Julia Exklusiv 0180
leicht sein, künftig zwischen der quirligen Londoner Popszene und diesem alten Schloss hin- und herzupendeln.
Emily schätzte ihre Zukunftsaussichten sogar noch schwärzer ein, wie sie Lois anvertraute, als die Friseuse ihre Arbeit beendet und das Zimmer verlassen hatte.
„Das Problem ist“, begann Emily und rückte ihren Stuhl noch näher zu Lois, „dass ich nicht weiß, wie es weitergeht. Ich glaube … na ja, ich bin fast sicher, dass Mom künftig hier bei Dad wohnen will. Dauernd schwärmt sie von früher, als Dad und sie noch verheiratet waren. Wie finden Sie das, Lois?“
Oh nein, nicht auch noch die Tochter! dachte Lois. Wieso kamen plötzlich alle Leute zu ihr, um sich Rat zu holen? Hatte sie nicht genügend eigene Probleme?
„Ich … ich weiß wirklich nicht, was ich dazu sagen soll“, begann Lois zögernd. „Zum einen steckst du in einem Alter, in dem man sich gegen die Erwachsenen auflehnt. Ganz sicher liebst du deinen Vater …“
„Oh ja, das tue ich!“
„Aber auch deine Mutter?“
„Ja, doch …“
„Vermutlich fühlst du dich zwischen beiden hin- und hergerissen. So ist es mir früher auch einmal gegangen“, tröstete Lois das Mädchen und lächelte mitfühlend. „Meine Eltern haben sich ebenfalls scheiden lassen, als ich ungefähr so alt wie du war. Mich hat das völlig überfordert, weil ich es jedem von beiden recht machen wollte und …“
„Genauso geht es mir!“, fiel Emily ihr ins Wort und nickte heftig. „Ich wünschte, alles könnte wieder so sein wie vor einem Monat, ehe Mom hierherkam. Ich meine, ich liebe meinen Dad, aber ich habe gern bei Joe und meiner Mutter in London gelebt. Meine ganzen Freunde von der Schule wohnen dort.
Jetzt aber sagt Mom plötzlich, dass sie und Dad wieder heiraten wollen“, berichtete Emily weiter, und ihre Stimme klang leicht weinerlich. „Sie behauptet, Dad wäre schrecklich traurig, weil er mich nicht jeden Tag sehen könne, wenn ich wieder nach London zurückgehe, und dass ich daran schuld wäre, wenn er ein unglücklicher, einsamer Mann würde. Aber ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, ständig hier zu wohnen. Ich kenne niemanden in meinem Alter hier. Und was soll aus Joe werden?“ Unversehens brach sie in Tränen aus.
„Ist ja gut, mein Schatz.“ Tröstend legte Lois den Arm um die schmalen Schultern des Mädchens und drückte es liebevoll an sich. „Ich bin sicher, dass alles wieder in Ordnung kommt.“
Während Lois nun, auf dem unbequemen goldenen Stuhl sitzend, die gestrige Unterhaltung mit Emily noch einmal in Gedanken Revue passieren ließ, war sie keineswegs mehr davon überzeugt, dass sich alles zum Guten wenden würde.
Ihr tat das arme Mädchen schrecklich leid, und sie fand es von Martina unverantwortlich und skrupellos, die eigene Tochter so unter Druck zu setzen, um ihre egoistischen Pläne voranzutreiben. Rob liebte Emily viel zu sehr, als dass er jemals derart mit ihren Gefühlen spielen und sie vor solch schwere Entscheidungen stellen würde.
Doch welche Hintergedanken Martina auch haben mochte, sie hatte sicher recht, wenn sie behauptete, ein Kind benötige beide Elternteile. Aber da Emily offenbar schon seit Jahren glücklich und zufrieden mit ihrer Mutter und Joe Tucker lebte, war es nicht unbedingt in ihrem Interesse, plötzlich wieder mit ihren leiblichen Eltern zusammenzuwohnen.
Und wie schätzte Rob die Situation ein? Hielt er es womöglich für seine Pflicht, seine Tochter künftig mehr aus der Popszene herauszuhalten und deshalb einen Neuanfang mit Martina zu versuchen? Lois hatte ihn während der vergangenen Wochen als einen sehr fürsorglichen und verantwortungsvollen Mann kennengelernt.
Und er war zutiefst anständig, denn obwohl ihm ihr Wunsch wenig einleuchtend erschien, hatte er ihre recht fadenscheinige Erklärung akzeptiert – sei es auch nur, um ihrer Karriere nicht zu schaden – und niemand etwas von ihrer früheren Begegnung auf den Philippinen erzählt.
Allerdings hatte er auch von ihr verlangt, sich an ihren Teil der Abmachung zu halten. Seine Bedingung, ihm abends nach dem Dinner in seinen Privaträumen noch bei einer Tasse Kaffee Gesellschaft zu leisten, hatte sich recht harmlos angehört. Was sollte ihr schon groß passieren, da er doch hoch und heilig versprochen hatte, sie nicht anzufassen? Gerade letzteres entwickelte sich für sie jedoch immer mehr zu einem Problem.
Mittlerweile betrachtete Lois die Abende in Robs gemütlichem Wohnzimmer als den Höhepunkt jeden
Weitere Kostenlose Bücher