Julia Exklusiv 0180
begrüßte.
„Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten“, fuhr Lois fort und schwieg einen Moment, während sie sich in dem hellen, luftigen Wohnzimmer umsah, bei dem es sich unverkennbar um das Reich der Haushälterin handelte.
„Nur zu, mein Kind, was kann ich für Sie tun?“, fragte Nora freundlich.
„Die Sache ist die … ich weiß nicht, wie das hier in England ist, aber in Amerika bin ich es gewohnt, mein Schlafzimmer abzuschließen. Deshalb wollte ich Sie fragen, ob es möglich wäre, für mein Zimmer einen Schlüssel zu bekommen?“
Nora brach in schallendes Gelächter aus. „Oh, dieser Master Rob! Er war schon als kleiner Junge ein ganz Schlimmer! Hat er Sie etwa belästigt?“
„Nein, nein!“, widersprach Lois hastig und spürte beschämt, wie sie rot wurde. „Nichts dergleichen. Absolut nicht“, versicherte sie. „Sie haben mich völlig falsch verstanden.“
„Habe ich das wirklich, mein Kind?“
Lois war Noras ironischer Unterton nicht entgangen, beschloss aber, ihn zu ignorieren.
„Na schön, wenn Sie es genau wissen wollen, ich war nicht gerade erfreut, als ich vorhin beim Betreten meines Zimmers Lord Ratcliffes Exfrau dort entdeckte“, berichtete Lois der Haushälterin ohne weitere Umschweife. „Ich mag die Frau nicht und bin verdammt sicher, dass Sie mich ebenfalls nicht leiden kann. Und ich möchte nicht, dass ich Angst haben muss, sie könnte während meiner Abwesenheit in meinen Sachen kramen. Ist das klar?“
„Vollkommen klar, mein Kind.“ Nora nickte zustimmend. „Diese Martina bedeutet nichts als Ärger! Das wusste ich schon, als ich diesen verzogenen Fratz vor vielen Jahren das erste Mal gesehen habe.“ Sie legte den Socken beiseite, stand auf und ging zu einem an der Wand hängenden Schlüsselbrett. „Dieser Schlüssel müsste für Ihre Zimmertür passen.“ Sie reichte ihn Lois. „Keine Angst, ich werde dafür sorgen, dass diese Frau Sie nicht wieder belästigt!“
„Vielen Dank! Dafür wäre ich Ihnen wirklich sehr verbunden!“
„Und gehen Sie mit Lord Ratcliffe nicht zu hart ins Gericht“, rief Nora ihr nach, als Lois zur Tür ging. „Ich weiß nämlich, dass er sehr viel von Ihnen hält.“
„Ich bin an Lord Ratcliffe nicht interessiert“, entgegnete Lois kühl und verließ hocherhobenen Hauptes das Zimmer. Robs altes Kindermädchen vermochte sie damit allerdings nicht zu täuschen, und so verfolgte sie Noras spöttisches Gelächter noch bis in ihr Zimmer.
6. KAPITEL
Kurz vor Ende der fünften Drehwoche war Lois überzeugt, dass sie sich noch niemals so müde und erschöpft gefühlt hatte wie heute.
Sie saß auf einem zierlichen goldenen Stuhl in dem großen formellen Wohnzimmer und versuchte, sich auf den Text der nächsten Szene zu konzentrieren.
Die Dreharbeiten an sich waren bisher recht unproblematisch verlaufen. Lois fand es sogar höchst bemerkenswert, dass sie diesmal – entgegen ihren sonstigen Erfahrungen – zeitlich noch nicht in Verzug geraten waren. Obendrein war Peter Danvers, der Regisseur, sogar recht zuversichtlich, nicht nur den Drehplan einhalten zu können, sondern auch das vorgegebene Budget nicht zu überschreiten.
Da nur noch neun Drehtage bevorstanden, herrschte in der gesamten Mannschaft eine recht gute Stimmung. Besonders ausgelassen wirkte das Kamerateam, was wohl daran lag, dass dort eifrig gewettet wurde, ob Peter Danvers es tatsächlich schaffen würde, den Film pünktlich fertigzustellen.
Dass Lois sich trotz allem so zerschlagen fühlte, schob sie auf ihre Schwangerschaft. Sie hatte mehrmals per Handy von ihrem Zimmer aus in der Praxis ihres Londoner Arztes angerufen und war von dessen Oberschwester freundlich und kompetent beraten worden. Vor allem hatte die Frau sie beruhigt, dass es dem Baby nicht schadete, wenn sie mit einem Mann schliefe.
„Natürlich muss Ihr Körper sich erst daran gewöhnen, dass in Ihrem Bauch ein Kind heranwächst“, hatte die Schwester sie getröstet, als sie ihr von ihrer ständigen Müdigkeit berichtet hatte. „Aber bei Ihnen scheint alles normal zu verlaufen. Und da Sie sowieso bald nach London kommen, vereinbaren wir am besten gleich einen Untersuchungstermin.“
Gemäß Vertrag war Lois verpflichtet, sich nach Beendigung der Dreharbeiten noch zwei Wochen lang für eventuelle weitere Aufnahmen im Londoner Studio zur Verfügung zu halten. Sie würde also genügend Zeit haben, sich vom Arzt gründlich durchchecken zu lassen, ehe sie in die Staaten zurückflog.
Doch im Grunde
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