Julia Exklusiv 0180
Abend gehe ich mit ihm essen.“
„Ach, Natalie“, rief Sabina besorgt. „Du weißt doch überhaupt nichts über ihn.“
„Habe ich dir jemals gesagt, dass du vielleicht ein bisschen zu vorsichtig bist?“ Natalie lächelte.
In den folgenden zwei Wochen war Natalie fast dauernd mit Rod Lacey – so hieß ihr Bekannter – zusammen. Wenn Sabina die beiden zusammen sah, gewann sie den Eindruck, Rod wäre ebenso hingerissen von Natalie wie diese von ihm.
Trotzdem machte sich Sabina Sorgen, ihre Freundin könne das übliche Pech haben. Natalie hatte bisher keine Änderungen ihrer Reisepläne verkündet. Würden Rods Gefühle stark genug sein, eine monatelange Trennung zu überdauern?
Am Tag vor der geplanten Abreise – einem Sonntag – kamen Natalie und Rod abends nach Hause, und ihre Mienen verrieten, dass etwas Bedeutendes geschehen war.
„Sieh mal!“, rief Natalie begeistert und hielt Sabina einen exquisit gearbeiteten alten Verlobungsring mit Smaragden und Diamanten hin.
Sabina staunte, dann freute sie sich für ihre Freundin und gratulierte ihr von Herzen. Natalie berichtete, dass sie zwar die Weltreise nicht aufgeben wolle, Rod sie aber begleiten werde.
Er stieg in Sabinas Achtung. Rod war ungefähr achtundzwanzig, groß und ziemlich gut aussehend, obwohl um seinen Mund ein gewisser Zug von Schwäche lag. Dass Rod bereit war, seinen Job aufzugeben und Natalie zu begleiten – nicht, dass Sabina jemals gehört hatte, was er arbeitete –, schien zu beweisen, wie sehr er Natalie liebte.
„Komm und unterhalte dich mit mir, Sabina, während ich mein Gepäck kontrolliere und nachsehe, ob ich noch etwas hierlassen kann“, schlug Natalie vor, nachdem sie sich von ihrem Verlobten verabschiedet hatte.
Allerdings redete dann hauptsächlich Natalie und kam immer wieder, fast verwundert, darauf zu sprechen, dass Rod sich ebenso auf den ersten Blick in sie verliebt habe wie sie sich in Rod.
„Und wann hat er dich gebeten, ihn zu heiraten?“, fragte Sabina verträumt. Sie fand das alles sehr romantisch.
„Heute Nachmittag“, antwortete Natalie. „Gestern hat er den Ring besorgt. Er hat sogar sein Auto verkauft, um ihn zu bezahlen.“
„Das ist der größte Liebesbeweis, dessen ein Mann fähig ist“, meinte Sabina gespielt beeindruckt, und Natalie warf ihr ein Kissen an den Kopf.
Dann betrachtete Natalie bewundernd ihren Ring. „Rod hat von dem Geld für sein Auto etwas für die Reise abgezweigt, aber der Ring muss trotzdem einige tausend Pfund gekostet haben.“
„Er sieht sehr kostbar aus“, bestätigte Sabina.
„Und das ist der eine Grund, warum ich ihn leider hierlassen muss.“
„Du nimmst ihn nicht mit? Willst du ihn denn nicht tragen?“
„Nein. Der zweite Grund ist nämlich, dass mein wunderbarer Rod nicht bemerkt hat, wie kräftig meine Finger sind. Der Ring passt nicht“, erklärte Natalie kurz und bündig. „Und es bleibt keine Zeit mehr, um ihn ändern zu lassen. Außerdem könnte es ja sein, dass wir in unsichere Gegenden kommen – was ich allerdings nicht hoffe –, und ich möchte nicht riskieren, dass mir der Ring gestohlen wird.“
Das alles war zwei Wochen zuvor geschehen, und nun war Sabina allein in dem ungewohnt stillen Apartment. Sie fragte sich, wann Natalie ihr wohl eine Karte schreiben würde, trug die leere Kaffeetasse in die Küche und spülte sie.
Da klingelte es an der Haustür. Sabina erwartete keinen Besuch. Während sie in die Diele ging, überlegte sie, ob es Oliver sein könne, der gelegentlich unangemeldet vorbeikam.
„Hallo?“, fragte sie durch die Sprechanlage.
„Natalie Harris?“, erkundigte sich ein Mann.
Seine Stimme kannte Sabina nicht: eine tiefe, kultiviert klingende, ausgesprochen männliche und herrische Stimme. Gerade wollte Sabina erklären, Natalie sei verreist, da meldete sich ihre übliche Vorsicht. Wo Natalie war, das ging den Unbekannten vorerst nichts an.
„Was ist nun?“, fragte der Mann scharf. Anscheinend war er nicht sehr geduldig.
„Wer ist denn da?“, fragte Sabina ebenso scharf, denn sein Ton missfiel ihr.
„Yorke Mackinnon“, erklang die Antwort. Der Name kam Sabina bekannt vor. Der Mann fügte hinzu: „Ich bin Rod Laceys Cousin und möchte dringend mit Rod sprechen.“
Sabina entspannte sich. Da unten stand also kein Krimineller, der sich mit einem Trick in die Wohnung einschleichen und sie ausrauben wollte, sondern ein Verwandter von Rod. Zwar erinnerte sich Sabina nicht, dass Rod seinen Cousin jemals
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