Julia Extra 0357
strich er sich durch das schwarze Haar, während er sie vorwurfsvoll anblickte. „Ich habe dich wahnsinnig begehrt und konnte mich einfach nicht beherrschen.“
Dass sie seine Gefühle nicht erraten konnte, beunruhigte sie. Zuerst hatte sie angenommen, er würde sich freuen, aber jetzt war sie sich nicht mehr so sicher. „Ich wette mit dir, dass Wajid völlig aus dem Häuschen ist, wenn er es erfährt. Es wäre auch eine gute Publicity, stimmt’s? Drei Wochen Ehe, und ich bin schwanger.“
„Und du hast noch mehr das Gefühl, in der Falle zu sitzen, als vorher.“ Ein harter Zug erschien um seine Lippen. „Ich weiß, du wolltest Leyla ein Zuhause bieten, aber du bist noch sehr jung für ein Baby …“
„Raja … An meiner Schule waren zwei Mädchen, die schon mit vierzehn schwanger geworden sind. Mit einundzwanzig bin ich reif genug, sonst wäre ich gar nicht auf die Idee gekommen, Leyla zu adoptieren.“ Sie war gekränkt und fragte sich, ob er sie für unreif hielt.
Nun ging Raja zum Fenster und blickte in den Hof hinunter. Sein Profil verriet seine starke Anspannung. „Ich kann gut nachvollziehen, wie es dir geht. Die ganzen Veränderungen in deinem Leben sind eine echte Herausforderung. Aber du musst dir und mir gegenüber ehrlich sein …“
Automatisch straffte sie die Schultern. „Ehrlich inwiefern? Und wie fühlst du dich?“
„Ich hatte das Gefühl, in der Falle zu sitzen, als ich für den Friedensvertrag heiraten sollte“, brach es aus ihm heraus. „Ich wollte keine Frau, die andere für mich aussuchen. Mein Vater hat mir erzählt, dass er meine Mutter vor der Heirat nicht einmal gesehen hatte. Aber das waren andere Zeiten. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich einmal eine Zweckehe eingehen muss. Ich musste meinen Mann stehen.“
Sein Geständnis kam einem Dolchstoß gleich. Und es schockierte sie, weil sie sich in der Opferrolle gesehen hatte und gar nicht auf den Gedanken gekommen war, dass er sich vielleicht genauso hilflos fühlte. Ich wollte keine Frau, die andere für mich aussuchen. Dieser Satz sagte alles, was sie wissen musste. Im Grunde hatten Raja und sie von Anfang an mehr gemeinsam gehabt, als sie sich hatte eingestehen wollen. Und er hatte ihr seine Gefühle verschwiegen, um sie nicht zu beeinflussen. Das konnte sie verstehen. Und trotzdem hatte sie sich in ihre neue Rolle gefügt, um ein Leben zu führen, das viel anstrengender, aber auch interessanter war als ihr altes in England.
Paradoxerweise hatte sein Geständnis sie verletzt. Es war schlechtes Timing, dass er es gemacht hatte, nachdem sie ihm von der Schwangerschaft erzählt hatte. Aber vielleicht bin ich ihm gegenüber wieder unfair, überlegte Ruby unsicher. Wie viel Begeisterung konnte sie denn von ihm erwarten? Ein Baby mit einer Frau, die er nicht liebte, musste sein Gefühl verstärken, dass er in der Falle saß, obwohl er sich schon damit einverstanden erklärt hatte, Leyla zu adoptieren.
Raja setzte sich aufs Bett und nahm ihre Hand. „Wir werden zwei Kinder haben. Wir werden eine Familie sein, bevor wir gelernt haben, ein Paar zu sein.“
„Anders, als du es geplant hast?“, hakte sie nach.
„Bei uns scheint nichts nach Plan zu laufen. Aber vielleicht ist das gerade gut.“ Er klang, als müsste er sich selbst davon überzeugen. „Ich bin Veränderungen gewohnt und werde damit klarkommen, aber du musstest dich in kurzer Zeit so vielen Herausforderungen stellen. Es ist bestimmt nicht leicht für dich, ausgerechnet jetzt schwanger zu werden.“
Ruby war verwirrt. „Ich …“
„Natürlich fühle ich mich schuldig. Ich hätte besser aufpassen sollen“, meinte er leise.
„Du hast mir immer noch nicht gesagt, wie du über das Baby denkst. Willst du es?“, erkundigte sie sich beklommen.
Erstaunt blickte er sie an. „Selbstverständlich. Aber nicht auf Kosten deiner Gesundheit und deiner seelischen Verfassung.“
„Ich werde schon zurechtkommen.“ Sie war enttäuscht, weil seine Worte so unpersönlich klangen. „Aber die Sachen, die du mir gekauft hast, werden mir in ein paar Monaten nicht mehr passen.“
„Kein Problem. Ich kaufe gern für dich ein.“ Zärtlich strich er mit dem Daumen über ihr Handgelenk. „Ich möchte, dass du dich in den nächsten Tagen ausruhst und dir die Zeit nimmst, dich hier einzuleben.“
Lächelnd zwinkerte sie ihm zu. „Also keine heißen Liebesnächte mehr?“
Eine verräterische Röte überzog seine Wangen. „Oh, Ruby …“ Dann hob er sie hoch,
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