Julia Collection Band 55 (German Edition)
begreifen, dass er sie angefasst hatte, und ließ sie los. „Nun komm, wir müssen in die Dekoration.“
Doch dann schenkte er ihr ein versöhnliches Lächeln. „Heb dir deinen Sprachkurs für später auf. Wir haben jetzt genug zu tun. Schau dir das an.“ Er zeigte auf das Fenster.
Delphine stand an das Fenster gelehnt, während Peter sie mit unverhohlener Begierde anstarrte.
„Glaubst du, dass sie uns vermisst haben?“, fragte Charles mit düsterem Humor.
Der Anblick traf Jennifer hart. So hatte Peter sie noch nie angesehen. „Meinst du, sie haben sich ineinander verliebt? Sogar Delphine scheint für ihre Verhältnisse ernst zu sein. Das ist kein kurzer Flirt mehr, das ist etwas Ernstes.“
„Wie sollten sie sich denn so schnell verlieben?“, fragte Charles, ohne seine Augen von den beiden zu nehmen.
„Liebe auf den ersten Blick“, erwiderte Jennifer.
„Daran glaube ich nicht. Mir ist es jedenfalls noch nie passiert.“
„Mir auch nicht, aber schau doch hin.“ Die beiden schenkten dem Schaufenster einfach keine Aufmerksamkeit mehr. „Es scheint etwas Wichtiges geschehen zu sein.“
„Wieso sollten ausgerechnet die beiden sich ineinander verlieben?“
„Warum haben sich Arthur Miller und Marilyn Monroe ineinander verliebt?“ Jennifer wurde flau im Magen. Es war offensichtlich, dass sie Peter für immer verlieren würde.
„Das habe ich auch nie verstanden. Komm, wir müssen das unterbinden. Ich lasse mich doch nicht von einem kurzsichtigen Schlaumeier ausstechen!“
Charles stürmte zum Fenster und klopfte wild dagegen. „Wir sind wieder da!“
Die beiden drehten sich herum, und Delphine schenkte ihm ein trauriges Lächeln. Peters Miene war undurchdringlich.
Jennifer winkte Peter halbherzig zu. Als er sie sah, senkte er den Blick und sein Gesichtsausdruck wirkte reumütig, aber wild entschlossen.
Jennifer wusste, was er ihr sagen würde. Er würde sie wegen Delphine verlassen. Er konnte nicht anders. Er hatte eine Erfahrung gemacht, die er nicht für möglich gehalten hatte, und er wollte auf diese Erfahrung nicht mehr verzichten. Jennifer beneidete ihn darum, und ihre Augen wurden feucht.
Sie konnte erkennen, wie er mit seinen Lippen „Tut mir leid“ formte, und sie nickte ihm zu. Dann legte sie ihre Hand auf Charles’ Arm, der immer noch Delphine durch das Fenster anschrie. Sie lächelte noch immer, entfernte sich aber langsam.
„Du bist um 22 Uhr mit mir verabredet“, erinnerte Charles sie.
„Ich weiß, aber es ist etwas dazwischengekommen.“ Delphine hatte wesentlich größere Schwierigkeiten, Charles die Wahrheit zu sagen. Vielleicht hoffte sie ja, beide Männer halten zu können.
„Was soll denn in fünfzehn Minuten dazwischengekommen sein?“, fragte Charles scharf.
„Das erkläre ich dir später.“ Delphine zog den Mantel enger um sich.
„Wie wäre es mit jetzt?“
Jennifer tätschelte seinen Arm. „Gib es auf, Charles“, sagte sie sanft.
„Was soll das heißen?“
„Es ist sinnlos. Die beiden werden die Nacht zusammen verbringen.“
Charles schaute sie aus verkniffenen Augen an. „Bist du wahnsinnig?“
„Nein. Ich habe es in Peters Augen gelesen.“
„Du meinst, die beiden geben uns den Laufpass?“
Jennifer zog ihn vorsichtig von der Fensterscheibe weg. „Komm, wir sollten uns wie Erwachsene benehmen. Du hattest doch jede Menge Freundinnen. Du findest bestimmt schnell eine andere.“ Sie setzte sich aufs Bett und zog ihn neben sich.
Er blickte sie schockiert an. „Woher hast du es gewusst?“
„Von Peter. Er sah mich traurig an und meinte, es täte ihm leid. Und das bedeutet sicherlich, dass er mich wegen Delphine verlässt.“
„Schön, aber Delphine hat mir nichts dergleichen gesagt. Peter denkt vielleicht, dass er heute Nacht eine Chance hat, aber Delphine erwähnte das mit keinem Wort.“
„Sie hat eure Verabredung abgesagt.“
„Vielleicht ist ihr tatsächlich etwas dazwischengekommen. Etwas, das sie mir nicht am Schaufenster erklären mochte.“
„Charles …“
Er schüttelte den Kopf. „Ich könnte es ja noch verstehen, wenn sie mich wegen eines Footballspielers oder eines Schauspielers verließe. Aber wegen eines verstaubten Professors? Hör doch auf!“
Sie schauten wieder aus dem Fenster. Peter hatte Delphines Hand ergriffen, als wolle er sie wegziehen. Sie gab ihm ein Zeichen, dass er warten solle, und drehte sich zu Charles.
Der legte plötzlich seinen Arm um Jennifer.
„Was tust du da?“
„Ich will sie
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