Julia Exklusiv 0180
küssen, und wieder wandte sie den Kopf weg. Chris schlug vor, sie sollten am Dienstag ausgehen, aber das war Sabina zu früh. Dann erkundigte er sich, ob sie nicht den nächsten Samstag zusammen verbringen könnten, und Sabina fiel keine Ausrede ein. Deshalb vertröstete sie ihn fürs Erste.
In den folgenden Tagen versuchte sie, Chris in der Firma auszuweichen. Freitag war sich Sabina sicher, dass er sie im Lauf des Tages aufsuchen und um eine endgültige Antwort wegen Samstag bitten würde. Sie mochte einfach nicht mit ihm ausgehen, obwohl sie nichts gegen ihn hatte. Seine Gefühle wollte sie allerdings auch nicht verletzen. Und sie wollte vor allem nicht mehr lügen und heucheln … Was sie brauchte, war ein handfester Grund, Chris’ Einladung abzulehnen.
Das Schicksal hatte offensichtlich seine eigenen Pläne mit Sabina. Um halb vier klingelte das Telefon auf ihrem Schreibtisch.
„Hallo?“, meldete sie sich und war völlig verblüfft, als Yorkes Großmutter antwortete.
„Hier Phoebe Fairfax.“ Ihre Stimme klang viel kräftiger als beim letzten Mal. „Entschuldigen Sie, dass ich Sie im Büro anrufe, Sabina. Ich habe Ihre Privatnummer nämlich nicht, aber Yorke sagte mir, wo Sie arbeiten. Es macht Ihnen doch nichts aus?“
„Nein, überhaupt nicht“, antwortete Sabina und versuchte, ihre Sinne zusammenzunehmen. Sie hatte keine Ahnung, was Mrs. Fairfax von ihr wollte. „Wie geht es Ihnen jetzt?“, fragte Sabina herzlich.
„Wie Yorke Ihnen ja sicher schon gesagt hat, bin ich nicht mehr im Krankenhaus.“
„Ja … Ja, das hat er“, log Sabina und wusste nicht weiter. Sie konnte nicht fragen, wie lange Mrs. Fairfax wieder zu Hause war, denn das hätte Yorke ihr ja auch mitgeteilt.
„Da Yorke verreist ist“, fügte seine Großmutter hinzu und ersparte Sabina damit eine womöglich verräterische Frage, „habe ich mir gedacht, Sie fühlen sich vielleicht einsam.“
Yorke war verreist! Das überraschte Sabina. Und dann wurde ihr klar, dass seine Großmutter sich wahrscheinlich einsam fühlte. Mitleid durchflutete sie. Mrs. Fairfax hatte in letzter Zeit genug durchgemacht.
„Na ja, ich bin tatsächlich viel allein“, erwiderte Sabina vorsichtig. Sie war nämlich gern allein, und es gab genügend Veranstaltungen, zu denen man auch ohne Begleiter hingehen konnte.
„Ich auch“, sagte Mrs. Fairfax, und wieder empfand Sabina Mitgefühl. Völlig unerwartet schlug Mrs. Fairfax dann vor: „Hätten Sie nicht Zeit und Lust, mich morgen Nachmittag zu besuchen und Tee mit mir zu trinken?“
„Na ja, ich …“ Verwirrt schwieg Sabina. Auf keinen Fall, hätte sie am liebsten gesagt, aber das ging nicht. Mrs. Fairfax war allein zu Hause, nach der Operation wahrscheinlich noch sehr schwach – und einsam. Das griff Sabina ans Herz. „Ich möchte gern kommen …“, sagte sie spontan. „Aber …
„Sie kennen den Weg zum Mulberry House nicht“, warf Mrs. Fairfax ein. „Yorke meint übrigens, dass Warwickshire gar nicht so weit von London entfernt sei. Ich fahre gewöhnlich mit dem Zug nach London, denn die Verbindungen von Norvington sind ausgezeichnet. Sie kommen wahrscheinlich lieber mit dem Auto her.“
Unwillkürlich registrierte Sabina die Adresse – Mulberry House in Norvington, Warwickshire – und überlegte, wie sie Yorkes Großmutter klarmachen sollte, dass sie auf keinen Fall nach Warwickshire kommen würde.
Da fügte Mrs. Fairfax schon hinzu: „Ich weiß, wie beschäftigt die Karrierefrauen von heute sind, deshalb will ich nicht länger Ihre kostbare Zeit vergeuden. Also, bis morgen Nachmittag. Ich erwarte Sie gegen drei Uhr. Und ich freue mich schon auf Ihren Besuch.“ Sie legte auf.
„Mrs. Fairfax!“, rief Sabina panisch, aber die Leitung war tot. Wie benommen sah Sabina den Hörer starr an. Sie hatte die Einladung doch nicht wirklich angenommen? Doch, sie hatte.
4. KAPITEL
Sabina saß noch immer da und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen, als Chris Dawson in ihr Büro kam.
„Ich wollte wegen morgen fragen“, begann er.
„Tut mir leid, Chris, aber ich muss eine kranke Bekannte in Warwickshire besuchen“, erwiderte sie, und plötzlich kam ihr eine Verabredung mit Chris wie eine wunderbare Alternative zu dem Besuch bei Yorkes Großmutter vor.
„Ich könnte Sie mit dem Auto hinbringen“, bot Chris an.
Das wäre ja noch schöner. Solche Komplikationen brauchte sie überhaupt nicht.
Sabina schüttelte den Kopf. „Vielen Dank, aber meine Bekannte ist erst vor
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