Julia Exklusiv Band 238 (German Edition)
Wir können nicht zulassen, dass irgendwelche Touristen in der Wüste festsitzen.“
„Aber …“ Der junge Mann wusste nicht, was er antworten sollte. „Dein Vater hat mich doch beauftragt …“
„Dein Auftrag ist erledigt, Zahir. Ich werde nach Rumaillah zurückkehren.“
10. KAPITEL
Lucy starrte aus dem Fenster auf die Straße, wo bald der Wagen erscheinen musste, der sie in Richtung Flughafen bringen würde. Fort von Hanif.
Sie hatte die letzten Tage bei Hanifs Schwester Milly verbracht, während sie auf ihre Papiere gewartet hatte. Sie war auch Hanifs Mutter und seiner Großmutter vorgestellt worden und von beiden mit der größten Höflichkeit empfangen worden.
Ob sie wussten, in welch furchtbarer Situation sie sich befunden hatte? Aus welcher Notlage Hanif sie befreit hatte? Sie hätte ihn gerne gefragt, aber das war nicht möglich. Sie hatte ihn nicht mehr gesehen seit dem Tag, als er sie zu seiner Schwester gebracht hatte. Von Milly hatte sie erfahren, dass Hanif sich offenbar bei seinem Vater aufhielt.
„Sie sprechen über Hanifs Zukunft“, verriet Milly.
„Zukunft?“ Lucy wusste, dass es sie nichts anging, aber sie konnte ihre Neugier nicht zurückhalten.
„Er wird seine diplomatische Laufbahn wieder aufnehmen und als Botschafter für die Vereinten Nationen arbeiten.“
„Die Vereinten Nationen? In New York?“ Das war so weit weg … „Und Ameerah?“, brachte sie schließlich hervor.
Milly lächelte. „Sie wird mit ihm gehen.“
Lucy spürte, wie sie eine tiefe Erleichterung durchströmte. Es wäre so einfach für Hanif gewesen, seine Tochter unter diesen Umständen zurückzulassen. „Das wird Ameerah sicherlich freuen.“
„Das stimmt.“ Millys Lächeln schwand. „Noor stammte aus einer sehr altmodischen Familie, in der Frauen nicht besonders hoch geschätzt wurden. Sie verstand nicht, dass unser Vater, dass meine Brüder …“ Sie schüttelte den Kopf. „Jedes Mal, wenn Hanif Ameerah ansah, wurde er daran erinnert, dass Noor ihn angelogen hatte, dass sie ihm nicht vollständig vertraut hatte. Wir sind dir alle so dankbar, Lucy, für das, was du getan hast.“
„Ich habe gar nicht viel getan. Wenn jemand zu Dank verpflichtet ist, dann bin ich es. Hanif hat mir das Leben gerettet.“
Milly griff nach Lucys Hand und drückte sie. „Dann seid ihr jetzt quitt, wenn du mich fragst.“ Sie drehte sich um, als hinter ihnen in der Halle Schritte erklangen. „Es wird Zeit. Hast du alles?“
„Ja …“ Auch Lucy wandte sich um und erblickte zu ihrer Überraschung Hanif. Es war das erste Mal, dass sie sich begegneten, seitdem sie im Streit auseinandergegangen waren. „Ich reise gleich ab“, sagte sie nervös.
„Ich weiß. Ameerah und ich sind gekommen, um dich zum Flughafen zu bringen.“
„Oh.“
Natürlich. Wie hatte sie nur glauben können, er sei gekommen, um sie zu bitten, bei ihm zu bleiben? Schließlich reiste er selbst bald ab. Er war im Begriff, sein altes Leben wieder aufzunehmen, und das Gleiche musste auch sie tun.
Während der Autofahrt wurde Lucy vollkommen von Ameerah in Beschlag genommen. Das kleine Mädchen berichtete ihr ganz aufgeregt von seiner bevorstehenden Reise nach New York.
Erst nachdem sie den privaten Abflugbereich betreten hatten und Ameerah von den vielen Flugzeugen vor dem Fenster abgelenkt war, hatten sie Gelegenheit, miteinander zu reden.
„Bist du immer noch böse auf mich, Lucy?“
„Böse?“
„Du glaubst doch, dass ich zu hart mit Steve Mason umgegangen bin?“ Er beobachtete, wie sie unsicher die Schultern zuckte. „Er muss lernen, dass seine Handlungen nicht ohne Konsequenzen bleiben, Lucy.“
„Dann sollte ich vielleicht auch bestraft werden“, entgegnete sie. „Wenn ich nicht so leichtgläubig gewesen wäre, hätte er mich nicht täuschen können. Wenn ich nicht so gierig gewesen wäre in meinem Bestreben, ein normales Leben zu führen, säße er jetzt nicht im Gefängnis.“
„Du bist nicht gierig, Lucy. Du bist der großzügigste Mensch, den ich kenne.“ Er ergriff ihre Hände. „Manchmal glaube ich, du bist zu gut für diese Welt. Ich sollte dich gar nicht gehen lassen, sondern dich in meinem Garten in Sicherheit bringen, dort, wo die anderen zarten Pflänzchen leben.“
Sie schüttelte den Kopf und versuchte, sich von ihm loszumachen, doch er ließ sie nicht los.
Hanif wollte sie in den Arm nehmen, dafür sorgen, dass sie in Sicherheit war, wollte ihr all das geben, was sie sich schon immer gewünscht
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