Jetzt oder nie!
Sie sah auf ihre Armbanduhr. Zwei Minuten nach neun.
Sie nahm die Aktenordner vom Schreibtisch. Fünfzehn Lebensläufe von Abgängern der besten Universitäten des Landes. Es war ihr Vorschlag gewesen, mit den Bewerbern eine Woche am South Florida Beach zu verbringen. Sam war begeistert gewesen – eine großartige Möglichkeit, um die Kandidaten in einer entspannten, lockeren Atmosphäre kennenzulernen. Es würde die Entscheidung leichter machen.
Patricia und Sam waren unzertrennlich gewesen. Sie hatten alles gemeinsam unternommen: Die Tage hatten sie am Strand verbracht, sich mit den Kandidaten unterhalten, Informationsbroschüren über die „Barrington Corporation“ ausgegeben, Fragen zu den großzügigen Sozialleistungen beantwortet. Am Abend waren sie gemeinsam in die besten Restaurants von Fort Lauderdale gegangen und hatten die Bewerbungsunterlagen durchgearbeitet. An einem Nachmittag waren sie sogar Schnorcheln gegangen, hatten sich abends eine Revue im Hotel angesehen, hatten ein Basketballspiel besucht. Es hatte Augenblicke – ziemlich lange Augenblicke – gegeben, da hatte Patricia komplett vergessen, dass Sam verlobt war. Dass er nur Freundschaft, Kameradschaft für sie empfand. Dass er in ihr nur die Arbeitskollegin sah. Nicht die Frau.
Patricia war von dieser Geschäftsreise mit den Namen von fünfzehn qualifizierten Anwärtern und einem Sonnenbrand nach Hause gekommen. Und dem schrecklichen Bewusstsein, dass die schönste Woche ihres Lebens vorüber war.
Sie erhob sich und ging zur Tür.
„Sam, erinnerst du dich noch an den Abend in dem kleinen Nachtclub, als wir Gin Fizz getrunken und uns die Mädchen in ihren glitzernden Federkostümen angesehen haben? Nun, ich würde das gern noch einmal mit dir machen, aber ohne einen geschäftlichen Anlass.“
Patricia schüttelte den Kopf. Nein, es ging nicht. Sie war einfach nicht die selbstsichere, forsche Frau, die bei einem Mann den ersten Schritt machte. Na schön, dann war sie eben feige. Dafür gab es Dinge, die ihr gar nichts ausmachten, während andere Leute einen Heidenrespekt davor hatten. Zum Beispiel dem französischen Premierminister im stolzen Alter von zwölf Jahren die Hand zu schütteln. Oder bei einem offiziellen Empfang mit vierzehn vor der britischen Königin zu knicksen. Oder Small Talk mit dem liberianischen Präsidenten zu machen, als ihre Eltern in Afrika akkreditiert waren.
Aber einen Mann um eine Verabredung bitten? Nein!
Drei Minuten nach neun. Sie griff nach der Türklinke.
Sie war spät dran. Nicht, dass er deswegen verärgert sein würde. Aber er würde fragen – weil sie sonst immer auf die Sekunde pünktlich war.
„Sam, ich wollte dir sagen, dass ich dich sehr mag.“
Natürlich. Schließlich waren sie nicht nur Arbeitskollegen, sondern auch Freunde. Er würde daran nichts Ungewöhnliches finden.
„Ich mag dich … aber nicht als Kamerad.“
Nein, das hörte sich auch unmöglich an.
Sie stand im Korridor und starrte auf Sams Bürotür. Mit zusammengekniffenen Augen hob sie die Hand und klopfte an.
„Sam, wenn du nicht das Gleiche für mich fühlst, ist das auch in Ordnung“, murmelte sie vor sich hin. „Das wird keine Auswirkungen auf unser Arbeitsverhältnis haben. Aber ich dachte, ich sollte dir sagen … Nun, das Leben ist kurz, und ich bin immerhin schon neunundzwanzig. Und wenn man jemanden liebt, dann sollte man es ihn wissen lassen. Und deshalb, Sam, wollte ich …“
Sie riss die Augen auf, als sie die Türangeln leise knarren hörte – und blickte in ein älteres, aber noch sehr attraktives Gesicht mit grünen Augen, die sie jetzt belustigt anfunkelten.
Sie hatte das Gefühl, vor Scham im Boden versinken zu müssen. „Mr Barrington! Oh, es tut mir so leid, Sir …“ Starr hielt sie den Blick auf seine Krawatte gerichtet, um dem Präsidenten der „Barrington Corporation“ nicht in die Augen blicken zu müssen.
„Ich bin zeitlebens der Ansicht gewesen, dass man es einen Menschen wissen lassen sollte, wenn man ihn liebt“, sagte er freundlich. Und damit ging er, nach einem kurzen Kopfnicken und mit würdevoller Haltung, den Gang hinunter zum Aufzug.
Na bravo!
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