Julia Extra 0357
zweiten Blick an sie. Thomas Waverly schien sich jedoch für sie zu interessieren.
„Wahrscheinlich“, sagte er leise und wandte den Blick ab.
Wenn sie sich nicht sehr täuschte, fügte er noch ein kaum vernehmbares „Völlig verrückt“ hinzu. Vermutlich bezog er sich auf die Situation. Oder meine Fantasie geht mit mir durch, dachte Elizabeth und beschloss, ihren Besuch zu beenden, bevor sie noch etwas Dummes sagte und dadurch eine mögliche Spende gefährdete.
„Dann gehe ich jetzt“, sagte sie und stand auf. „Ich will Sie wirklich nicht länger aufhalten.“ Sie biss sich auf die Lippe. „Es wäre schön, Waverly Enterprises zu unseren Sponsoren zählen zu können.“
Thomas zog die Visitenkarte aus der Informationsmappe und schwenkte sie. „Ich melde mich bei Ihnen. Großes Ehrenwort.“
„Super.“ Und warum machte sein Versprechen sie so nervös? Nein, nervös war der falsche Ausdruck. Sie fühlte sich irgendwie kribbelig. Wieso? Weil sie eine großzügige Spende witterte?
Bevor sie sich darüber schlüssig werden konnte, erhob Thomas sich zu seiner imposanten Größe von einem Meter fünfundachtzig. Breite Schultern, durchtrainierter Körper, kein Gramm zu viel, wie Elizabeth bewundernd feststellte. Sehr männlich, sehr sexy.
So sehr, dass ihr die Aktentasche aus der Hand rutschte und auf den Teppich fiel. Elizabeth riss sich schnell zusammen. Jetzt kam Thomas auch noch um den Schreibtisch herum, um die Aktentasche aufzuheben. Nun habe ich mich doch blamiert. War wohl nichts mit dem professionellen Abgang.
„Ganz schön schwer“, bemerkte Thomas lächelnd.
„Danke.“ Ihre Fingerspitzen berührten sich bei der Übergabe. Fast wäre Elizabeth ein sehnsuchtsvoller Seufzer entschlüpft, denn die Berührung ging ihr durch und durch. Doch sie riss sich zusammen. Sie brauchte Waverly Enterprises dringend als Sponsor. Wenn sie sich jetzt vollends lächerlich machte, konnte sie die Spende gleich vergessen.
Elizabeth nickte ihm höflich zu und verließ eilig das Büro. Auf dem Heimweg ärgerte sie sich maßlos über ihr albernes Verhalten.
Stürmisch wurde sie an der Haustür ihres kleinen Bungalows von Howie begrüßt. So stürmisch, dass sie fast umgeworfen wurde. Es spielte keine Rolle, ob sie das Haus nur für eine Stunde verlassen hatte oder den ganzen Tag lang fort gewesen war, die Golden-Retriever-Labrador-Mischung veranstaltete jedes Mal einen wahren Freudentanz, wenn sie zurückkehrte. Wie herrlich könnte das Leben sein, wenn man sie an jeder Tür so enthusiastisch begrüßen würde.
„Du hast mir auch gefehlt, mein Junge.“ Behutsam schob sie die großen Pfoten von ihren Armen und bückte sich, um die Post aufzuheben, die durch den Briefschlitz auf den Flur gefallen war.
Nur Rechnungen und Reklame. Die Kommunikation mit Freunden, Familie und Geschäftspartnern war natürlich durch das Internet viel schneller und einfacher geworden, aber Elizabeth trauerte der Zeit hinterher, als noch richtige Briefe geschrieben wurden. Allerdings würde der einzige Mensch, von dem sie zu gern gehört hätte, ihr nicht schreiben. Er konnte nicht schreiben. Oder lesen. Seit fast zehn Jahren hatte sie ihren Bruder nicht mehr gesehen. Nur bei ihren Eltern rief er gelegentlich an. Doch aus ihrem Leben war Ross verschwunden.
Howies Winseln lenkte sie von den Erinnerungen ab. Der Hund musste raus, um sein Geschäft zu erledigen.
Elizabeth öffnete die Haustür. Wie der Blitz schoss Howie an ihr vorbei und stoppte unmittelbar vor dem Bürgersteig denn sie hatte einen elektronischen Zaun rund um das Grundstück ziehen lassen, damit der abenteuerlustige Hund nicht ausreißen konnte. Dann machte er mal wieder Jagd auf ein Eichhörnchen. Das schien zu seinen Lieblingsbeschäftigungen zu gehören. Sie wollte ihn gerade zurückpfeifen, als das Handy klingelte. Schnell zog sie es aus der Aktentasche hervor. „Hallo?“
„Miss Morris?“
Die tiefe Männerstimme kam ihr irgendwie bekannt vor.
„Am Apparat.“
„Hier ist Thomas Waverly.“
Sie war so überrascht, dass ihr fast das Handy entglitten wäre – wie vorhin die Aktentasche in seinem Büro. Im letzten Moment konnte sie es noch auffangen. Der Mann macht mich nervös, dachte Elizabeth erstaunt.
„Sind Sie noch da?“, fragte er.
„Ja. Tut mir leid, ich hatte nicht mit Ihrem Anruf gerechnet.“ Sie schlug sich mit der flachen Hand auf die Stirn. „Jedenfalls nicht so schnell“, fügte sie hastig hinzu.
Ruhig und selbstbewusst klang
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