Julia Exklusiv 0227
Hände und einen trockenen Mund. Nikos sprach eine verborgene Seite in ihr an, die sie lieber nicht kennenlernen wollte.
„Das sind die Hormone, Liebes“, hätte Tante Betty gelassen erklärt, und Onkel Arthur hätte Mari sicher zugezwinkert.
Doch jetzt war nicht der geeignete Zeitpunkt für Hormonschübe!
Mari dachte daran, was Nikos wohl mit Miss Truffles gemacht hätte, wenn sie nicht da gewesen wäre, und errötete. War er deshalb so leidenschaftlich? fragte Mari sich enttäuscht. Hatte er einfach auf irgendeine Frau gewartet?
Mari warf ihm einen Seitenblick zu und fragte sich, was für ein Mann er sein mochte. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er regelmäßig „gefallene Mädchen“ anheuerte, um sich mit ihnen vor seinem Vater und dessen Familie zu zeigen.
Falls er es doch tat, war es kein Wunder, dass sein Vater die Geduld mit ihm verloren hatte.
„Sie machen nicht den Eindruck, als wären Sie auf solche Frauen angewiesen“, sagte Mari.
„Stimmt“, antwortete Nikos ausdruckslos.
„Aber warum …?“
„Denken Sie mal nach“, sagte er grimmig.
Mari versuchte es. Sie dachte daran, dass sie an die Tür des Bungalows geklopft und Stavros Costanides und seinen vierjährigen Sohn erwartet hatte. Stattdessen war sie einem aufregenden Mann begegnet, der nur mit einem Handtuch bekleidet gewesen war, sie in die Arme genommen und geküsst hatte.
Offenbar hatte Nikos sie mit Miss Truffles verwechselt. Aber warum hatte er Miss Truffles küssen wollen? Schließlich kannte er sie überhaupt nicht.
Mari war sicher, dass Nikos diese Frau noch nie zuvor gesehen hatte. Ihrer begrenzten Erfahrung nach lag ein Mann nicht einfach auf der Lauer, bis er die Gelegenheit bekam, eine Dame des horizontalen Gewerbes zu küssen.
Es sei denn, er verfolgte damit eine bestimmte Absicht.
Mari dachte an die Party am Pool. Es waren viele Frauen und einige Kinder dort gewesen. Und Nikos’ Vater.
Mari war auf ihn zugegangen, um ihn zu begrüßen, doch Stavros Costanides hatte nur den Kopf geschüttelt, auf den Bungalow gedeutet und sie beobachtet.
Er hatte darauf gewartet, dass Nikos die Tür öffnen und seinem Kindermädchen begegnen würde. Um dann vor Wut in die Luft zu gehen?
Vielleicht. Möglicherweise hatte Mr Costanides aber auch damit gerechnet, dass Nikos sich nach diesem Ereignis auf eine weitere Diskussion einlassen würde.
Und Nikos?
Mari hatte den Verdacht, dass er trotz aller Meinungsverschiedenheiten seinem Vater ähnlich war.
„Was wollten Sie beweisen?“, fragte sie.
„Gar nichts, sondern nur erreichen, dass er mich hinauswirft!“
„Aha.“ Mari verstand, was er meinte, aber … „Hält er Sie denn hier gefangen?“
Nikos hob das Gipsbein an. „Ich kann nicht Auto fahren. Sobald ich wieder dazu in der Lage bin, hält mich hier nichts mehr.“
„Ich verstehe.“ Sie glaubte es zumindest zu verstehen, fragte sich aber, warum Stavros Costanides sie eingestellt hatte. Es würde mit Sicherheit keine sechs Monate dauern, bis Nikos’ Bein geheilt war.
„Das bezweifle ich“, sagte Nikos kurz angebunden. „Er kann Menschen großartig manipulieren.“
„Und das können Sie nicht?“
Nikos sah sie ärgerlich an. „Ich wehre mich nur. Er hätte mich ja nicht hier festzuhalten brauchen.“
„Mit anderen Worten: Er hat angefangen.“
Seine Miene verfinsterte sich. „Bei Ihnen klingt das nach einem Streit unter Kindern.“
„Ich stelle auch eine gewisse Ähnlichkeit fest“, erklärte Mari.
„Sie verstehen überhaupt nichts!“
„Dann klären Sie mich doch auf.“
„Nein, ich will nichts mit Ihnen zu tun haben.“
Mari war sich nicht sicher, ob sie ihrerseits etwas mit Nikos zu tun haben wollte. Wenn sein Kuss nicht so aufregend gewesen wäre, hätte sie schon längst die Flucht ergriffen.
„Warum wollen Sie hier bleiben?“, fragte Nikos.
„Ich habe es versprochen.“
„Aber er hat Sie angelogen!“
„Das weiß ich.“ Mari zuckte die Schultern. „Trotzdem werde ich mich nicht auf sein Niveau begeben.“
„Stattdessen wollen Sie mich also erziehen“, sagte Nikos zynisch.
Wohl kaum, dachte Mari und befeuchtete sich nervös die Lippen. „Ich bleibe, weil Ihr Vater mich eingestellt hat, und werde versuchen, meine Arbeit zu tun. Was Ihr Verhältnis zu Ihrem Vater angeht, will ich mein Bestes tun.“
„Das wird nicht genügen“, sagte Nikos. Dann fügte er kaum hörbar hinzu: „Es genügt nie.“
Mari wollte ihn fragen, was er damit meinte, aber Nikos erhob sich
Weitere Kostenlose Bücher