Julia Extra 0357

beantworten.
    Einen Monat später saßen Cass und Neo in dem Restaurant hoch oben im Space Needle Tower hoch über den Dächern Seattles. Cass hatte schon immer herkommen wollen, doch sie hätte nicht mit den vielen Menschen umgehen können, geschweige denn mit dem Gedanken, dass ein Verlassen des Restaurants nur mit der rasanten Fahrt im Aufzug möglich war. Jetzt sprudelte das Glücksgefühl durch Cass hindurch, perlend wie die kleinen Bläschen, die in der Champagnerflöte vor ihr aufstiegen. Inzwischen wusste sie: Sie war hoffnungslos bis über beide Ohren in Neo verliebt. Alle ihre Online-Freunde hatten es ihr bestätigt. Der Einzige, der nichts davon wusste, war Neo.
    „Lark meinte, es würde noch einige Zeit dauern, bis ich meine Ängste wirklich unter Kontrolle habe, aber ich bin so froh, dass ich so etwas wie das hier unternehmen kann.“
    „Und ich bin froh, dich glücklich zu sehen.“
    Sie lachte auf. „Du hast mir versichert, dass dich unsere Freundschaft nie langweilen wird, ganz gleich, wie viele Einschränkungen ich auch an den Tag lege. Du kannst nicht ahnen, was mir das bedeutet.“
    „Wieso langweilen? Wir unternehmen doch viel zusammen. Wir haben ein Klavier gekauft, wir waren in Napa Valley …“
    Ja, und demnächst würde er sie zu der Eröffnung des fertiggestellten Gebäudekomplexes in Dubai mitnehmen. War es da ein Wunder, dass Hoffnung ihr Herz erfüllte, er könnte vielleicht doch mehr für sie fühlen als nur Freundschaft? Manchmal glaubte Cass sogar, er würde ein Geständnis von ihr willkommen heißen. Doch jedes Mal, wenn sie kurz davor war, ihm ihre Liebe zu gestehen, verließ sie der Mut, sodass sie im letzten Moment einen Rückzieher machte.
    „… und heute Abend begleitest du mich zu der Wohltätigkeitsgala.“
    „Könntest du mir bitte noch einmal erklären, warum wir zu einer Veranstaltung gehen, bei der man für ein Essen fünfhundert Dollar bezahlt, die dann in einen Fond für Tiersterilisation gehen? Du hast nicht einmal einen Hund!“
    „Ich werde mir auch keinen anschaffen. Aber auf solchen Veranstaltungen werden viele Deals vereinbart.“
    „Wie auch auf dem Golfplatz.“
    „Ein langweiliges Spiel. Dennoch bin ich ganz gut darin.“
    Sie schüttelte den Kopf. „Alles für das Geschäft, was?“
    „Vielleicht ist mir unsere Freundschaft deshalb so viel wert. Sie hat nicht das Geringste mit dem Geschäft zu tun.“
    Seine Worte wärmten ihr Herz, und gleichzeitig verspürte sie einen kleinen Stich. Sie wünschte sich mehr als nur eine Freundschaft mit gewissen Vorzügen von ihm. Doch wieder einmal hatte er nur die Freundschaft betont. Und so wunderbar diese auch war … eines Tages würde Neo sich in eine Frau verlieben, und dann würde ihr nur eine Randexistenz in seinem Leben zukommen.
    Neo und Zephyr saßen zusammen am Rand des Pools. Es war Monate her, seit sie ihn zur gleichen Zeit benutzt hatten.
    „Wie stehen die Dinge zwischen dir und Cass?“, fragte Zephyr. „Mir ist aufgefallen, dass du die Klavierstunden nimmst.“
    „Ja.“ Auch wenn er mehr Zeit in Cass’ Bett verbrachte als auf der Klavierbank. Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, seine Klavierlehrerin so oft wie nur möglich abzulenken.
    „Ist es ernst zwischen euch beiden?“
    „Wir sind Freunde.“
    „Die fast jede Nacht zusammen schlafen.“
    „Woher weißt du das?“
    „Ich bin nicht blind.“
    Neo zuckte die Achseln. „Wir sind Freunde“, wiederholte er.
    „Freunde mit einem Bonus?“
    „Sie nennt es so.“
    „Es würde dir also nichts ausmachen, wenn sie anderen Freunden den gleichen Bonus gewährte?“
    „Sie trifft sich nicht persönlich mit anderen Freunden.“ Doch jetzt, da sie ihre Phobie mehr und mehr in den Griff bekam, könnte sich das ändern, warnte eine kleine Stimme in seinem Hinterkopf.
    „Seit du sie kennst, hast du keine andere mehr gehabt.“
    „Ich war die One-Night-Stands leid.“
    „Aber von Cass willst du nicht mehr?“
    „Was gibt es denn noch mehr?“
    „Heirat, Kinder …“
    „Bist du wahnsinnig geworden? Ich habe keine Zeit für eine Ehefrau und Kinder. Ich habe ja so schon kaum genug Zeit für Cassandra. Außerdem ist es gut, so wie es ist. Mehr will ich gar nicht.“
    „Bist du da sicher?“, hakte Zephyr nach.
    „Absolut.“
    „Dann ist ja gut.“
    So leicht gab sein Freund auf? Neo hatte mit einer längeren Rede über die Vorzüge von Ehe und Familie gerechnet. „Wieso?“
    „Weil Cass gerade hier war und schwimmen gehen wollte. Ich