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Julia Exklusiv Band 238 (German Edition)

Julia Exklusiv Band 238 (German Edition)

Titel: Julia Exklusiv Band 238 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Fielding
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dafür.
    Aber es wäre zu einfach gewesen, ihm zu sagen, dass er seine Bitte um Vergebung nicht an eine Fotografie richten durfte. Dass er sich nicht den Toten zuwenden sollte, sondern den Lebenden, insbesondere seiner Tochter. Denn erst wenn er Ameerah verzeihen konnte, dass sie lebte, obwohl ihre Mutter tot war, würde er auch sich selbst vergeben können. Und erst wenn es ihm gelang, sie zu lieben, würde seine geplagte Seele Frieden finden.
    Er musste lernen, wieder zu leben.
    Das war nicht einfach, aber auch nicht unmöglich. Allerdings war Lucy sich sicher, dass Hanif sich dieser Tatsache insgeheim längst bewusst war. Und wenn die Lösung so einfach gewesen wäre, wie sie von außen betrachtet wirkte, hätte er sie schon vor langer Zeit in die Tat umgesetzt.
    Alles, was sie tun konnte, um ihm zu helfen, war zu versuchen, in der wenigen Zeit, die ihr noch blieb, eine Verbindung zwischen Ameerah und ihrem Vater herzustellen. Und zu hoffen, dass er die Chance ergriff.
    „Sie haben sie geliebt, Han“, sagte sie und stellte die Fotografie auf den Schreibtisch. „Und sie hat sich zu dieser Therapie bereit erklärt, weil sie Sie ebenfalls liebte. Sie wollte Ihnen das Gefühl geben, dass Sie alles getan haben, um sie zu retten.“
    „Woher wollen Sie das wissen?“
    „Weil es das ist, was auch ich gemacht hätte“, antwortete Lucy mit fester Stimme. „Sie hat es getan, weil sie sich selbst dazu entschlossen hatte, und nicht weil Sie sie dazu gedrängt hätten.“
    Er starrte sie an.
    „Noor war eine unglaublich starke Frau“, fuhr Lucy fort. „Sie hat nicht zugelassen, dass ihrem Kind etwas zustößt, hat alles Menschenmögliche unternommen, damit ihre Tochter gesund zur Welt kommt. Sie hat ihre eigenen Entscheidungen getroffen und sich durch nichts davon abbringen lassen.“
    Sie war sich bewusst, dass sie sich ziemlich weit aus dem Fenster lehnte, doch sie sprach nur das aus, wovon sie zutiefst überzeugt war. Und sie wusste, dass Noor alles getan hätte, um Hanif vor dem entsetzlichen Gefühl der Ohnmacht zu bewahren, das er während ihrer Krankheit empfunden haben musste.
    Das Letzte, was sie gewollte hätte, war, dass Hanif den Rest seines Lebens damit verbrachte, sich Vorwürfe zu machen. Er hatte recht, er hätte Noor ihren Willen lassen sollen, aber Verzweiflung treibt jeden Menschen zu den unvernünftigsten Taten. Vielleicht hatte auch Noor sich in ihrer Angst an die Hoffnung geklammert, dass Hanif sie retten konnte.
    Doch Lucy spürte, dass es keinen Sinn hatte, ihm das zu sagen. Er musste die Wahrheit von selbst begreifen, um sie annehmen zu können. Also legte sie nur kurz ihre Hand auf seinen Ärmel, um ihm ihr Mitgefühl auszudrücken, und wandte sich dann zum Gehen.
    Hanif streckte die Hand nach ihr aus und zog sie dann zurück, so als habe er sich verbrannt. „Was hatten Sie eigentlich gewollt?“
    „Das ist nicht so wichtig“, erklärte sie und fügte dann, als er sie abwartend ansah, hinzu: „Ich wollte Sie um Papier und Stift bitten, damit ich die Briefe schreiben kann.“
    „Natürlich.“ Während er eine Schublade öffnete, um einige Bögen Briefpapier herauszunehmen, bat Lucy ihn, ihr den Namen seiner Schwester zu buchstabieren. Anschließend erkundigte sie sich nach dem Namen von Zahirs Schwester.
    „Ich fürchte, ich weiß gar nicht, welche seiner Schwestern Milly begleitet hat, aber das werde ich noch in Erfahrung bringen.“ Er reichte Lucy das Papier und einen Füllfederhalter. „Sie sind wirklich sehr aufmerksam.“
    „Danke“, sagte Lucy, die nicht wusste, worauf sich seine Worte bezogen – auf die Dankesbriefe oder auf das, was sie zuvor zu ihm gesagt hatte. Dann drehte sie sich um und verließ das Zimmer.
    Hanif sah ihr nach, wie sie sich auf den Krücken vorwärtsbewegte. Am liebsten hätte er sie zurückgerufen, doch er besann sich in letzter Sekunde eines Besseren. Stattdessen strich er sanft mit der Hand über die Stelle an seinem Ärmel, wo sie ihn berührt hatte.
    Ihr eigenes Leben war eine einzige Katastrophe, und dennoch hatte sie in ihrem Herzen noch genug Platz, um Mitgefühl für ihn zu empfinden. Sie hatte die Tür seines Gefängnisses einen Spaltbreit geöffnet und ihm einen Ausweg aus seinem Kummer und seiner Verzweiflung gezeigt.
    Erneut verspürte Hanif den Impuls, ihr nachzugehen. Unsicher, was er tun sollte, stand er eine Zeit lang vor seinem Schreibtisch, dann griff er nach dem Telefon und wählte eine Nummer.
    „Hanif“, hörte er die Stimme

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