Julia Exklusiv Band 0194
hervor.“
„Aber Liebe ist wie ein Sturm“, hörte sie sich sagen, „nicht nur halber Sonnenschein. Ich glaube, wir wollten nichts weiter als sonnige Tage am Fluss. Wir haben niemals weitergedacht.“
„Damals konnten wir nicht weiterdenken.“
Anita sah seine Traurigkeit, sie ahnte, was ihn von Amerika zurückgeführt hatte.
„Meine Frau ist gestorben, sehr friedlich und ruhig. Es war eine Erlösung für uns beide. Sie wäre nie mehr gesund geworden.“
„Es tut mir sehr leid, Tarquin.“
„Anita, jetzt könnten wir nach Rom reisen. Ich habe dich schon einmal gefragt, und du warst einverstanden. Bitte geh mit mir, Anita.“
„Als Ferien-Partnerin?“
Plötzlich fühlte sie sich erwachsen. Das einsame kleine Mädchen gab es nicht mehr. Er war attraktiv, doch jetzt wusste sie, dass dieser Prinz sie nur halb wach geküsst hatte.
„Du musst hungrig sein“, sagte sie mütterlich. „Jancey wird dir Suppe und Sandwiches geben.“
„Anita!“
Doch sie hatte sich schon abgewandt und war zu Jancey gegangen.
„Dieser Mann da an der Tür möchte etwas zu essen haben. Ich werde einen Topf mit warmer Suppe und Kaffee an den Strand bringen. Mister Talgarth ist da noch aufgehalten worden, wie ich hörte. Er wird verfroren und hungrig sein.“
Jancey blickte sie warm und dankbar an.
„Ich war so sehr in Sorge um ihn und wollte gerade jemanden bitten, ihm etwas hinunterzubringen. Da ist noch kalter Braten, Miss Anita.“
„Legen Sie das Fleisch zwischen das Brot und geben Sie ein paar Mixed Pickles dazu“, bat Anita, „ich hole schnell meinen Regenmantel.“ Sie blinzelten sich zu wie Komplizen.
„Ja, sofort. Und Sie ziehen sich warm an, Missie, es ist kalt und scheint auch noch neblig zu sein“, erwiderte Jancey.
Der Sturm war etwas abgeflaut. In der Dämmerung stieg Nebel auf. Die Schreie der Möwen klangen seltsam weit entfernt. Anita ging schnell die Stufen zum Strand hinunter.
An der Biegung des Pfades stand eine Eiche. Manchmal hatte sie an sonnigen Tagen morgens hier gestanden und die frische Seeluft eingeatmet. Gerade hatte sie den Baum erreicht, da bewegte sich ein Schatten hinter dem Baum. Sie stieß erschrocken einen Schrei aus. Jemand trat hinter dem Baum hervor.
Sie standen sich gegenüber und sahen sich an. Eduard Talgarth hatte die Kapuze seines Regenmantels nach hinten gezogen. Sein Haar war feucht und zerzaust. Seine Augen strahlten sehr blau.
„Ich habe Ihnen heißen Kaffee gebracht, um die Kälte zu vertreiben“, begann Anita.
„Dass Sie selbst gekommen sind, ist wunderbar.“ Seine Stimme klang weich. „Ich habe angenommen, Sie säßen jetzt im Haus und tauschten glückliche Erinnerungen aus. War eine ganz schöne Überraschung für Sie beide, nehme ich an. Powers unter den Schiffbrüchigen der ‚Florida‘.“
„Ist das Schiff gesunken, Eduard?“
„Ja. War ein hübscher kleiner Dampfer. Doch die Klippen von St. Avrell sind bei Sturm sehr gefährlich.“
„Ein kleines Wunder, dass alle Passagiere und die Mannschaft gerettet werden konnten“, meinte Anita,
„Ein Wunder für Sie, Anita.“
„Für mich?“
„Tarquin Powers gehörte zu den Passagieren.“
„Ich weiß.“ Sie stellte den Korb auf einen Stein und nahm die Kaffeekanne heraus. „Soll ich Ihnen einen Becher Kaffee geben? Er ist stark und süß, wie Sie ihn gern trinken.“
„Sie sind sehr nett zu mir“, sagte er verwundert. „Wollen Sie mir danken, dass ich Ihren Freund gerettet habe?“
„Bitte nicht, Eduard.“
„Das sagen Sie sehr oft zu mir. Was haben Sie ihm erzählt?“
„Dass ich mich freue, weil es ihm gut geht. Oh, Eduard!“
Anita schrie auf, der Korb kippte auf die Seite, als er sie mit kräftigen Händen packte und an den Baum presste. Sie war gefangen.
„Sie freuen sich also, dass er heil und gesund ist, gerettet wurde und dass er sich wieder an Sie erinnert! Und wann, wenn ich fragen darf, werden Sie beide nach Rom reisen? Ich nehme doch an, sein Erinnerungsvermögen ist so weit wieder hergestellt, dass Sie da beginnen können, wo Sie aufhörten?“
„Wenn Sie nicht sofort aufhören, mich zu quälen …“
Plötzlich war ihre Kraft fort. Die Aufregungen der Nacht, die Schlaflosigkeit und die Ereignisse zerrten an ihren Nerven.
„Ich war so besorgt um Sie – die ganze Nacht. Und jetzt sind Sie sarkastisch und grausam.“
„Sie waren besorgt – um mich?“
„Ja, ist das so unglaublich?“
„Sie würden sich auch um eine Maus im Wasser Sorgen machen“,
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