Julia Exklusiv Band 0197
merken können.“
„Immerhin stand meine Nachfolgerin schon Gewehr bei Fuß“, wandte Isobel ein, um ihm die Unverschämtheit mit gleicher Münze zurückzuzahlen. „Und du hast alles getan, um mich in diesem Glauben zu lassen.“
„Hast du es mit dem Bodybuilder etwa anders gehalten?“, fragte er herausfordernd. „Du weißt doch, wie eigen wir Männer in diesen Dingen sind.“
„Allerdings weiß ich das“, bestätigte sie. „Deshalb hast du es ja auch mir überlassen, als Erste von Liebe zu reden. Von allein hätte ich dich nie dazu gebracht.“
Noch immer standen sie eng umschlungen auf der Terrasse, und dass sie nicht längst übereinander hergefallen waren, grenzte an ein Wunder.
„Wie wär’s, wenn wir über die Mauer klettern und unsere Unterhaltung im Garten fortsetzen würden?“, schlug Leandros wenig überraschend vor.
„Ich lasse dir gern den Vortritt“, erwiderte Isobel sarkastisch. „Hoffentlich brichst du dir dabei das Genick.“
Ein Räuspern erinnerte sie jäh daran, dass sie nicht allein waren. Doch dass ausgerechnet Thea ihre Auseinandersetzung mitgehört hatte, traf sie beide wie ein Schock. Sie stand nur wenige Meter entfernt und wirkte richtig verstört. Offenbar fühlte sie sich an andere Ehekräche zwischen ihnen erinnert, deren Zeugin sie früher geworden war.
„Entschuldigt die Störung“, sagte sie steif, ehe sie Isobel anblickte. „Ich mache mir Sorgen um deine Mutter. Sie tanzt schon geraume Zeit mit Theron und lässt sich von nichts und niemandem dazu bewegen, eine Pause einzulegen.“
„Ich kümmere mich um sie“, erwiderte Isobel. Aber als sie losgehen wollte, hielt Leandros sie zurück.
„Lass mich das machen“, wandte er ein. „Kein Dickkopf lässt sich von einem anderen gern Vorschriften machen.“
Ehe sie widersprechen konnte, drehte er sich um und ging ins Haus. So sah sie sich unvermittelt mit einer Situation konfrontiert, die sie liebend gern vermieden hätte.
„Leandros mag deine Mutter sehr“, nutzte Thea die Gelegenheit, sich ungestört mit ihr unterhalten zu können.
„Das beruht auf Gegenseitigkeit“, antwortete Isobel widerwillig. Doch wenn sie den Neuanfang mit Leandros nicht unnötig erschweren wollte, durfte sie die Hand, die seine Mutter ihr bot, nicht ausschlagen.
„Müsst ihr eigentlich immer streiten?“, fragte Thea rundheraus, und die Missbilligung stand ihr deutlich im Gesicht geschrieben.
„Für dich mag es so ausgesehen haben“, räumte Isobel ein, „aber Streit würde ich es nicht nennen. Eher eine etwas eigentümliche Art, uns zu sagen, dass wir uns lieben.“
„Dann bilde ich mir wahrscheinlich auch nur ein, dass du Griechisch sprichst“, erwiderte Thea gekränkt, ehe sie zu ihr an die Balustrade kam. „Leandros liebt dich heute so sehr wie damals“, sagte sie ernst, „und sein Glück ist mir wichtiger als alles andere. Als du ihn verlassen hast, war ich zunächst sehr erleichtert, bis ich erleben musste, dass ich dadurch auch meinen Sohn verliere. Um nicht ständig an dich erinnert zu werden, hat er irgendwann beschlossen, Athen zu verlassen, und ist nach Spanien geflohen. Er muss dich fürchterlich vermisst haben“, fügte sie mit sichtlicher Überwindung hinzu.
„Ich ihn auch“, gab Isobel zu.
„Das ist mir inzwischen klar“, erwiderte Thea. „Deshalb sollten wir die alten Streitigkeiten nach Möglichkeit vergessen und versuchen, uns von jetzt an zu vertragen.“
Ihre vorsichtige Formulierung ließ erahnen, wie schwer Thea dieser Schritt fiel. Doch das konnte Isobel ihr kaum verübeln. Dafür wusste sie zu gut, wie stolz ihre Schwiegermutter war.
„Ich war damals viel zu jung, um zu begreifen, was geschah“, gestand sie. „Du darfst nicht vergessen, dass meine Mutter als Kassiererin in einer Bank arbeitet. Euer Lebensstil war mir völlig unbekannt, und ich war viel zu dickköpfig, um mir von dir oder sonst jemandem helfen zu lassen.“ Endlich fand sie auch den Mut, ihre Schwiegermutter anzusehen. „Dieses Mal wird alles anders“, versprach sie.
Anstatt etwas zu erwidern, nickte Thea nur. Sie war sich mit ihr darin einig, dass sie einen Neuanfang wagen konnten. Was daraus werden würde, musste die Zukunft zeigen.
Sie hatte sich schon umgedreht, um ins Haus zurückzugehen, als sie unvermittelt noch einmal stehen blieb. „Dass du damals dein Kind verloren hast, tut mir unendlich leid“, versicherte sie. „Ich wünschte, ich wäre in der Lage gewesen, dir in deiner schwersten Stunde eine
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