Julia Exklusiv Band 238 (German Edition)
Oberteil sogleich an den Körper. Hanifs Tochter mochte zwar erst drei Jahre alt sein, aber sie wusste offensichtlich genau, was sie wollte, und konnte überraschend gut einschätzen, was ihr stand.
„Eine gute Wahl“, lobte Lucy und half dem Kind, das viel zu große Kleidungsstück überzuziehen. Dann lachten sie beide, während Ameerah wie ein Fotomodell durchs Zimmer stolzierte.
„So, damit hätten wir dich schon einmal versorgt“, überlegte Lucy anschließend laut. „Jetzt muss ich mich nur noch entscheiden.“ Unruhig betrachtete sie die Auswahl an Kleidern. Alle diese Sachen waren so wunderschön. So edel und elegant.
Sie passten überhaupt nicht zu ihr.
Aber irgendetwas musste sie schließlich tragen, und so entschied sie sich für die beiden Kleidungsstücke in den unauffälligsten Farben, eine bernsteinfarbene Seidenbluse und eine schwarze Leinenhose.
Bedauerlicherweise waren die Beine der Hose zu eng, als dass Lucys Verband hindurchgepasst hätte. Also musste sie etwas anderes auswählen. Ameerah, die von der schwarzen Hose ohnehin nicht begeistert gewesen war, deutete auf einen dunkelblauen Kaftan.
Es handelte sich um eines von mehreren Modellen, die sich durch ihren Schnitt, ihre Farbe und ihr Material unterschieden. Nach langem Überlegen entschied Lucy sich schließlich für ein hellgraues Exemplar mit schwarzen Verzierungen an den Säumen. Nicht gerade unauffällig, aber im Vergleich zu den leuchtenden Farben der anderen Kleidungsstücke von einer eher schlichten Eleganz.
Ameerah deutete begeistert an, dass sie einen passenden Schal aussuchen werde, und machte sich sogleich auf die Suche, während Lucy sich dem Problem der Unterwäsche zuwandte.
Für eine Frau, die ihr Leben lang nur weiße Baumwolle getragen hatte, stellten die edlen Dessous eine wahre Offenbarung dar. Die Auswahl erwies sich jedoch weniger schwierig als befürchtet, nachdem Lucy festgestellt hatte, dass für jedes Outfit ein passender Satz Unterwäsche bereitlag. Sie würde also graue Seide tragen.
Nun konnte Lucy es kaum erwarten, sich zu duschen und anschließend endlich wieder richtige Kleidung zu tragen. Also forderte sie Ameerah auf, sich Fathia in ihrem neuen Aufzug zu zeigen, und betrat eilig das Badezimmer.
Das Erste, was sie sah, war der neue Spiegel, der offenbar in ihrer Abwesenheit angebracht worden war. Im ersten Augenblick war der Anblick ihres eigenen Gesichts ein Schock. Aber immerhin war ihr Auge, das die letzten Tage vollständig zugeschwollen gewesen war, nun geöffnet, und auch die Blutergüsse sahen nicht halb so schlimm aus, wie sie sich anfühlten.
Lucy löste das Haarband, das Hanif ihr gegeben hatte, und betrachtete das dunkle Leder einen Augenblick lang. Im ersten Augenblick wollte sie das Band oben auf das Nachthemd und den Morgenmantel legen, die seiner Frau gehört hatten. Aber da sie wusste, dass jemand beides entfernen würde, sobald sie das Zimmer verlassen hatte, verbarg sie das Band stattdessen in der Tasche ihres neuen Bademantels.
Das Duschen bereitete ihr diesmal weniger Schwierigkeiten, sogar das Haarewaschen ließ sich relativ einfach bewerkstelligen. Offenbar war sie wirklich auf dem Weg der Besserung. In ein paar Tagen würde sie Hanifs Gastfreundschaft nicht länger in Anspruch nehmen müssen und in die Wirklichkeit zurückkehren können.
Wenn dieser Gedanke nur nicht so bedrückend gewesen wäre.
Lucy hatte beinahe erwartet, bei der Rückkehr in ihr Zimmer Ameerah vorzufinden, doch der Raum war leer. Dennoch war jemand dort gewesen, denn alle Sachen waren zusammengelegt und ins Schlafzimmer gebracht worden. Auch die Verpackungen und Tüten waren verschwunden.
Sämtliche Kosmetikartikel waren auf dem Schminktisch angeordnet worden, die Kämme, Bürsten und Haarnadeln lagen fein säuberlich nebeneinander aufgereiht. Lucy hatte jedoch nicht vor, ihre Zeit mit Make-up zu verschwenden. Die bläulichen Blutergüsse in ihrem Gesicht hätte sie ohnehin nicht überschminken können. Sie föhnte sich also lediglich die Haare und versuchte erneut, nicht daran zu denken, wie Hanif sie ihr gewaschen hatte. Anschließend widerstand sie der Versuchung, sein ledernes Haarband zu verwenden, und wählte stattdessen eine verzierte Spange aus Silber.
Als sie fertig war, schlüpfte sie in ein Paar eisgrauer Pumps und legte sich den Seidenschal um, den Ameerah für sie ausgewählt hatte. Dann trat sie auf den Balkon hinaus.
Hanif erblickte Lucy, lange bevor sie ihn bemerkte.
Jamilla, seine
Weitere Kostenlose Bücher