Julia Exklusiv Band 0197
Nun brannten sogar Tränen in ihren Augen.
Ein paar Sekunden lang erwog sie einen Fußmarsch. Aber Maxim Brenner schien meilenweit von der nächsten Ortschaft entfernt zu wohnen, also würde sie stundenlang durch den Regen wandern müssen – in modischen Schuhen, die sich gewiss nicht dafür eigneten. Cleo biss die Zähne zusammen und dachte über die Alternative nach – an die Tür zu klopfen und sich bei diesem grässlichen Mann zu entschuldigen. „Das kann ich nicht“, flüsterte sie, „beim besten Willen nicht.“
Aber als sie zehn Minuten lang im strömenden Regen umhergegangen war und ihre Schuhe sich aufzulösen begannen, überlegte sie, ob sie es vielleicht doch schaffen würde. Fünf Minuten später klopfte sie an die Haustür, die fast sofort aufschwang. „Haben Sie mir etwas zu sagen?“, fragte Maxim Brenner in ruhigem Ton.
Cleo schaute ihn an und stellte leicht erschrocken fest, wie erstaunlich gut er aussah. Bei der ersten Begegnung hatte sie nur den düsteren Ausdruck in seinen Augen bemerkt, das schwarze Haar, die einschüchternde Körpergröße. Nun registrierte sie das ebenmäßige Gesicht, die gerade Nase, den ernsten und doch sinnlichen Zug um die Lippen. „Ich … eh …“ Sie räusperte sich und versuchte es noch einmal. „Nun, ich möchte mich für meine Unhöflichkeit entschuldigen.“ Zu ihrer Erleichterung zog er die Tür weiter auf und ließ sie eintreten. Sobald sie dem Regen entronnen war, fühlte sie sich besser, und ihr Zorn kehrte zurück. „Sie hatten kein Recht, mich bei diesem Wetter auszusperren.“
„Es ist mein gutes Recht, selbst zu bestimmen, wen ich in mein Haus lasse und wen nicht“, erwiderte er kühl.
„Schauen Sie mich doch an! Ich bin nass bis auf die Haut.“
„Hätten Sie sich vernünftig angezogen, dann wären Sie trocken geblieben“, bemerkte er ohne das geringste Mitleid.
„Ich wusste doch nicht, dass man mich zwingen würde, eine Stunde im strömenden Regen auszuharren.“
„Es waren nur knapp fünfzehn Minuten, und Sie hätten gar nicht hinausgehen müssen, wären Sie bereit gewesen, sich sofort zu entschuldigen.“
„Ich sah keinen Grund, mich überhaupt zu entschuldigen“, entgegnete Cleo. „Sobald ich hereinkam, verlangten Sie, dass ich mich ausziehe und auf die Couch lege. Wie hätte ich denn darauf reagieren sollen?“
Seine dunklen Augen verrieten unverhohlene Belustigung. „Keine Ahnung. Wie reagieren Sie denn normalerweise auf ein solches Ansinnen?“
„Ich lehne es ab!“, stieß sie hervor, dann merkte sie, dass er sich auf ihre Kosten amüsierte, und wurde noch zorniger. „Hören Sie, das wird nicht klappen.“ Sie nahm die Autoschlüssel vom Küchentisch. „Aus dem Portrait wird nichts. Ich fahre jetzt nach London zurück. Wenn mein Vater Ihnen einen Vorschuss gezahlt hat, müssen Sie ihn eben zurückerstatten.“
„Unmöglich. Ich habe das Geld bereits verbraucht. Und falls es Sie interessiert – Ihr Vater hat mir keinen Vorschuss überwiesen, sondern die gesamte Summe, die nicht unbeträchtlich war.“
Cleo blinzelte ungläubig. „Und Sie haben schon jeden einzelnen Penny ausgegeben?“
„Warum nicht? Was für einen Sinn hätte es, das Geld sinnlos auf der Bank herumliegen zu lassen?“
„Dann müssen Sie es eben irgendwie auftreiben und meinem Vater zurückzahlen.“
„Das habe ich nicht vor. Sollte das Portrait aus irgendeinem Grund nicht zustande kommen, brauche ich das Honorar nicht zurückzuerstatten. Das weiß er.“
„Einer solchen Vereinbarung hätte er niemals zugestimmt.“
„Doch, das tat er. Ich habe ihm ganz klare Bedingungen gestellt, und er ist bereitwillig darauf eingegangen.“
Sie biss sich auf die Lippe. Lag ihrem Vater so viel an dem Portrait, dass er die ungeheuerlichsten Forderungen erfüllte, nur um es zu bekommen? Bedrückt starrte sie vor sich hin. Er war ein schwerreicher Mann, und mochte die Summe, die er dem Maler bezahlt hatte, noch so hoch gewesen sein – er konnte sich den Verlust leisten. Aber es widerstrebte ihr, ihn betrogen zu sehen. Wenn er das Geld einbüßte und kein Portrait erhielt, wäre es ihre Schuld. Sie hätte alles vermasselt, nur weil sie nicht mit Maxim Brenner auskam.
Dabei verstand sie nicht einmal, warum sie solchen Ärger miteinander hatten. Sicher, er war ein schwieriger Mensch, aber nicht der erste in ihrem Leben. Als Model, das in der Werbebranche arbeitete, traf sie viele launische, temperamentvolle Leute, und mithilfe ihres Charmes war es ihr
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