Julia Extra 0357
Ton angeben, und Raja hatte ihr gerade das Gegenteil bewiesen. Der Mann, den sie geheiratet hatte, war viel kühler, scharfsinniger und rücksichtsloser, als sie es je sein könnte. Er hatte sie manipuliert und ihren Stolz mit Füßen getreten.
Hermione hielt bei Ruby Wache, als Raja im Morgengrauen das Wohnzimmer betrat. Knurrend stürzte der kleine Hund sich auf ihn. Kurzerhand hob Raja ihn hoch und wurde leicht von ihm in den Arm gebissen, bevor er ihn bändigen konnte und der Wache vor der Tür der Suite aushändigte. Dann kehrte er zum Sofa zurück, um seine Frau zu betrachten, die in diesem Moment noch zarter und jünger wirkte. Als er die getrockneten Tränen auf ihrer Wange bemerkte, verspürte er Schuldgefühle und fluchte leise. Er hatte es gründlich vermasselt. Hätte er bloß den Mund gehalten!
Irgendwie musste er es wieder gutmachen und dafür sorgen, dass ihre Ehe funktionierte. Da er keine Erfahrung mit festen Beziehungen hatte, fühlte er sich ziemlich hilflos. Wie sollte er eine Frau wie Ruby glücklich machen? Vielleicht sollte er sie erst einmal um Verzeihung bitten. Obwohl er sich keiner Schuld bewusst war, musste er sich wohl damit abfinden, dass er sich in ihren Augen falsch verhalten hatte. Außerdem würde er ihr ein Geschenk machen. Blumen? Er verzog das Gesicht, denn er hasste Blumen genauso wie Gedichte. Diamanten? Er war noch keiner Frau begegnet, die beim Anblick von Diamanten nicht schwach geworden war …
8. KAPITEL
Da sie nicht viele Sachen zur Auswahl hatte, entschied Ruby sich für das schwarze Kleid, das sie für die Beerdigung ihrer Mutter gekauft hatte, und eine legere beigefarbene Baumwolljacke. Das Outfit war viel zu warm, aber sie wollte nicht wieder das rote Kostüm anziehen. Nachdem sie die Augenränder und ihre Blässe mit Make-up kaschiert und das Haar zu einem hohen Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, zwang sie sich, ins Esszimmer zu gehen, wo Raja am Frühstückstisch saß.
„Guten Morgen“, begrüßte er sie lässig, als wäre nichts geschehen.
„Guten Morgen.“ Bei seinem Anblick wurde ihr der Mund ganz trocken, und ihr Herz begann, wie wild zu pochen, während Verlangen in ihr aufflammte. Sie spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht stieg, als sie ihm gegenüber Platz nahm. Nein, sie sollte sich nicht mehr vorwerfen, dass sie seinem Sexappeal erlegen war. Er war ein ungewöhnlich attraktiver Mann. Ihre größte Schwäche war es gewesen, nicht zu merken, dass er clever und berechnend war. Aber nun, da sie es wusste, würde sie viel vorsichtiger sein.
„Ich habe veranlasst, dass man in Najar eine neue Garderobe für dich zusammenstellt“, informierte er sie.
„Ich brauche wirklich ein paar neue Sachen, weil ich nichts Schickes habe. Aber es darf nicht zu teuer oder auffällig sein“, erwiderte sie nachdenklich, während sie sich Butter auf ein Brötchen strich und er ihr Tee einschenkte. „Angesichts der wirtschaftlichen Situation hier wäre es ziemlich unpassend, wenn ich mich wie ein Promi kleiden würde.“
„Wajid würde dir sofort widersprechen. Er findet, dass das Leben hier viel zu langweilig ist und du etwas Glamour und Hoffnung in das Land bringst. Hier bist du eine bekannte Persönlichkeit, ob es dir gefällt oder nicht, und die ziehen sich entsprechend an.“
Wenig später erschien Zuhrah zusammen mit Asim, Rajas Assistentin. Sie besprachen Rubys Termine in dem Waisenhaus und in einer Schule, und Zuhrah überreichte Ruby eine Mappe mit Informationen, die sie zusammengestellt hatte. Die Besuche in einem Zeltlager für Obdachlose und in einem provisorischen Krankenhaus fielen Raja zu, weil es Wajid zufolge nichts für eine Lady war. Die angespannte Atmosphäre wurde aufgelockert, als ein Zimmermädchen mit einem Strauß exquisiter weißer Rosen in einer Kristallvase erschien, den es auf den Tisch stellte.
„Oh, sind die schön!“ Ruby stand auf und beugte sich darüber, um den süßen Duft einzuatmen. Erst in dem Moment bemerkte sie den Umschlag mit ihrem Namen, der darin steckte. Sofort erkannte sie Rajas markante Handschrift. Nervös nahm sie den Umschlag heraus und setzte sich wieder, um ihn widerstrebend zu öffnen.
Tut mir leid, dass ich dich verärgert habe. Raja.
Ruby presste die Lippen zusammen. Treffender hätte er es nicht formulieren können. Allerdings beeindruckten seine Worte sie nicht, weil eine Frau, die kaum in der Lage war, ihn anzusehen, geschweige denn mit ihm zu reden, natürlich ein Problem darstellte. Und jeder
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